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Hochschule für Industrielle Formgestaltung [Hrsg.]
Designtheoretisches Kolloquium — 8.1984

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Hirdina, Heinz: Streit der Werte - Funktionalismus und Politik im Frankfurt am Main der 20er Jahre
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https://doi.org/10.11588/diglit.31831#0116
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Das betrifft unter anderem die Voraussetzungen, die in den
Werkstoffen und Technologien liegen. Wenn der Gestalter, ich
beschränke mich hier auf den Formgestalter, in Zukunft keine
Möglichkeit haben sollte, in die Entscheidungen über Technolo-
gien und die Entwicklung von Werkstoffen einzugreifen, besteht
die Gefahr, daß er zunehmend weniger gestalten kann, daß er
zum Arrangeur von Werkstoffen und Halbfabrikaten wird und
schließlich zum Dekorateur. Wie Manfred Queißer gezeigt hat,
wird die Technologie immer flexibler werden. Ist der Form-
gestalter nicht dabei, wenn für diese Flexibilität die ent-
sprechend flexiblen Produkte zu entwickeln sind, wird sich
flexible Technologie in nichts weiter als schnelleren Wechsel
der Formen und nicht zu flexiblen oder variablen Produkt-
strukturen führen. Demgegenüber bleiben aber, soweit ich das
sehen kann, die Forderungen gegenüber der Industrie zumeist
bei dem Punkt stehen, daß der Formgestalter so zeitig wie
möglich in die Erzeugnisentwicklung einzubeziehen ist. Beim
Beginn der Erzeugnisentwicklung sind die wichtigsten Entschei-
dungen über die Struktur von Erzeugnissen und Sortimenten
aber schon gefallen - ein Fakt, der zumindest im Modedesign
partiell berücksichtigt wird.

Wenn hier vom Formgestalter die Rede war, dann nicht im Sinne
einer Personaiunion zwischen jenem, der FinaXprodukte entwirft
und jenem, der an Entscheidungen über die Strukturelemente
künftiger Erzeugnisse beteiiigt ist. Hier steht eher die Frage
nach der weiteren Entwicklung der Arbeitsteilung. Es reicht
zum Beispiel nicht aus zu beklagen, daß Formgestalter unentwegt
entwerfen, dafür weniger leiten und planen wollen, Es wäre
eher nach Bedingungen zu fragen, unter denen sich die Lust an
einer Kreativität entwickeln kann, die nicht mehr am Einzel-
erzeugnis ablesbar ist, sondern nur an jenen Elementen, die
als Werkstoffe, Verfahren, Farben und Oberflächen in das Produkt
eingehen - und zwar als ästhetisch determinierte Faktoren.

Schon vor fünfzig Dahren war das funktionale Gestalten nicht
nur Entwurfspraxis, nicht nur eine professionelle Angelegen-
heit von Architekten, Formgestaltern und Grafikern.

Funktionales Gestalten ist das heute noch weniger. Zwar stimmt
es gewiß, daß eine Menge neuer Designideen gebraucht wird.

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