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Burger, Fritz [Hrsg.]; Brinckmann, Albert E. [Hrsg.]; Burger, Fritz [Bearb.]; Swazenski, Georg [Bearb.]; Grisebach, August [Bearb.]
Handbuch der Kunstwissenschaft: Einführung in die moderne Kunst — Berlin-Neubabelsberg, 1917

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https://doi.org/10.11588/diglit.30443#0015
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Abb. 3. Kandinsky: Holzschnitt (aus Kandinsky „Klänge“, Verlag R. Piper & Co.).

I.

Stil und Geist des 19. und 20. Jahrhunderts.

„O, meine Brüder, was ich lieben kann am
Menschen, das ist, daß er ein Übergang ist
und ein Untergang.“ Zarathustra-Nietzsche.

1.

Den Kindern späterer Zeiten kann man im Märchen vom Sinn und Wesen der Gegen-
wart erzählen, von einem Geschlecht, das über Himmel und Erde sich erheben wollte,
aber das Paradies irdischer Herrlichkeit über den nüchternen Symbolen der Vernunft aus dem
Auge verlor, das die Wellen des Kosmos an sich vorüberrauschen sah und doch nur als aus-
gestoßener Büßer vor der Unendlichkeit des Geistes stand. „Wo ist mein Heim?“ ruft Zara-
thustra aus: „darnach frage und suche und suchte ich, das fand ich nicht. O ewiges Überall,
o ewiges Nirgendwo, o ewiges Umsonst!“ Es war vor die Grenze der Ewigkeit getreten, sah sich
treiben willenlos, ziellos, sinnlos in einsam großer unbekannter Kraft wie in einem Strome, als
einsam blöder Zuschauer in einsam blöderMasse. Sie drohte zu versinken in diesem Weiten,
Großen, in dem alles so nackt und kalt erschien, wie sie selber. Sie fror nach dem warmen
Lichte des Lebens und vor den Toren der Unendlichkeit sahen hungernde Blicke nach der neuen
großen, weiten Heimat des menschlichen Geistes.

Dr. Fritz Burger, Die Malerei u. Plastik d. 19. u. 20. Jahrli.

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