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Hochschule für Industrielle Formgestaltung [Hrsg.]
Designtheoretisches Kolloquium — 8.1984

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Skerl, Joachim: Tendenzen und Divergenzen in den Erscheinungsformen räumlich-gegenständlicher Kultur
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https://doi.org/10.11588/diglit.31831#0048
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Von besonderem Interesse für unsere Betrachtung ist das Kapitel
über den ästhetischen Geschmack als subjektives Kriterium der
Wertung. Nach Stolowitsch ist der ästhetische Geschmack die
"Fähigkeit, ausgehend vom Gefühl des Behagens oder Mißbehagens
(es gefällt - es gefällt nicht) wertmäßig differenzierend die
verschiedenen ästhetischen Eigenschaften wahrzunehmen". /3/

Die geschmackliche Wertung erfolge in bedeutendem Maße intuitiv
und gehe dem rationalen ästhetischen Urteil voraus. Eine weitere
wesentliche Feststellung besteht in der Subjektivität des
ästhetischen Geschmacks. /4/ Geschmack ist zwar formbar durch
Erziehung und Umwelt, bestehen bleibt jedoch "eine endlose
Vielfalt an ästhetischen Werten". /5/

"Der Kommunismus soll nicht zu einer Nivellierung des Geschmacks
führen, wie seine Gegner behaupten. Im Gegenteil, eine Ge-
sellschaft, deren Ziel die allseitige und harmonische Entwick-
lung einer jeden Persönlichkeit ist, setzt die Befriedigung der
individuellen Bedürfnisse und des individuellen Geschmacks vor-
aus." /6/

Zur gleichen Schlußfolgerung kommt Helmut Hanke in seiner
Untersuchung über Wesen und Vielfalt sozialistischer Lebens-
weise. Trotz oder gerade wegen allgemeiner typischer Züge
sozialistischer Lebensweise stellt er eine ganze Reihe diffe-
renzierter Prozesse fest, die die mannigfaltigen Erscheinungs-
formen dieser Lebensweise ausmachen. Gemeinschaftlichkeit und
Individualität seien gleichermaßen typisch für unsere Lebens-
weise. /7/

Kommen wir auf den Gegenstand der Betrachtung - das Design
der Konsumgüter - zurück, so ist die Vielfalt und Gegensätzlich-
keit der Erscheinungen kein zu überwindender Mangel, sondern
ein erstrebenswerter Zustand, um den sehr unterschiedlichen
"Appetit" des Geistes auf vielfältige Weise zu stillen. Das ist
gleiehermaßen ein kulturpolitisches und ökonomisches Erfordernis.
Eine in diesem Sinne marktorientierte Designstrategie setzt die
Anerkennung einer großen Breite von Wertbildungen und der Be-
wertung- voraus. Unterschiedliche Erscheinungen müssen auf ihre
Ursachen analysiert, ihre "Eigengesetzlichkeit" erkannt und nicht
mit moralischen Kriterien belastet werden.

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