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Christlicher Kunstverein der Erzdiözese Freiburg [Hrsg.]
Christliche Kunstblätter: Organ des Christlichen Kunstvereins der Erzdiözese Freiburg — 11.1872

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https://doi.org/10.11588/diglit.7189#0016
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— 202 —

iudeß erſt nach 1384 eingeſetzt. Nun erſt wurde der Thurm-
bau begonnen, und zwar nicht vor Ende des XJV., vielleicht
erſt im Beginn des XV. Jahrhunderts. Damals war Niko-
laus von Zons Werkmeiſter am Münſter. Sein Nachfolger
war Ulrich von Enſingen um 1400-1420. Es iſt ungewiß,
wer von dieſen beiden den Riß des Thurmes entworfen hat.
Die Wendeltreppen des Thurmgeſchoßes wurden von ihnen nicht
zu Ende gebaut, denn ſie vollendete der Werkmeiſter Johannes
Hültz von Köln, wie ſein Schild zeigt, das in drei der Wendel-
treppen eingehauen iſt. Aber auch die ganze Pyramide von
den vier ,,Schnecken'' hinauf bis zur äußerſten Thurmſpitze und
der ſogenannten Laterne iſt das Werk des Kölner Meiſters, der
mithin den Bau zu Ende führte. Denn mehr als ein Thurm
iſt nicht beabſichtigt geweſen. (?) Man glaubt die Grabſchrift des
Johannes Hültz ſei noch vorhanden, und nur von dem Semi-
nargebäude verdeckt. Faßt man alles zuſammen, ſo bauten die
Erwine nur die beiden unteren Geſchoſſe, die ſchönſte Façade
des Münſters, der Thurm mit der ganzen Pyramide kommt
größtentheils auf die Rechnung des Hultz, dazwiſchen fällt die
Thätigkeit des Enſingen. Um 1402 iſt auch ein Steinmetz
,, Adolf von Bunne'' erwähnt. Die lehrreichen Mittheilungen
Simrocks erregten das größte Jntereſſe. Alsdann verkündigte
Prof. Floß das Ergebniß der inzwiſchen vorgenommenen Er-
gänzungswahl des Vorſtandes, worauf der Vorſitzende die Ver-
handlung mit Worten des Dankes beendigte.
* Wien, 20. Juni. Während Hanſen und Förſtel an der
Durchführung zweier großen Bauten arbeiten, welche Unter-
richtszwecken gewidmet ſind, ſchreiten die Kirchenbauten Frie d⸗
rich Schmidt's ihrer Vollendung entgegen. Vor allem iſt
es die Pfarrkirche unter den Weißgerbern, deren Jnnen-Deko-
ration ſich der Vollendung nähert. Schon jetzt iſt man im
Stande die Geſammt-Wirkung der maleriſchen Dekoration zu
beurtheilen und ſicher wird jeder, welcher ſich unbefangen der-
ſelben hingibt, dem feierlichen und großen Tone, der die Ge-
ſammt-Dekoration durchzieht, Beifall geben. Das Ganze iſt
würdevoll, kräftig, ohne alle ſchwächliche Zaghaftigkeit durchge-
führt. Die maleriſche Ausſchmückung wurde den beiden Brü-
dern Franz und Karl Jobſt übertragen, die ſich ihrer Aufgabe
mit einer ſeltenen Begeiſterung hingegeben haben. Auch die
trefflichen Glasfenſter aus dem Atelier Mader, Neuhauſer
und Comp. in Jnnsbruck ſtimmen in ihrer maleriſchen Ge-
ſammtwirkung ſehr ſchön zu der weiteren Dekoration der Kirchen-
wände. Bis zur Eröffnung der Weltausſtellung ſoll die Kirche
ganz vollendet ſein und es wird, wie wir nicht zweifeln, der
fertige Bau ſowohl zur Ehre des Baumeiſters Schmidt als
aller derer gereichen, die wie insbeſondere die beiden Jobſt und
der Bauführer Architekt Karl Schaden, zum Gelingen des Wer-
kes weſentlich beigetragen haben. (N. Pr.)
Wien. Hr. Franz Krenn, Kapellmeiſter an der
Pfarrkirche zu St. Michael und Profeſſor am Conſervatorium
der Muſik in Wien, erhielt von Sr. Heiligkeit dem Papſte
Pius I. das Ritterkreuz des St. Sylveſterordens für Sjäh-
rige Dienſte, Studium und Forſchung im Fache alter elaſſiſcher
Kirchenmuſik. Hr. Krenn hat ſchon in den fünfziger Jahren,
als er noch Kapellmeiſter an der Mariahilfer Pfarrkirche war,
die Werke der Alten fleißig aufgeführt. Ein Chor von 60 bis
80 Sängern verſammelte ſich freiwillig unter ſeiner Leitung zu
Proben und Productionen, welch letztere ſtets mehr Zuhörer
aus allen Kreiſen anzogen. Das Materiale entnahm er theils
der Musica divina von Proske, theils der k. k. Hofbibliothek,
welche große Schätze alter Vocalmuſik beſitzt. (Habert, Zeit-
ſchrift für kathol. Kirchenmuſik. Organ des öſterr. Cäcilien-
Vereins, 1872 Nr. 6.)

