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Zeit wieder teilweise bloßgelegt worden. Der Irmenhof war früher viel dichter bebaut als heute. Haben wir das
Gitter durchschritten, dann stoßen wir zuerst rechter Hand auf die Kapelle. Sie ist wie viele andere Burgkapellen
den: heiligen Rittersmann Georg geweiht; von dem Kapellenheiligen hat auch die Anhöhe, auf der die Burg steht,
den Namen St. Georgenberg erhalten. Eine Burgkapelle ist wohl schon gleich mit dem Bau der Burg entstanden;
die heutige Kapelle stammt jedoch erst aus späterer Zeit (Renaissance). Unmittelbar neben der Kapelle erhebt sich
der Hauptbau der Burg, der alte Pallas. Breit ist er hingelagert, wuchtig strebt er auf, durch gemauerte Erker, Rund-
bogenfriese, gekuppelte Fenster mit Säulchen war sein Äußeres einst freundlich gegliedert. Die beiden Anbauten,
die wir heute an der West- und Ostseite sehen, sind eine Zutat des späteren 19. Jahrhunderts, ebenso die Flanken-
türmlein am Dach und der Portalbau. Neu ist auch die Jnnenteilung. In diesem Bau müssen wir die Gemächer
Georg Frundsbergs des Älteren suchen. Die Frundsbergische Familie zählte viele Köpfe, und der „alte Stock" scheint
ihr im Laufe der Jahre zu eng geworden zu sein. So gliederte man — ob Georg I. Frundsberg selbst oder einer seiner
Nachkommen, steht nicht fest — dem alten Pallas einen zweiten stattlichen Wohnbau an, der sich von der Westseite


Die Mindelburg bei Mindelheim in Bayern, Reg.-Bez. Schwaben.

des Pallas aus etwa in der Linie der Ringmauer bis zum mächtigen Bergfried hinzog. In diesem Flügel lebte und
starb der letzte der Frundsberg, Georg II. 1878 wurde der Flügel bei der Wiederinstandsetzung der Burg abgetragen.
Erhalten blieb glücklicherweise der bss zu einer Höhe von 32 m aufragende Bergfried, der Fallturm, wie er auch genannt
wurde. Sein Erdgeschoß diente ehedem wohl als Verlies; in den oberen Stockwerken waren Vorratsräume, Wohn-
stuben und das Gelaß des Turmwächters untergebracht. Die starken Schäden, die wir heute am Turm bedauern,
rühren in der Hauptsache von der Verwüstung durch die Schweden her. In der Richtung vom Bergfried nach Osten
lief in der Frundsbergzeit ein Gebäudeflügel, der u. a. ein Badestüblein erhielt. Mitten im Jnnenhof gewahren wir
den alten Schloßbrunnen. Mit Eimern an eiserner Kette mußte einst das Wasser auf einer Tiefe von 32 m nach oben
befördert werden. Ein kleines Häuslein überdeckte ehedem den Brunnen und schützte ihn vor Verunreinigung.
Hier am Brunnen unter dem Schatten breitästiger Bäume ist wohl der beste Platz, daß ich dir, lieber Freund,
erzähle, was uns alte Urkunden von den Schicksalen der Burg in vergangenen Tagen aufbewahrt haben. All-
zuweit in die Vergangenheit dürfen wir freilich nicht zurückgehen. Man hat gemeint, schon die Römer hätten hier eine
Befestigung erbaut, die dann von den einbrechenden Alemannen in Trümmer gelegt worden sei. Für eine derartige
Annahme haben wir keinen Anhaltspunkt. Das Quaderfundament, auf dem sich der Pallas erhebt, erlaubt uns
höchstens, zu vermuten, daß hier etwa im 10. oder 11. Jahrhundert eine Feste stand, die dann im 12. oder 13. Jahr-
 
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