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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 11.1919

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Heft 17
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Sammlungen
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Ausstellungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.21394#0589
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Sammlungen — Äusftellu ngen

witter über dem Meer“ und eine Früßlingsland-
fcßaft. Nid)t ein beliebiger Landfcbaftsausfcßnitt,
fondern das Früßlingsempfinden überhaupt, wie
es die Erde, die [ich der Sonne entgegenwölbt,
wie es die Bäume, die [ich ihr entgegenneigen
und das Schiff, das ihr entgegenfährt, zum Alis-
druck bringen. Eine frühe Plaftik Lehmbachs
hat hier Aufhellung gefunden, nicht gerade glück-
lich wie ein Füllfel. Die Kniende dagegen im
andern Eckzimmer fteht fehr günftig zwifchen
den Fenftern, beidfeitig lichtberiefelt. Der Saal
mit Marcs mächtigem Bild, gerahmt von zwei
Bildern Feiningers, mit Pechfteins Stilleben,
mit Scßmitt-Rottloff und Nauen ift auf ftarke
Farbigkeit hin zufammengeftimmt. Von den beiden
Pecbfteinbildern ift das Stilleben mit Goldregen,
Calla und Schwertlilien vor blauem Grund das
beffere. Der näcbfte Saal erhält durch van Gog b
und Kokofcbka feine ftarken Stützen. Fünf gute
van Gogbs und fämtlicb Leihgaben! (Hie foll
heute noch diefe ünterlaffungsfünde wieder gut-
gemacht werden? 3U ihrem geiftigen Vater find
dann auch hier Brockhufen und Rösler gefeilt.
Ein kleines Eckkabinett ift mit fünf Purrmanns
und einigen Mo 11s gefüllt. Sollte die Galerie-
leitung wirklich der Anficßt fein, daß Purrmanns
künftlerifcher ömfang erft mit fünf üderken zu
begreifen fei? Das Htelierftilleben ift folid nicßts-
fagend, das große Stilleben inMatiffemanier wirkt
wie eine deutfcße Volksausgabe des Franzofen,
und das weibliche Porträt ift gewiß keine hohe
Qualität. Erfreulicher find dann wieder die Säle
voll3eichnungenvon Heekel und Nauen,Pecß-
ftein und Feininger. Roblfs Hyazinthen und
die ganz köftlichen Äquarellpoftkarten, die Marc
an Elfe Lacker-Scbüler fandte, verdienen be-
fondere Erwähnung. Ganz herrlich find die
3eicßnungen No Id es aus Neu-Guinea, die das
Reichskolonialamt geliehen hot, weiche, traum-
haft zarte Landfcbaften darunter. Sie find ein
ftändiger Mahnruf, endlich von diefem Meifter
Gemälde zu erwerben.
Äls Ganzes betrachtet ift die Moderne Galerie
ein erfreulicher 3uwacbs der Berliner Mufeen.
Das Programm ift mit Glück umriffen, wenn
auch einige Linien zu berichtigen find. Jet^t
kommt es auf den weiteren Ausbau an. Denn
wenn man heute die Leihgaben von dem ftarken
Gefamteindruck abzieht, fo bleibt ein recht un~
vollftändiges Bild der modernen Kunft über.
Die führenden Expreffioniften aber find längft
zu folcber Größe herangereift, daß es keine
Schwierigkeit mehr bietet, zu erkennen, wo die
Böcke und wo die Schafe fteben.
Gerftenberg.

Das Pradomufeum in Madrid
unterliegt zur 3ßit, wie die „Cimes“ melden,
großen baulichen Erweiterungen. Än der Oft-
feite des alten Baues wird parallel zu der nord-
füdwärts verlaufenden großen Galerie ein neuer
Anbau aufgeführt, der 22 Säle umfaßt. Mit der
Vollendung diefes Baues, den man gelegentlich
der Jahrhundertfeier im November zu eröffnen
hofft, wird die von uns feit langem geforderte
Neuordnung diefer Sammlung Catfacße werden.
Über Einzelheiten wird fpäter noch zu fpreeben
fein, zumal der Prado keine nur fpanifebe An-
gelegenheit ift, fondern das Intereffe der ge-
faulten Kulturwelt berührt.
Paris
An einem der erften Augufttage iftdasRodin-
Mufeum im Hotel Biron durch den Minifter des
ünterricßts und der febönen Künfte, Lafferre,
feierlich eröffnet worden. Die Innenausftattung
des einft berühmten Palaftes, der dem Anfang
des „Dix-buitieme“ entftammt und Jahre hin-
durch verwahrloft und leer daftand, ift würdig
für die Aufnahme des künftlerifcben Vermäcbt-
niffes hergerichtet worden. Außer den Arbeiten
von Rodin fießt man auch die Privatfammlung des
Meifters, darunter Bilder von van Gogh, Carriere
und Renoir und im erften Stock eine Anzahl der
vom Kiinftler gefammelten Antiken. Auch reiche
Schäle der mittelalterlichen Kunft find hier aus
Rodins Stiftung vereinigt, denn man weiß ja,
wie feßr es die Gotik war, die auf die Entwick-
lung des Kiinftlers den ftärkften Einfluß gehabt
hat. So gibt das neue Mufeum einen wunder-
vollen Einblick in das Hlerk und die Ideenwelt
des großen Plaftikers.
Ausheilungen
Sommerausftellungen in Berlin
In den Ausheilungen bei Gurlitt und Neu-
mann find um bekannte Namen einige Neulinge
gefeßart, nicht als Crabanten, aber doch als
Sterne geringerer Größe, die aber im ganzen
doch erfreulich find, weil fie die Vorftellung vom
Reichtum des Kunftßimmels erweitern. öüie
feßwer es ift die natürliche Übereinftimmung
zwifeßen innerem und äußerem Format zu finden,
zeigen die Bilder Otto Freundlicßs. HIeil
feine Veranlagung ißn nicht zu großen Aus-
maßen verpflichtet, wirkt es nicht nur klobig —
da könnte leicßt abgeßobelt werden — fondern
gequält, gefpannt, ausgerenkt, dazu in Ölge-
mälden eine Malweife, die für Glasgemälde
Geltung haben könnte, nämlich fo, daß die un-

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