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Christliches Kunstblatt für Kirche, Schule u. Haus — 50.1908

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Nr. 3 (März 1908)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44122#0086
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lichem Bronzefuß) erstehen, nachdem ich ca. 3—4 mal nach 1—2 jährigem Ge-
brauch unter dem dünnen Galvauoüberzug der üblichen Pseudobronzefüße das
weiße Zink hatte hervorkommen sehen. Zch durchsuchte alle vorhandenen
Geschäfte; ein einziges besaß eine Lampe mit „echtem" Fuß, es war ein für
mich unbrauchbares Prunkstück; schließlich erwarb ich für 5 Mk. eine Lampe
ganz aus Glas, die ich heut noch habe. In Mainz sieht man auf dein Fried-
hof die stolze Allee der „Erbgrüfte". Man lächelt zunächst ob der Eitelkeit,
die hier den Fialenvorrat eines gotischen Domes auf eine 2 in breite, 4 in
hohe Fassade häufte, aber man ergrimmt darüber, wenn man durch gewisse An-
zeichen aufgefordcrt, hinter die Front schaut und dort kein Gebäude findet, dafür
aber eine Art Kanal oder überdeckte Rutschbahn, die den Sarg schräg in die
Erde führt! Oben ein Seidenkleid und darunter zerrissene Strümpfe und kein
Hemd; das sind diese Grüfte, ins Bekleiduugsfach übersetzt. — —
Wenn man liest, daß der Münchener Magistrat auf Antrag Grässels mit
einem Schlage aller Fabrikware die Tore seines neuesten Friedhofes verschloß,
indem er bestimmte, daß zu jedem Grabmal eine Zeichnung zu entwerfen sei, die
dem Magistrat zur Genehmigung vorzulegeu ist, so scheint sich für die Zukunft
des Grabmals eine fast unermeßliche Perspektive zu eröffnen — vorausgesetzt,
daß ähnliche Einsicht auch anderwärts gedeiht. Wenn man freilich wiederum liest,
daß in Halle, Worms und anderen Orten behördliche Bestimmung ist, jedes Einzel-
grab wie eine Badewanne mit Granitbohlen einzupferchen, oder daß in Berlin
jedes Grab mit einem 50 em hohen sargähnlichcn Hügel aufzuschüttcn ist, dessen

obere Breite die Denkmäler nicht über-
schreiten dürfen, so wird man die Flamme
seiner Hoffnung wieder niederdrehen! Hier
scheint mir der Geistlichkeit wie den städti-
schen Behörden ein reiches Arbeitsfeld bereit
zu stehen! Nicht minder könnte die offizielle
Verteilung des Wiesbadener Flugblattes
durch diese Organe der Kunst und damit
der Würde und Weihe den Einzug in den
Friedhof erleichtern! In Kiel, Hannover,
Solingen und Ucrdingen haben die Fried-
hofsbehördeu tatsächlich diesen Weg beschritten.
Dort wird jedem, der eine Begräbnisstätte
erwirbt, von der Friedhofsbehörde das
Wiesb. Flugblatt zugestellt. Möchte die
Veröffentlichung an dieser Stelle Anlaß
werden, daß dank dem Eingreifen der Geist-
lichen, die ja nach unserer Kenntnis meist
den Vorsitz in den Friedhofskommissionen
haben, andere Städte nachfolgen und so eine
Neuauflage der Schrift ermöglichen!


Abb. 2. Grabmal von I. Kovv Odenwald-
Granit und vergoldetes Schmied-isen
Rupp'sches Lager. Ca. ^SU Mk.
 
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