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Lättdern herbei eilteu, der Erneuerer griechischer uud röinischer Studieu, dem
das Latein seine zweite Muttersprache gewordeu war, der aber durch christliche
Sitte uud Fröininigkeit allen heiduischeu Schinutz, woinit sich auch beruhiute
Klassiker befleckt habeu, seru hielt, der große Sachwalter Luthers uud der evau-
gelischen Lehre, der das starke Wort Luthers auch deu Feiueu und Gebildeteu
nahe brachte, der vor Kaiser uud Köuigeu, vor Kardinalen und ihren Theologeu
Christum bekanute und die göttliche Wahrheit bezeugte und vertheidigte, der
vou dem Gekreuzigten gelernt hatte nicht wieder zu schelten, weuu er gescholteu
ward, nicht zu droheu, wenn er litt. Da steht uuter freiem Himinel die hagere
Gestalt von inittlerer Größe und richtigem Ebenmaße, der Mauu des Studir-
zimmers und des Hörsaales; es steht ihm wohl an, iu eiueu Pelz gekleidet zu
seiu, aus welchem der zarte, etwas lauge Hals hervorwächst, der den Kopf mit
dünnem Haupthaar trägt, deu vielleicht nicht unpassend auch eiue leichte Be-
deckung zieren dürste. Nur darf die hohe ausgearbeitete gedankeuvolle Stirne
nicht verhüllt seiu, an welcher man auch die leicht anschwelleude Zoruader be-
merkt. Unter der Stirn die seinspürende Nase und danu der holvselig beredte
Mund, und das spitze gespaltene Kiuu uud die harmvollen Waugeu. Unter
seinen Füßen und über dem Piedestal erkeuut man die Sphäre, iu welcher er
gelebt und gewirkt hat, als der Mauu der Schule und Wisseuschast. Wie Fürst
Blücher auf eine Kanone tritt, so hat Melauchthou zu seineu Füßeu Folianten
und Pergamentrollen. Die Folianten bezeichneu die Werke, die er gelesen, aus-
gelegt und neu herausgegebeu: da sindet man dllsmelsi'i Olli-ouieou, OulsuuZ,
^i'istotslss, auch UsuellliuuL. Auf deu Pergameutrolleu erkenut mau i>iovuui
BsZtumsutum, Eoei tllsoloA'iei, und vor Allem ausgezeichnet Ooute8Lio ^uo-u-
stuuu. Eiue salsche historische Aeugstlichkeit iväre es aber, weuu man die augsbur-
gische Koufessiou hier r^xoloo-iu nenueu wollte, wie sie allerdiugs bei der Uebergabe
zuerst genannt wurde: deuu ihre Bedeutuug ist uicht iu ihrem ersteu Gebrauch
als Apologie, sondern in ihrem Juhalt als Bekenutuiß. Auch glauben wir uicht,
Laß Ler Küustler sich eutschließeu wird, die augsburgische Konsessiou in Melauch-
thous Haud zu geben: denu da er sie nicht iu seinem Nameu geschriebeu, sou-
dern im Nameu der evaugelischeu Fürsteu uud Stäude uur abgefaßt hat, da
ihm mit Recht das sreie Autorrecht au ihreu Juhalt uud ihre Form, welches
er später noch beanspruchte, nicht zugestaudeu wordeu ist, so würde es eine
zweideutige uud uugenügende Ehre sür Melauchthou seiu, weuu mau all seiu
Verdienst iu der augsburgischeu Koufessiou kouceutrireu wollte. Das Piedestal,
auf welchem er steht, mag eiu Grauitfels sein, wie er bis in den Tod uner-
schütterlich auf dem Felseu gestauden, der die Juschrift führt: „Wie viele ihu
ausnahmeu, denen gab er Macht, Gottes Kiuder zu werdeu." Dieß mag aber
der unausgesprocheue mpstische Sinu des Granitblocks bleibeu. Als Ausschrift
würde genügen: ?1ll1ipxu8 i>Is1kiuelllllon ?rusLsiitoi' (cksi'nmniae, uud dieß ab-
sichtlich in lateinischer Sprache, weil Melauchthou stets iu lateinischer Sprache,
der damaligeu allgemeiuen Sprache der abeudländischeu Christeuheit, gedacht
uud geschriebeu. Aus der Rückseite des Grauits, der Kirche zugeweudet, dürfte
nicht leicht etwas angemessener sein, als jeue Worte aus Psalm 119, 46., die
Melanchthon selbst der augsburgischen Konfessiou als Motto voraugestellt hat:
 
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