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Herrmann, Paul
Programm zum Winckelmannsfeste der Archäologischen Gesellschaft zu Berlin (Band 48): Das Gräberfeld von Marion auf Cypern — Berlin, 1888

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https://doi.org/10.11588/diglit.731#0047
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Sie haben trotz weitgehender Verschiedenheiten in Einzelheiten der Decoration dennoch
in Form und Structur dasselbe Grundschema. Es sind hohe bauchige Krüge mit
schlankem, cylindrischem Hals und einem Henkel. Die Gefässe waren dazu bestimmt,
ihren Inhalt nicht durch die Mündung zu entleeren, sondern die Flüssigkeit in dünnem
Strahl aus einem besonderen Ausguss gegenüber den Henkel ausfliossen zu lassen. An
die künstlerische Gestaltung dieses Ausgussrohrs knüpft der bildnerische Trieb des
Töpfers a», Form und Decoration stehen unter dem beherrschenden Bann jenes prak-
tischen Zwecks.

Es ist bemerkenswert!), dass unter den Hunderten von derartigen Krügen aus
unserer Nekropole sich nicht ein einziger befindet, hei dem sich der Töpfer begnügt
hätte, ein einfaches gerades Ausgnssrohr seitlich anzubringen. Von Anfang an tritt uns
das Bestreben entgegen, die AusgussiitViiung künstlerisch zu gestalten.

Man fand für dieses Problem im Wesentlichen zwei Lösungen.

Die einfachere Art war die, durch einen Thierkopf die Ausgussöffnung zu mas-
kiren, ein Princip, das in den Löwenkopfen der Trau Irin neu griechischer Tempel sowie
an Brunnenhäusern seine ungesuchten Analogien findet. Diesen einfacheren Typus
mögen Fig. 27 und 28 veranschaulichen"1). Auffallend ist es. dass der Löweskopf sich
nur ein einziges Mal, in der abgebildeten Scherbe, findet, während sonst Widdeiköpfe und
in überwiegender Masse >tierkiipl'e zur Verwendung kommen.

Daneben findet sich eine zweite mit reicheren .Mitteln operirende Decorations-
weise. Hier hat die AusgussüUrning selbst die Gestalt einer kleinen Kanne. Neben
dieser sitzt auf der Schulter des grossen Gelasses eine kleine weibliche!!) Figur, welche
mit der einen Hand den Henkel des kleinen Kännchens fasst und die andere Hand unter
den Bauch desselben legt, also die Geberde des Aiisgiessens nachahmt.

Dies ist das Grundschema jener eigcntliümlichen Vasen, das in Einzelheiten im
Lauf der Jahrhunderte zwar gewisse Wandlungen durchmacht, in seinem Grundprincip
aber mit eiserner Consequcnz festgehalten wird.

Es ist sehr wahrscheinlich, dass hier die Weiterbildung eines Motivs vorliegt,
dessen Ursprung wir in der syriseh-hittitischen Cultur zu suchen haben. Ich hatte Ge-
Vereinzelung bisher nicht die gebührende üeaitituug und wrirdiyim^. An Abbildungen vgl. Cesnola-
Stern Taf. LXXXVII, ferner Tat. XIV nr. 3. Perrot-Ohip. III S. 69S Fig. 506. Cesnola, Sabin.
S. 265. Alle diese mit weiblichen Figuren. Ein Exemplar mit Stierkopf Cesnola-Stern Taf.LXXXVI
nr. 3. Erwähnt wird ein derartiges Gefäss im Erwerbimgsbericht des Brit. Mus. Aren. Zeit. 1877 S. 81.

sl) Beide Stücke in Berlin. Der Krug hat inattbraiineu Farbfiiieiv.ug, darauf schwar/.e und
weisse Streifen und weisse Punktrosetten. Auf der Stirn des Stierkopfes ein Ornament aus Sonne
und Halbmond. Das Fragment mit Lüwenkopf dunkelroth, darauf Details i »altschwarz.

**) Dies ist die Eegel. Nur in verschwindend wenigen Fällen ist diese Figur männlich, in
der archaischen Zeit überhaupt nicht.
 
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