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Brunn, Heinrich von
Geschichte der griechischen Künstler (Band 2): Die Maler. Die Architekten. Die Toreuten. Die Münzstempelschneider. Die Gemmenschneider. Die Vasenmaler — Stuttgart, 1889

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https://doi.org/10.11588/diglit.4969#0376
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366

Die Greminenschneider.

Aetion.

Bärtiger Kopf mit phrygischer Mütze, jetzt gewöhnlich Priamos genannt, davor
die Inschrift A6TIC0N0C, auf einem Sard in der Sammlung des Herzogs von
Devonshire: Stosch t. 3; Bracci 1, t. 4; Winck. Descr. III, 191 ; Lippert, II, H7>
Raspe 9106; Gades III, G, 2. Um diesen Stein oder wenigstens die Inschrift für
modern zu erklären, stellt Köhler (S. 107) ein sehr verwirrtes Gewehe von Be-
hauptungen auf. Er führt an, dass Peirescius den Stein 1606 in England ge-
kauft hatte, dass Weiser in dem Kopf den Maler Aetion, Peiresc dagegen den
Vater der Andromache habe sehen wollen (Gassendi Vita Peirescii lib. II, p- 95;
vgl. Köhler S. 292); „und zuverlässig konnte nur dieses die Absicht desjenigen
gewesen sein, der den Namen dem Kopfe hatte beifügen lassen", nämlich nach
Köhler's Meinung in Folge der Liebhaberei an den Bildnissen mythischer und
historischer Personen, die besonders durch des Fulvius Ursinus Illustrium ima-
gines angeregt sein soll. Allein wie Toelken (Sendschreiben S. 53) mit Recht
bemerkt, so ist Aetion kein so berühmter Heros, um ihn unter den viris illu-
stribus zu vermissen; ferner würde man ihn nach der Art, wie er bei Homer
erwähnt wird, nicht in phrygischem Gostüm, sondern in kriegerischer Rüstung
dargestellt erwarten, und endlich lautet die Form seines Namens bei allen, selbst
den römischen Schriftstellern, nicht Aetion, sondern Eetion. Weiter aber möchte
Köhler die Identität des Steines bei Peiresc und beim Herzog von Devonshire
verdächtigen: „Wie uns Winckelmann will glauben lassen, wusste Stosch da-
mals nicht, dass sich der Sard, von dem sein Glasfluss genommen, bei Masson
in Paris befand, von wo er, wie fast alle verfälschten Steine mit Künstlernamen,
nach England kam in die Sammlung des Duc von Devonshire. Die Neuheit
•538 der Aufschrift, die sogleich jedem auffällt, der sich mit Gegenständen dieser
Art bekannt gemacht hat, lässt uns nicht zweifeln, dass Stosch den Sard wohl
noch früher kannte, als Masson" (d. h. dass der Stein auf Stosch's Betrieb ge-
fälscht sei). Dass diese Verdächtigung einzig in dem Vorurtheile Köhler's gegen
Stosch ihren Grund hat, braucht nicht weiter bewiesen zu werden; und auf dem-
selben Vorurtheile beruhen denn auch wohl die rein subjectiven Gründe gegen
die Echtheit des Steines überhaupt. Etwas davon scheint auch Stephani (bei
Köhler S. 293) gefühlt zu haben, indem er zugiebt, dass „an dem Steine des
Peiresc Bild und Inschrift (natürlich als Name des Dargestellten) antik gewesen
seien, und erst die Verkehrtheit, diesen Namen für den des Steinschneiders zu
nehmen, den Betrug auf andern Steinen möglich gemacht haben könnte". Die
Grenzen der Scheidung zwischen Künstler- und andern Namen sind allerdings
sehr schwankend; und wenn auch ich Anstand nehme, Aetion als Steinschnei-
der anzuerkennen, so kann ich zur Begründung dieser Ansicht nichts anführen,
als die Stellung der Inschrift (s. o. S. 308) und ein subjec' ves Gefühl,demzufolge
der ganze Charakter der Inschrift mir von dem anderer Künstlerinschriften ver-
schieden zu sein scheint.

Ein Garneol bei Raspe 9107 mit der Inschrift ylClTGJN, ein anderer bei
de Jonge (Notice p. 175, ohne Inschrift?) sind anerkannt moderne Gopien. Ueber
einen dritten (angeblich früher im Besitz des Herzogs von Orleans: Lippert II,
116; Raspe 9112, vergl. Ciarae S. 8) mit der Inschrift AeTICJNOC, fehlen wei-
tere Nachweisungen. Eine freiere Wiederholung, in welcher die Mütze in der
 
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