nicht geläutet, ſondern nur mit einem Klöppel geſchlagen. Glei-
ches gilt von der großen Glocke in Peking. Der Guß der
,,Kaiſerglocke'' muß, weil ſowohl wegen der Dimenſionen, als
wegen eines Gewichts von 50 Centnern ein Transport von
außerhalb überaus ſchwierig ſein würde, innerhalb der Stadt
vorgenommen werden, wie denn auch die jetzigen Glocken des
Domes innerhalb Kölns gegoſſen worden ſind. Jhre Stelle
wird die Kaiſerglocke mit den beiden andern nächſtgroßen Dom-
glocken in dem dritten Geſchoß des ſüdlichen Thurmes finden,
während die fünf kleineren Domglocken zwar in demſelben
Thurme, aber ein Geſchoß höher — im Oktogon — ange-
bracht werden ſollen. Jntereſſant iſt die Vergleichung des Ge-
wichts des Glockencoloſſes mit dem anderer Glocken. Von den
zwei bisherigen Hauptglocken des Domes, beide gegoſſen um
die Mitte des 15. Jahrhunderts und ſonach die älteſten von
allen ihren berühmten Schweſtern in Europa, wiegt die kleinere
12,0 Centner, die größere 22,4 Centner, das Gewicht der
Kaiſerglocke wird demnach das der großen Domglocke um mehr
als das Doppelte übertreffen. Die große Glocke in Wien wird
zu 35,95 Centner, jene in Olmütz zu 36,0 Centner, die Haupt-
glocke in der Peterskirche zu Rom zu 38,0 Ceutner, die von
Notre⸗Dame in Paris zu 34,0 Centner, die Glocke des Weſt-
minſter⸗Palaſtes zu 32,4 Centner, und die vielgenannte große
Glocke in Erfurt zu 27,136 Centner angegeben. Der Metall-
werth der für den Dom geſchenkten Kanonen iſt auf 25,000
Thaler anzuſchlagen. (G.)
Bon n, 5. Juni. Geſtern fand die ſtatutenmäßige Ge-
neralverſammlung des academiſchen Dombauvereins in der Aula
der Univerſität ſtatt. Bei dieſer Gelegenheit hielt Hr. Prof.
Simrock einen Vortrag über den Bau des Straßburger
Münſters. Göthe ſchreibt: ,,Wenn wir in der Folge von
der Steinmetzer⸗Brüderſchaft nähere Nachrichten geben können,
ſo ſind wir ſolche dem würdigen geiſtreichen Veteran Hrn. Dr.
Ehrmann in Frankfurt ſchuldig, welcher aus ſeinem antiquari-
ſchen Reichthum eine Sammlung von Urkunden und Nachrich-
ten zu dieſem Behufe, ſowie eigene Bemerkung und Bearbei-
tung gefällig mitgetheilt hat.'' Dieſes Urkundenbuch des deut-
ſchen Steinmetzgewerkes, welches der geniale Dr. Chriſtian Ehr-
mann in Frankfurt, ein geborener Straßburger, anlegte, ge-
langte ſpäter in den Beſitz von Sulpiz Boiſſierée, desſelben,
der ſich um den Kölner Dombau ſo große Verdienſte erwarb.
Sulpiz Boiſſierée war bis zu ſeinem Tode unabläſſig befliſſen,
es zu mehren und zu erläutern. Es wurde gemäß letztwilliger
Verfügung dem Redner zur Veröffentlichung überwieſen, wozu
die Zeit bisher nicht günſtig war. Deutſchland war in Be-
zug auf kirchliche Bauthätigkeit in vier Sprengel getheilt, deren
Oberbaumeiſter in Köln, Straßburg, Zürich und Wien ſaßen.
Der Straßburger Sprengel war der größte, er umfaßte das
ganze mittlere Deutſchland. Der Kölner Sprengel reichte bis
an die Moſel. Der Obermeiſter der einzelnen Sprengel hatte
die Jurisdiction in allen Bauſtreitigkeiten, welche vor ſein Forum
gebracht wurden. Was ſpeziell das Straßburger Münſter be-
trifft, ſo iſt von dem älteſten Baue des Biſchofs Werner, eines
geborenen Grafen von Habsburg, nichts mehr vorhanden, als
der öſtliche Theil der Krypta. Der ganze Bau über der Krypta,
Chor und Kuppel mit den beiden Kreuzarmen, fallen in das
Ende des XJJ. Jahrhunderts, und gehören dem Uebergangsſtyl
an; Biſchof Konrad ſchrieb einen Ablaßbrief dafür aus. Das
Schiff iſt um die Mitte des XJJJ. Jahrhunderts begonnen, für
die zwei unteren Geſchoſſe entwarf Erwin von Steinbach
den Plan, ſie wurden durch ihn und ſeine beiden Söhne aus-
geführt. Nach ihnen war um 1365 Johannes Gerlach Werk-
meiſter am Münſter, das Mittelſtück des dritten Geſchoßes wurde

Verantwortliche Redaction: Dr. Stephan Braun

— Druck und Verlag der J. Dilger'ſchen Buchdruckerei.
 
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