Chriſtliche
Kunſtblätter.
Organ des chriſtlichen Kunſtvereins der Erzdiöceſe Freiburg.
(Beilage zum Freiburger Kirchenblatt.)
Nro. 176.
Domine dilexi decorem domus iuae. Ps. 25, 8.
1879.
Die Loretto-Kapelle bei Conſtan3.
ohne Fenſter auf den beiden Langſeiten. Das Licht fällt
größtentheils durch die Thüre auf der Südſeite herein.
Das Bild von Unſerer Lieben Frau iſt an der Oſtwand
angebracht, etwas davon ſteht der Altar. Jn der Weſt-
wand iſt ein kleines durch ein Gitter verſchloſſenes Fenſter.
Ganz in der gleichen Weiſe iſt das ,,heilige Haus'' in Lo-
retto gebaut. Da für die vielen Prieſter, die in unſerm
Loretto das heilige Opfer feiern wollten, der eine Altar
nicht ausreichte, wurde ſpäter außen vor der Weſtwand mit
dem Gitterfenſter ein zweiter Altar erbaut und darüber
eine kleine Vorhalle errichtet. —
Jn jüngſter Zeit beſchloß man dieſe Kapelle im Jnnern
wieder zu erneuern. Jm Laufe der Zeit, zumal der Jahr-
hunderte, iſt ja jedes Gebäude dem Einfluß der Witterung
und ſonſtiger Beſchädigung nicht zu entziehen. Die Wände
hatten eine Bemalung, welche einen Bau von Backſteinen
darſtellten. So ſieht auch jetzt das ,,heilige Haus'' in
Jtalien aus im Jnnern. Letzteres hat keinen Bewurf, deß-
halb ſind die Backſteine, aus denen es erbaut iſt, ſichtbar.
Früher muß aber dieſes Heiligthum einen Schmuck von
Malerei gehabt haben. Denn auf einem Bilde, das ſich
in der ,,illuſtrirten Welt'', Stuttgart 1866 befindet und
das nach einer alten Darſtellung ſcheint vervielfältiget worden
zu ſein, zeigen die inneren Wände an vielen Stellen noch
einen Bewurf mit Malereien. Dieſe ſtellen, wie es ſcheint,
verſchiedene Gnadenbilder Unſerer Lieben Frau dar; über
dem kleinen Fenſter iſt ein eigenthümliches Kreuz mit
Chriſtus; außerdem ſind noch andere Figuren, Köpfe rc.
ſichtbar. Jm Laufe der Zeit, bei den vielen Wallfahrern,
die vom ,,heiligen Haus auch gewiß ein Andenken mit-
nahmen, verſchwand der Bewurf, ſo daß nun nur die leere
Backſtein-Wand zu ſehen iſt, die jetzt durch viele von
Oben herabhängende Lampen geſchmückt iſt.
Als man nun in der Kapelle bei Konſtanz die gemalten
Backſteine abwuſch, da zeigten ſich zu großer Freude Ma-
lereien, die jener ehemals im ,,heiligen Haus'' befindlichen
ganz ähnlich ſind. Die Weſtwand iſt ganz mit ſolchen
Bildern bedeckt. Der Kunſtwerth der Bilder iſt verſchieden.
Gemäß dem gewiß richtigen Grundſatz: ,,bei Reſtaurationen
*M* Unſere große Erzdiöceſe zählt zahlreiche Marien-
Kapellen, die in Aehnlichkeit mit dem weltberühmten ,,heiligen
Haus'' zu Loretto in Jtalien erbaut wurden, weßhalb die-
ſelben gleichfalls ,,Loretto'' genannt werden. Es dürfte für
die Diöceſan⸗Geſchichte nicht ohne Wichtigkeit ſein zu er-
forſchen, zu welcher Zeit und aus welchen Veranlaſſungen
dieſe dem chriſtlichen Volke ſo theuern Kapellen erbaut
wurden. Es ſoll ein Anfang dazu gemacht werden, indem
Geſchichte und Beſchreibung jener Loretto-Kapelle hier
gegeben wird, welche in der Nähe der alten Biſchofsſtadt
am ſchwäbiſchen Meere'' erbaut wurde.
