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Bulst, Walther [Hrsg.]
Die Kaiserchronik — Jena, 1926

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https://doi.org/10.11588/diglit.28397#0102
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(Nachwort

(sris yeute war der Liame der Kaiserchronik etn leerer Vegriff gelernter
^Litteraturgeschtchte all denen, die ntcht als Fachleute das Vuch zur Hand
zu neymen yatten; unter diesen selbst gering geschätzt von den Histortkern
der poltttschen Seschichte, ob thres wenigen oder ungewlssen Wertes als
Luelle modern-kritlscher Geschichtschretbung; nicht höyer geachtet von
den Htstortkern der Dtchtung, sehr unhistorisch aus dem überkommnen
-vorurteil ihres Geschmacks in Sachen des Metrum und Reimes, die man
an den kanonisierten Werken der beiden solgenden gayrhunderte mast
und für prtmitiv befand. Mit der polttischen Historte ist um thr -Urteil
über die Dichtung nicht zu rechten; tn der Historie der alten Dichtung
gebührt der Kaiserchrontk ein erhabener Ort.

Der Vorwurs dieses Weltgedichtes war oynegleichen: dte Geschichten der
römtschen Kaiser zu erzählen „Sis an diesen heutigen Tag" — bis zu den
Tagen Konrads wo um das gahr nzo das Werk seinen ursprüng-
lichen Wschluf; fand —; das aber yiest für das Ltaatsbewußtsein des
Men, des RömischenReiches, damals nun deutscher -liation: von gultus
Caesar an: nach dem setne höchsteWürde noch ein christliches gayrtausend
lang benannt ward. Aber i/ooo verse berichten die Leben und Taten
ver Katser, der gultus, Mgustus, Ttberius, Gatus, Faustinianus, Clau-
dius, -llero, Tarquintus, Salba, Piso, Otho, vitellus, Vespasianus, Titus,
Domttianus, Aerva, Trajanus, Phtlippus, Decius, Dtocletianus, Maxi-
mtanus, Severus, Helius Perttnax, Helius Mrianus, Lurius Zlccommodus,
Aartcus, Zchilleus, Postumus, Salltenus, Constanttus, Constanttnus, gu-
lianus, Heracltus, -llarcissus, Dteterich, gustintanus, Theodosius, Con-
stanttnus Leo, Zeno, Theoderich, Constanttus, Karl und der Deutschen bis
auf den dritten Konrad, tn dessen Seschichte dte Dtchtung durch den Tod
des Derfassers mitten tm Satze abbrtcht.

Märchen Sage Legende fltcht stch tn die Seschtchten der sechzig Katser,
umgtbt iyre Gestalten, hebt ste aus kalter histortscher Ferne in dte allgegen-
wärttge Spyäre eines großen mythischen Geschtchtsbtldes, läht sie eingehn
tn das etgene Leben des Detstes und eryöht die Gestalten selber zu Mär-
chen, Sage und Legende. Stärksten Teil naym an diesem neuen Leben
alle die verstreute -Uberliefrrung von dem grosien Tiom, schöpferisch ver-
wandelt, eine lebendtgere Aenaissance der Znttke als all die kat'exochen
so genannten. Das Medium und Element solcher -verwandlung tst die
Form der Sprache.

Form tst etn -vame der zwet eben darum selten unterschiedenen Vegrtffe:
Gefäfl und Gestalt. Wenn „Form" Sefäfl bedeuttt, so ist allerdtngs dte
Katserchronik eine beinahe formlose Dichtung: kein festes metrtsches Schema
noch yartes Netmgesetz zwtngt jeden, auch den widerstrebendsten Geyalt
tn etn starres Gefäh, unter eine unbeugsame Negel; der Nyythmus spielt
tn wetttr Freiyeit, dte Neime stnd unrein wte man sagt; in Wayrhett
stnd das gar nicht Neime — es bedürfte svnst nicht des absprechenden

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