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Burger, Fritz [Hrsg.]; Brinckmann, Albert E. [Hrsg.]; Burger, Fritz [Bearb.]; Swazenski, Georg [Bearb.]; Grisebach, August [Bearb.]
Handbuch der Kunstwissenschaft: Einführung in die moderne Kunst — Berlin-Neubabelsberg, 1917

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https://doi.org/10.11588/diglit.30443#0079
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Abb. 57. Delacroix, Tigerkampf. Paris, Louvre, Sammlung Couchard (aus Meier-Qräfe, Delacroix,

Verlag R. Piper & Co., München).

2. Periode 1830—1860.

Mit der politischen auch die beginnende künstlerische Revolution. Gewiß ist die Freude
an Kraft und Gewalt, an donnerndem Getöse und „blitzenden Verheeren“ vorwiegend eine
theatralische Geste, aber bei Delacroix entschieden weniger als bei Gericault. Auch ist diese
Weltanschauung echt und künstlerischer Natur. Mit den Farben zittert und frohlockt der ganze
Bildraum. Die Formen gewinnen eine neue Sprache im Dienste eines rigoros sich aussprechenden
Subjektivismus (Abb. 57). Ein vulkanisches Leben, eine fieberhafte Unruhe, ein geisterhafter
Glanz bei Gericault, Daumier und Delacroix, Kräfte die gewissermaßen hinter der Bühne
menschlichen Willens tätig sind. Daumier entdeckt das moderne Drama in der Lebensgemein-
schaft des modernen Staates und macht auch hieraus ein künstlerisches Glaubensbekenntnis
(Abb. 59). Er revoltiert gegen das, was man Antike nannte, und gießt die Schale seines Spottes
niit teuflischem Behagen iiber der Scheinheiligkeit und dem Theaterpomp der Klassizisten aus,
um ihnen die fratzenhafte Mißgestalt des eigenen Daseins hohnlächelnd im Spiegel zu zeigen.
Rethels Holzschnitte sind das einzige, was in Deutschland an diesen Titanen der Karikatur
heranreicht (Abb. 58).

Ferner: Schärfste nationale Sezessionen in der Kunst. Deutschland hat die Tendenzen der
Kunst der ersten Periode ganz ins Didaktische gelenkt. Revolution und Reaktion kämpfen
diesseits und jenseits des Rheines miteinander, in Frankreich am schärfsten, in Deutschland
 
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