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Galerie Commeter [Hrsg.]
Auktion / Galerie Commeter: Handzeichnungen, Original-Graphik alter und moderner Meister: Original-Werke von Carrière, Cézanne, Corot, Daumier, Dürer, Kollwitz, Lautrec, Manet, Rembrandt, Renoir, Schwind, Rawlandson, Whistler, Zorn u.v.a.; [ Versteigerung am 21.-24. Oktober 1925] — Hamburg, Nr. 29.1925

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https://doi.org/10.11588/diglit.32416#0009
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Die Sammlung L, G. L. , .

Noch immer werden in Deutschland Kunsfwerke und künstlerische
Erscheinungen mit einem zu großen fachmännischen Ernst und mit zu
wenig menschlicher Freude befrachtet und behandelf. Man vergißt nur
zu leicht, daß eine ausschließlich künstlerische Beurteilung nur e i n e r
Seite des Kunstwerkes gerecht werden kann (der optischen, der hand-
werklichen, der ober-flächlichen); daß das Mysterium eines Kunstwerkes
jedoch außerhalb kunsthistorischer und fachlicher Möglichkeiten liegt.
Sonst begegneten wir ja auch kaum jenen freudigen Ueberraschungen:
daß Menschen, die von Hause aus keine Verpflichtung der Kunst gegen-
über tragen, sich dieser mit einer Passion verschreiben, für deren Größe
kunstfachmännische Begründungen keinen Beweis zu erbringen ver-
mögen. Im Kunstwerke — sei es Plastik, Bild oder nur Zeichnung —-
fühlt intuitiv der Laie (und er vielleicht noch sfärker als der Fachmann)
jene Harmonie, der er selbst im Leben nachstrebt, ohne sie erreichen
zu können. Dank der schöpferischen Gnade vermag der Künstler sein
Erleben im Werke harmonisch zu formen. Der Nichtkünstler wird vom
Erleben beunruhigt und sucht krampfhaft nach Einheit, wo Eingliede-
rung in das gewohnte Lebensgesetz nur in den seltensfen Fällen mög-
lich ist. Im Kunstwerk fühlf er das Erlöstsein von Erschütterungen, voll-
zogene Auseinandersetzung und Ausklang. Im Kunstwerk vermag er
menschlich zu wachsen, ohne deshalb den Mangel fachmännischer Kennt-
nisse als Not empfinden zu müssen.

Einer solchen Liebe, diesem Drang nach menschlicher Entspannung,
Ruhe und Äbrundung verdankt ihr Entstehen auch die Sammlung
L. G. L.

Wäre ihr Begründer der typische „Sammler“, dann bestände die
Sammlung zweifelsohne aus Oelbildern bestimmter Epochen. Wäre er
Sammelfanatiker oder Sammler aus Spleen, dann fände man bei ihm
nur ganz bestimmte Künstler, bestimmte Schulen, die mit fieberhafter
Suchf lückenlos in der Sammlung enthalten sein müßten. Dies ist er
aber nicht. Weder ließ er sich von dem frockenen Ernst des Fachmannes
leiten, noch von der Sammelwut des Fanatikers, oder der Beschränktheit
des Spezialisfen. Ein Mensch, der nicht die Möglichkeit haffe große
Oelbilder zu kaufen, schuf sich sein Freudenreich in einer Sammlung
von Handzeichnungen und Graphik. Diese sind es auch schließlich, die
am ehesten dem Beschauer jene heitere Befriedigung und freudige Ruhe
vermitfeln, die er sucht. Sind sie doch auch für den Künstler selbst
ein viel intimeres Ausdrucksmitfel als die große Oelkomposition.

So entstand diese Kollektion: nicht mit dem Ziel eine „Sammlung“
zu werden, auch nicht um das kunsthistorische Bild einer Epoche oder
einer bestimmten Schule zu geben, sondern aus der reinen menschlichen
Freude ihres Schöpfers an schönen Bläffern.

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