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fangener, aber nirgends finde sich ein Ausspruch über die Schönheit oder Häß-
lichkeit eines Gemäldes oder Bildwerks an sich, nichts über Herstellung, künst-
lerischen Eindruck, Form, Farben oder sonstiges Wesen der Darstellung. Was
Luther einmal von den welschen und flandrischen Malern und wie meisterlich sie
die Natur nachahmen, sagt, werde er von irgend einem Kenner gehört und in
sich ausgenommen, aber nicht auf Grund eigener ernstlicher Studien an italienischen
oder niederländischen Bildern gesagt haben. Im Grund habe er die Kunst nur
als untergeordneten Dilettantismus aufgefaßt; alle Künste und Wissenschaften
seien ihm unwichtig gegenüber den höchsten geistigen Gütern, der Religion, gewesen.
Das beweise Luthers Wort: „Juristen, Medici, Artisten vexieren uns Theologen,
dazu auch die Bauern. Aber wenn's ans Treffen geht, so muß allein Theologia
Helsen." Hier hat Luther jedoch sicherlich unter Artisten nicht die Künstler, sondern
die Männer der Artistenfakultät, die Meister der freien Künste (artss Iib>6ral68),
des Trivium, Grammatik, Arithmetik und Geometrie und des Quadrivium, Musik,
Astronomie, Dialektik und Rethorik gemeint. Im übrigen kann und wird der
eifrigste Künstler und Kunstliebhaber, falls er wirklich Christ ist, wenn es an
ein Treffen in Not und Tod geht, nach dem Einen, was not ist, greifen, ohne
darum der Kunst einen Abbruch zu thun, so gut'als Michelangelo schließlich an
„die gekreuzigte Liebe", nicht bloß an die gemalte, sich hielt laut seinen ergreifenden
Sonnetten.
Nach H. Lehfeldt hat Luther auch in seinem Verkehr mit Dürer und Kranach
nicht viel künstlerische Bildung und Belehrung gewonnen. Von Dürer spreche
er lediglich wie einer, der mehr auf den Menschen selbst sieht und die Kunstübung
vom Standpunkt des fernstehenden Gelehrten und Predigers betrachtet. Ja nicht
einmal eine Andeutung sei irgendwo zu finden, wie Luther sich zu seinem eigenen
von Kranach gemalten Bildnisse Verhalten habe. Natürlich, hätte Luther irgend
ein Urteil über sie gehabt oder ausgesprochen, so müßte es irgendwo schwarz
auf weiß zu lesen sein? Weil das aber nicht ist, so hat auch Luther sicherlich
nie gewußt, ob das Bildnis recht oder schlecht getroffen und gemalt sei?
Was bei dieser Gelegenheit über Kranach's langsamen, aber entschiedenen
Bruch mit der katholischen Heiligenmalerei seit 1527 von H. Lehfeldt bemerkt
wird, ist gewiß richtig. Und wenn Kranach, als er frei und treu seinem Kur-
fürsten in die Gefangenschaft nachfolgte (1550), auch noch für Personen aus der
Umgebung des Kaisers Karl V Heiligenbilder malte, so ist das nur zu Gunsten
seines Herrn geschehen. Übrigens wäre er von Luther, der die Heiligen als Vor-
bilder christlichen Lebens, Glaubens, Liebens und Duldens schätzte und schätzen
hieß, nie gehindert worden, solche erbauliche Heiligenbilder zu malen. Den Bilder-
stürmern entgegen hat der Reformator es ja stark betont, daß nur die abgöttische,
d. h. von Gott und Christus ablenkende Heiligenverehrung zu bekämpfen, die künst-
lerische Darstellung heiliger und biblischer Personen und Vorgänge an sich nicht
zu beanstanden, ja zu empfehlen sei. „Wollte Gott", ruft er im Jahre 1524
den bilderstürmenden „himmlischen Propheten" zu, „ich könnte die Herrn und
Reichen dahin bereden, daß sie die ganze Bibel inwendig und auswendig an den
Häusern für jedermanns Augen malen ließen; das wäre ein christlich Werk.". . .
 
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