Die Lage dieſer Kapelle iſt wunderſchön. Der Weg
von Conſtanz nach ,, Staad'', dem Endpunkt der Landzunge
zwiſchen dem Ueberlinger- und Zeller-See, führt über einen
Hügel, von dem aus man den ganzen Oberſee bis Bregenz
überſchauen kann. Lieblich iſt der Anblick der fruchtreichen
Ufer ſowohl auf der Schweizerſeite, wie auf der deutſchen.
Hier zeigt ſich das ſtattliche Meersburg mit dem alten und
neuen biſchöflichen Schloſſe. Nach Süden und Oſten wird
die Landſchaft abgeſchloſſen durch die majeſtätiſche Alpenkette,
vor allem durch den ſchneebedeckten Sentis. Die fromme
Vorzeit wählte ſich nun dieſen Hügel aus, um auf dem-
ſelben Maria ein Heiligthum zu erbauen.
Jm Jahre 1633, als Konſtanz vom 8. September an
durch die Schweden belagert wurde, machte die fromme
Bürgerſchaft das Verſprechen, Maria zu Ehren eine Kapelle
zu erbauen, wenn die Stadt gerettet würde. Trotz der
größten Anſtrengung konnten die Schweden die Stadt nicht
einnehmen; nach ſchwerem Verluſte mußten ſie abziehen.
Konſtanz aber beeilte ſich, obgleich damals die Noth ſo
groß war, ſein Verſprechen zu halten. Die Kapelle wurde
erbaut und am 1. Juli 1637 durch Fürſtbiſchof Johannes,
Graf von Wolffegg, unter großer Feierlichkeit eingeweiht.
Seit 242 Jahren ſteht nun dieſes ,,Loretto''; auch die
ſchlimmſten Zeiten konnten dem Volke die Liebe zu dieſem
Heiligthume nicht rauben.
Die Kapelle iſt ein hohes Rechteck, ohne Chorapſis
Kunſtblätter.
Organ des chriſtlichen Kunſtvereins der Erzdiöceſe Freiburg.
(Beilage zum Freiburger Kirchenblatt.)
Nro. 176.
Domine dilexi decorem domus iuae. Ps. 25, 8.
1879.
Die Loretto-Kapelle bei Conſtan3.
ohne Fenſter auf den beiden Langſeiten. Das Licht fällt
größtentheils durch die Thüre auf der Südſeite herein.
Das Bild von Unſerer Lieben Frau iſt an der Oſtwand
angebracht, etwas davon ſteht der Altar. Jn der Weſt-
wand iſt ein kleines durch ein Gitter verſchloſſenes Fenſter.
Ganz in der gleichen Weiſe iſt das ,,heilige Haus'' in Lo-
retto gebaut. Da für die vielen Prieſter, die in unſerm
Loretto das heilige Opfer feiern wollten, der eine Altar
nicht ausreichte, wurde ſpäter außen vor der Weſtwand mit
dem Gitterfenſter ein zweiter Altar erbaut und darüber
eine kleine Vorhalle errichtet. —
Jn jüngſter Zeit beſchloß man dieſe Kapelle im Jnnern
wieder zu erneuern. Jm Laufe der Zeit, zumal der Jahr-
hunderte, iſt ja jedes Gebäude dem Einfluß der Witterung
und ſonſtiger Beſchädigung nicht zu entziehen. Die Wände
hatten eine Bemalung, welche einen Bau von Backſteinen
darſtellten. So ſieht auch jetzt das ,,heilige Haus'' in
Jtalien aus im Jnnern. Letzteres hat keinen Bewurf, deß-
halb ſind die Backſteine, aus denen es erbaut iſt, ſichtbar.
