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Christliches Kunstblatt für Kirche, Schule u. Haus — 50.1908

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Nr. 3 (März 1908)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44122#0108
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umph der hebenden Mächte des Lebens über die tote niederziehende Gewalt der
Schwere zu versinnbildlichen und allem Volk zu verkündigen verstehe. Planck
gibt hier seiner Vorliebe für das klassische Altertum und seiner „objektiven"
Kunst unverhohlen Ausdruck. Sie stellt ihm das in naiver kindlicher Weise als
Ziel vor Augen, was die neuzeitliche Kunst in ihrer durch das Christentum ver-
geistigten und unendlich vertieften, durch die moderne Technik unendlich be-
reicherten Form erstrebt. Insbesondere ist es auch das dritte Hauptelement der
klassisch-antiken Kunst, das Drama, von dem Planck das Höchste erwartet, sei
es als heiteres Spiel der Komödie, oder als ernstes der Tragödie. In der
ersteren bleibt der überlegene Geist im leichten raschen Spiel der Kräfte Meister
über die feindlichen Mächte, die in Gestalt mißgünstiger oder blinder Menschen
und gesellschaftlicher Sitten und Einrichtungen — sei es nun durch träge Konservie-
rung des Veralteten oder durch leichtsinniges Drangeben des Bewährten (Mode-
laune) — den Bestand des Lebens selbst bedrohen; in der letzteren gewinnen es
zwar äußerlich diese finsteren, niederziehenden und erdrückenden Gewalten, aber
im äußeren Erliegen, zumal in seinem Selbstopfer, wahrt der sittliche Geist sein
ewiges Recht und sein unvergängliches Erbe. Wir mögen über die antike Kunst
sonst denken wie wir wollen, eines werden wir Planck zugeben müssen: sie hat
die großen Formen der Kunst geschaffen, in Baukunst und Plastik diejenigen der
ruhig objektiven, im Drama der subjektiv erregten und bewegten Kunst. Um
Plancks Anschauungen zum vollen Ausdruck zu bringen, ist es aber nötig, hier
seine Auffassung der ganzen Kunstgeschichte kurz darzulegen. Es wird sich dann
auch zeigen, daß bei ihni die eigentlich subjektiven Künste, Malerei und Musik,
wie sie erst die Neuzeit voll entwickelt hat, doch nicht zu kurz gekommen sind.

II. die ältere Kunst

Die Schöpfer der ersten freien und großen Kunst sind die Griechen gewesen.
Das ganze Streben dieses Volkes, wie es sich in seinem religiösen Kultus dar¬

stellt, war ja kein anderes
als das nach schöner
Gestaltungdes natür-
lichen Daseins. Dieses
selbst mit seinen heiteren
wie finsteren Seiten bleibt
ein gegebenes, in gewissem
Sinne blind hingenomme-
nes, vom Geist noch nicht
durchdrungenes: auch die
Götter stehen unter der
Macht des Schicksals. Es
gibt kein bezeichnenderes
Bild für diese ganze Welt-
undLebensanschauuug,als
das Bild des griechischen


Abb. 8. »Geburt Christi". Kalkstein-Reliefan der
Kanzelwand der Christuskirche von F. Dietsche
 
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