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Kosina, Elena; Korn, Ulf-Dietrich
Die mittelalterlichen Glasmalereien in Niedersachsen: ohne Lüneburg und die Heideklöster — Corpus vitrearum medii aevi - Deutschland, Band 7,1: Berlin: Deutscher Verlag für Kunstwissenschaft, 2017

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https://doi.org/10.11588/diglit.52867#0314
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LOCCUM • EHEMALIGES ZISTERZIENSERKLOSTER

Bibliographie: Weidemann 1822, S. 28 (überliefert eine Fensterstiftung des Grafen Johannes von Hoya im Jahre
1366); Lotz i 862, S. 385 (erwähnt »gotisches Laubwerk« aus dem frühen 14. Jahrhundertf?] in den Kreuzgangfenstern);
Hase 1864 bzw. 1867, S. 287, Taf. 76-78 (berichtet über die beim Umbau 1848 vorgefundenen Reste der Kreuzgangver-
glasung, die so zerstört waren, dass auf ihrer Grundlage lediglich die Rosetten und Zwickel der Maßwerköffnungen »in
derselben Weise wieder hergestellt werden konnten«); Mithoff, I, 1871, S. 124 (erwähnt neben einigen verlorenen Glas-
malereien als einzige »unbeschädigt gebliebene« Scheibe das Wappen des Abtes Burchard II. in einem Kapellenfenster
und die Grisaille-Verglasung des Kreuzgangs, die er aufgrund ihrer Gestaltungsart und eines »früher in einem Fenster
vorhandenen Inschrift-Bruchstücks« bald nach Entstehung des Kreuzgangs datiert); Oidtmann 1912, S. 147 (verweist
auf die Kreuzgangsverglasung in Loccum, deren Ornamentformen, »vornehmlich Rosen oder Pässe, Blattwerk auf
schraffiertem, weißem und auf blankem, farbigem Grunde«, in der Tradition zisterziensischer Grisaillefenster stehen
und »nach alten Resten« aus dem letzten Drittel des 13. Jahrhunderts ausgeführt seien); Hölscher 1913, S. 35 (verweist
auf den »Rest alter Glasmalerei«, die Scheibe mit dem Hl. Matthias in der Mandelsloh-Kapelle, die »in der Klostertra-
dition« als Gedenkbild für den 1528 mit der Axt erschlagenen Abt Burchard Stöter gilt; zur Kreuzgangverglasung wie
Mithoff 1871); Karpa 1963, S. 70 (erwähnt »farbig allzu lebhaft erneuerte« Reste der ursprünglichen Verglasung im
Maßwerk einiger Kreuzgangfenster).
Gegenwärtiger Bestand: Von der ehemaligen Farbverglasung der Klosterkirche ist lediglich eine aus ihrem ur-
sprünglichen Kontext gelöste Darstellung des Hl. Matthias erhalten, die seit 1973 in einem Leuchtkasten im Aufent-
haltsraum des Predigerseminars (Haus Molanus) ausgestellt wird (Abb. 224).
Geschichte des Baues und seiner Verglasung: Kloster Loccum wurde 1163 auf Veranlassung des Grafen
Wilbrand zu Hallermund und seiner Gemahlin Beatrix - der mutmaßlich letzten Nachfahren der Grafen von Lucca -
gegründet und mit Mönchen aus der thüringischen Zisterze Völkenrode besetzt1. In den Vierzigerjahren des 13. Jahr-
hunderts wurde hier mit dem aufwendigen Ausbau der heute noch bestehenden Klosterkirche St. Maria und Georg
begonnen, deren erste Chorweihe für 1249 überliefert ist2. Der wahrscheinlich um 1255 fertiggestellte Ostteil der
Anlage mit einem geräumigen Querhaus und je zwei Kapellen an den Ostseiten der breiten Querhausflügel zeigt noch
romanische Gewölbe- und Fensterformen sowie eine schlichte Raumaufteilung, die möglicherweise auf das Vorbild
der Abteikirche in Fontenay zurückgeht3.
Der Ablass des Mindener Bischofs zugunsten der structura der Loccumer Kirche am Georgstag 1267 belegt den
Fortgang der Arbeiten am Langhaus4. Ein weiteres, für das Jahr 1277 überliefertes Weihedatum lässt auf die Fertig-
stellung des Komplexes im Ganzen schließen5. Es handelte sich dabei um eine dreischiffige, im gebundenen System
gewölbte Pfeilerbasilika mit einem stark ausgeprägten kreuzförmigen Grundriss, einem geraden Chorschluss und
einem um den quadratischen Kreuzgang gruppierten Innenbereich des Klosters an der Südseite6. Der Westabschluss
der Klosterkirche zeigt im Gegensatz zur Schlichtheit der Ostteile eine gotische Schaufassade, geprägt durch eine von
einer Spitzbogenblende umschlossene Lanzettfenstergruppe und eine Blendrose im Giebel.
Kurz vor 1600 schloss sich der Konvent dem Augsburger Bekenntnis an und wurde in eine evangelische Ordensge-
meinschaft umgewandelt. Bereits im späten 17. Jahrhundert gründete hier Abt Molanus eine bis heute bestehende
Ausbildungsstätte für evangelische Pfarrer (Predigerseminar)7.

1 Zur Geschichte des Klosters grundlegend Steinwascher/Graefe
1994, S. 308-335, ferner Heutger 1999, S. 23-26, 348.
2 In der Ablassurkunde des Papstes Innozenz IV. wird die Kirche
ausdrücklich als außerordentlich aufwendiger Bau (apere sumptuoso
constructa) bezeichnet; UB Loccum 1858, S. 95, Nr. 130. Zur Bauge-
schichte der Klosterkirche s. ausführlich Hölscher 1913, S. 22-43,
ferner Heutger 1999, S. 65-91; zusammenfassend Steinwascher
1994, S. 336f., und Untermann 2001, S. 475 mit Anin. 153.
3 Steinwascher 1994, S. 337.

4 UB Loccum 1858, S. 192, Nr. 288; s. auch Heutger 1999, S. 65.
5 UB Loccum 1858, S. 229L, Nr. 354; Steinwascher 1994, S. 337.
Ebenda.
2 Heinrich Holze, Vom Hospiz zum Predigerseminar. Ein Streifzug
durch die Geschichte des Klosters, in: Kloster Loccum. Geschichten,
hrsg. von Horst Hirschler und Ludolf Ulrich, Hannover 2012,
S. 54-62. An dieser Stelle sei Abt Horst Hirschler für die tatkräftige
Unterstützung bei der Bestandsuntersuchung herzlich gedankt.
8 Hölscher 1913, S. 41-43; Heutger 1999, S. 214L, 245L
 
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