Früher muß aber dieſes Heiligthum einen Schmuck von
Malerei gehabt haben. Denn auf einem Bilde, das ſich
in der ,,illuſtrirten Welt'', Stuttgart 1866 befindet und
das nach einer alten Darſtellung ſcheint vervielfältiget worden
zu ſein, zeigen die inneren Wände an vielen Stellen noch
einen Bewurf mit Malereien. Dieſe ſtellen, wie es ſcheint,
verſchiedene Gnadenbilder Unſerer Lieben Frau dar; über
dem kleinen Fenſter iſt ein eigenthümliches Kreuz mit
Chriſtus; außerdem ſind noch andere Figuren, Köpfe rc.
ſichtbar. Jm Laufe der Zeit, bei den vielen Wallfahrern,
die vom ,,heiligen Haus auch gewiß ein Andenken mit-
nahmen, verſchwand der Bewurf, ſo daß nun nur die leere
Backſtein-Wand zu ſehen iſt, die jetzt durch viele von
Oben herabhängende Lampen geſchmückt iſt.
Als man nun in der Kapelle bei Konſtanz die gemalten
Backſteine abwuſch, da zeigten ſich zu großer Freude Ma-
lereien, die jener ehemals im ,,heiligen Haus'' befindlichen
ganz ähnlich ſind. Die Weſtwand iſt ganz mit ſolchen
Bildern bedeckt. Der Kunſtwerth der Bilder iſt verſchieden.
Gemäß dem gewiß richtigen Grundſatz: ,,bei Reſtaurationen
*M* Unſere große Erzdiöceſe zählt zahlreiche Marien-
Kapellen, die in Aehnlichkeit mit dem weltberühmten ,,heiligen
Haus'' zu Loretto in Jtalien erbaut wurden, weßhalb die-
ſelben gleichfalls ,,Loretto'' genannt werden. Es dürfte für
die Diöceſan⸗Geſchichte nicht ohne Wichtigkeit ſein zu er-
forſchen, zu welcher Zeit und aus welchen Veranlaſſungen
dieſe dem chriſtlichen Volke ſo theuern Kapellen erbaut
wurden. Es ſoll ein Anfang dazu gemacht werden, indem
Geſchichte und Beſchreibung jener Loretto-Kapelle hier
gegeben wird, welche in der Nähe der alten Biſchofsſtadt
am ſchwäbiſchen Meere'' erbaut wurde.
Die Lage dieſer Kapelle iſt wunderſchön. Der Weg
von Conſtanz nach ,, Staad'', dem Endpunkt der Landzunge
zwiſchen dem Ueberlinger- und Zeller-See, führt über einen
Hügel, von dem aus man den ganzen Oberſee bis Bregenz
überſchauen kann. Lieblich iſt der Anblick der fruchtreichen
Ufer ſowohl auf der Schweizerſeite, wie auf der deutſchen.
Hier zeigt ſich das ſtattliche Meersburg mit dem alten und
neuen biſchöflichen Schloſſe. Nach Süden und Oſten wird
die Landſchaft abgeſchloſſen durch die majeſtätiſche Alpenkette,
vor allem durch den ſchneebedeckten Sentis. Die fromme
Vorzeit wählte ſich nun dieſen Hügel aus, um auf dem-
ſelben Maria ein Heiligthum zu erbauen.
Jm Jahre 1633, als Konſtanz vom 8. September an
durch die Schweden belagert wurde, machte die fromme
Bürgerſchaft das Verſprechen, Maria zu Ehren eine Kapelle
zu erbauen, wenn die Stadt gerettet würde. Trotz der
größten Anſtrengung konnten die Schweden die Stadt nicht
einnehmen; nach ſchwerem Verluſte mußten ſie abziehen.
Konſtanz aber beeilte ſich, obgleich damals die Noth ſo
groß war, ſein Verſprechen zu halten. Die Kapelle wurde
erbaut und am 1. Juli 1637 durch Fürſtbiſchof Johannes,
Graf von Wolffegg, unter großer Feierlichkeit eingeweiht.
Seit 242 Jahren ſteht nun dieſes ,,Loretto''; auch die
ſchlimmſten Zeiten konnten dem Volke die Liebe zu dieſem
Heiligthume nicht rauben.
Die Kapelle iſt ein hohes Rechteck, ohne Chorapſis