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in Berlin nnd die Umschrift des Portals Joh. 11, 25. 26 an Den, der die Auf-
erstehuug uud das Leben ist. Das Innere ist eine gewölbte Begräbniskapelle, in
deren beiden Seitenwänden nach Art der römischen Katakomben die Räume für die
Särge angebracht sind, aber nicht wie dort im Längen- sondern im Querdurch-
schnitt, mit einer Marmorplatte geschlossen, in deren Mitte ein Medaillon die Relief-
büste des Verstorbenen zeigt. Zwei Sessel öon Marmor laden zur Ruhe in diesem
Heiligthum ein und das gemalte Glasfenster über der Eingangsthüre enthält die
Grablegung Christi durch seine Freunde, Nikodemus, Joseph oou Arimathia uud
Magdalena, die seine Füße mit ihren Thrünen benetzt, nach einer vortrefflichen
Zeichnung von Steinle in Frankfurt. Die Rückwand schmückt ein Altar von
weißem Marmor mit zwei großen Kandelabern von gleichen! Stoff zu jeder Seite
uud darunter die Oesfnung der Stätte, wo die Besitzer einst zu ruhen wünschen.
Darüber erhebt sich dann eine Nische, mit Ho88o-untieo-Stuckmarmor bekleidet,
in welcher die hohe Gestalt des hierneben abgebildeten Auferstehungsengels seine
Stelle findet. Das Motiv desselben, indem er mit dem Blick nach oben die Po-
saune in den Händen den Befehl zum Auferstehungsruf erwartet, ist zu deutlich
ausgesprochen, um der Erklärung zu bedürfen, lieber der Nische erscheint ein weißes
Kreuz und zu beiden Seiten stehen die Sprüche 1. Cor. 15, 42 f.: „Es wird
gesäet verweslich und wird auferstehcn unverweslich" u. s. w.
Dieses herrliche Standbild, dessen Ausführung dem berühmten Schüler Rietschel's
auvertraut und durch den Meißel desselben in jüngster Zeit vollendet worden ist,
und welchem in der Werkstätte zu Dresden ein verwandter Genius zur Seite stand,
dessen Bestimmungsort auf dem Gottesacker von Zittau in Sachsen ist, dient uns
zum erhebenden Zcugniß, daß es in unseren Tagen des auch auf dem Gebiete des
Schönen überhandnehmenden Materialismus noch eine heilige Kunst und zumal eine
christliche Sculptur giebt, welche den Zweifel widerlegt, ob seit dein Untergange der
antiken Welt eine der modernen Malerei ebenbürtige Plastik möglich sei. Ein Blick
auf den Engel von Rhcineck wie auf das Denkmal in Worms, dessen, nächst dem
von Rietschel selbst mvdellirten Luther gepricsenste Statue, das trauernde Magdeburg,
aus der Haud Douudvrf's hervorgegaugen ist, erfüllt uns mit guten Hoffnungen
auch für die Zukunft. Im November v. I. hat Donndorf Dresden verlassen und
ist, von einer Anzahl seiner dortigen Schüler begleitet, in Stuttgart Ungezogen, wo
er die Professur der Bildhauerkuust in der königlichen Kunstschule an der Stelle
des auf seiue Bitte wegen hohen Alters zur Ruhe gesetzten verdienten Theodor
Wagner angetreten hat. Möge Dannecker's Hcimath für den Nachfolger eine will-
kommene Stätte sein, worauf er durch sein gesegnetes Wirken ein liebevolles In-
teresse uud Verständnis; erntet.
G.
 
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