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Kosina, Elena; Korn, Ulf-Dietrich
Die mittelalterlichen Glasmalereien in Niedersachsen: ohne Lüneburg und die Heideklöster — Corpus vitrearum medii aevi - Deutschland, Band 7,1: Berlin: Deutscher Verlag für Kunstwissenschaft, 2017

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https://doi.org/10.11588/diglit.52867#0111
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EHEMALS BRAUNSCHWEIG • DOM

von Rehtmeyer in seiner 1707 erschienenen »Kirchen-Historie« wie folgt beschrieben: »In dem Fenster gegen Wes-
ten sind noch zu sehen die Namen und Wapen der alten Braunschweigischen Patricien-Geschlechter, welche zweif-
felsohn diese Kirche werden beschenket haben. Oben über stehet mit Lateinischen Buchstaben: Anno 1700 sind diese
Wapen der Patricien in Braunschweig, in der Ordnung, wie sie vor gar alten Zeiten hero in diesem Fenster gestanden,
wieder erneuert«33. Diesem Zitat folgt eine dreispaltige und achtzeilige Auflistung von 23 Stifterwappen, die - mit
Berücksichtigung einer Fehlposition im Zentrum der mittleren Bahn - genau der Aufteilung und Eisenarmierung
des heute noch vorhandenen Fensters nord XII entspricht. Nach Schwarz sind dies die Wappen der Geschlechter
gewesen, deren Mitglieder 1559 im Rat der Teilstädte oder sogar im engen Rat - und damit in der Stadtregierung
- Braunschweigs mitgewirkt haben (Fig. 74)34. Demzufolge dürfte dieses bereits bei der Erstverglasung des Nord-
seitenschiffs 1471/72 der Stadt Braunschweig zugestandene Westfenster im Zuge der zweiten Verglasungskampagne
von 1559 ebenfalls neu gestaltet und schließlich 1700 unter Verwendung des alten Scheibenbestandes rekonstruktiv
ergänzt worden sein. Daher kann die in der Literatur mehrfach erwähnte, radikale Innenraumrenovierung von 1687
unter Herzog Rudolf, der »statt der alten verletzten neue Fenster hineinsetzen« ließ35, nicht als vollständige Entfer-
nung des alten Farbglasbestandes interpretiert werden, da noch in den Bauaufzeichnungen von 1876 im nördlichen
Seitenschiff nebst Blankverglasungen des 17. Jahrhunderts Reste jener »Fürstenbilder« sowie das 1700 erneuerte und
noch in der Mitte des 19. Jahrhunderts restaurierte Wappenfenster vermerkt worden waren36.
Über das Schicksal dieser Restbestände an historischer Glasmalerei ebenso wie der später hinzugefügten historisti-
schen Neuschöpfungen gibt es einander widersprechende Angaben. Während Koch vermerkt, diese seien während
der nationalsozialistischen Umgestaltung des Braunschweiger Doms 1935/4° beseitigt worden, gibt Jüncke den Hin-
weis, sie seien den Beschädigungen des Krieges 1944 zum Opfer gefallen37.
33 Rehtmeyer 1707,1, S. 107; s. auch Reg. Nr. 6. Vgl. Koch 1985, S. 496; dagegen Jüncke 1994, S. 141, dessen Aus-
34 Schwarz 1997, S. 121-128. sage durch Abb. S. 140 gestützt wird, die die historischen Wappen of-
33 Rehtmeyer 1707,1, S. 110. fenbar noch nach Abschluss der Umgestaltungsmaßnahmen von 1940
36 NLA WO, 76 Neu, Fb 2, 2774; vgl. Koch 1985, S. 493 mit Anm. 70. im Fenster zeigt.

EHEMALS BRAUNSCHWEIG • KATHARINENKIRCHE
Bibliographie: Fiorillo, II, 1817, S. 55E, Anm. a (erwähnt die »vorzüglichen« Glasmalereien in den drei Fenstern
hinter dem Altar, mit außerordentlich schönen Farben und einer Zeichnung »in dem Styl des Lucas Cranach und Al-
brecht Dürer«; benennt die dargestellten Szenen: Christus am Kreuz mit Maria und Johannes im mittleren Fenster, die
Opferung Isaaks rechts und Moses mit der Ehernen Schlange links; liest die Jahrzahl im Achsenfenster irrtümlich als
»1583«); Lotz 1862, S. 100 (verzeichnet in den Chorfenstern die bereits bei Fiorillo erwähnten Darstellungen und
datiert sie 1553); Bilzer/Hagen 1961, S. 68f. (kurze Beschreibung der drei Chorfenster aus der Katharinenkirche, die
1868 dem Städtischen Museum überwiesen und bereits in der ersten Dauerausstellung im Neustadtrathaus präsentiert
worden waren; Entstehung in Braunschweig, 1553); Spiess 1966, II, S. 344, Abb. S. 232L (erwähnt im Kontext der Ent-
wicklung des Glaserhandwerks die Glasfenster aus der Katharinenkirche, die in Braunschweig um 1553 entstanden
seien); Schwarz 1997, S. 118, Anm. 94 (erschließt die Quellen zur Herstellung der Glasfenster für St. Katharinen im
Stadtarchiv Braunschweig und vermutet das Vorhandensein einer größeren lokalen Glasmalereiwerkstatt, die mögli-
cherweise auch für die schriftlich überlieferte Farbverglasung des Nordseitenschiffs im Braunschweiger Dom von 1559
verantwortlich gewesen sein könnte); Wehking/Mack 2001, S. 43 (Eintrag des Bestands, Lokalisierung wie Schwarz).
Gegenwärtiger Bestand: Drei monumentale Kompositionen mit einer zentralen Kreuzigung Christi und ihren
typologischen Präfigurationen, der Errichtung der Ehernen Schlange und der Opferung Isaaks, insgesamt bestehend
aus 47 rechteckigen Scheiben, die ursprünglich in den drei mittleren Chorfenstern der Katharinenkirche saßen und
sich seit 1868 in der Sammlung des Städtischen Museums Braunschweig befinden (Fig. 76, 83, Abb. 42-44).
 
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