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obachteten Architravstandspuren nicht, den Abstand der
Architravunterkante von der Gesimsvorderkante genau
und sicher zu ermitteln. Gemessen sind Abstände von
0,053 m, 0,063 m, 0,076 m, 0,092 m; vorwiegend schwanken
dieselben zwischen 0,04 m his 0,06 m, und nur in einem
vielleicht durch ungenaue oder unfertige Lagerung des
Architravs verursachten Ausnahmefall scheint die Archi-
travflucht lotrecht bündig init der Wandflucht zu liegen.
Sind so diese Spuren auch sehr ungenau und ungleich, so
beweisen sie doch ein erhebliches Vortreten der Architrav-
kante, so daß man das Maß von 1,66 m für den Antenhals
und 1,58 m für die Antenwand als zutreffend annehmen
darf. Die sich aus dem Vorsprung der Architravkante vor
der oberen Wandkante und dem Abstand der ersteren
von dem Lot des Wandfußes zusammensetzende und also
0,06 + 0,06 = 0,12 m betragende einseitige Verjiingung
der Antenwand ist gleich der Gesamtverjüngung der
Adytonwand und heweist, daß letztere nur außen ver-
jüngt und innen durchaus senkrecht war, während die
Antenwände sich jederseits um 0,12 m verjüngten.

Die dem Adyton zugekehrte Seite der Ostwand stand,
wie sich aus der weiterhin zu besprechenden Gestalt des
nordöstlichen Eckpilasters ergibt, ebenfalls vollständig
senkrecht.

Die gleiche einseitige Verjüngung von 0,12 m mußte
wegen ihrer Zugehörigkeit zu dem gleichen Säulen- und
Gebälksystem auch dieWestwand desDodekastyloshaben,
während die Wände des Zweisäulensaales, bei der ganz
anderen Gestaltung seiner Innenstützen und der ge-
schlossenen Raumform, wahrscheinlidi senkrecht waren.

Der Vorsprung des Wandarchitravs ist auffallend groß,
während andererseits die Maße der Ante und der Anten-
wand gegenüber der Architravdicke klein erscheinen.
Beides trat am Bau nicht in Erscheinung, da das starke
Wandabschlußgesims in Verbindung mit dem Anten-
kapitell den großen Architravvorsprung aufnahm und
vielleicht geradezu diesen und das Zurückweichen der
Wand mitbedingte, da man für den Anblick ein zu starkes
Überschneiden der unteren Architravfaszie durcli das Ge-
sims vermeiden wollte. Immerhin muß die Möglichkeit
angedeutet werden, daß die nicht an das Gebälk ge-
hundenen Westlisenen eine etwas andere Breite als die
Ostanten zeigten oder daß das vereinzelt festgestellte
Maß der Nordwestlisene durch eine Ungenauigkeit der
Ausführung veranlaßt ist. In einem solchen Falle könnte
man annehmen, daß die Ostanten ohen die Breite des
Arehitravs besaßen und die Antenwand denmach 1,70—2
X 0,04 = 1,62 m stark, der Architravvorsprung also mit
0,04 m dem Antenvorsprung gleich war und die einseitige
Wandverjüngung 0,06+ 0,04 = 0,10 m betrug, so daß von
der Gesamtverjüngung der Adytonwand 0,10 m auf die
Außenseite und das zu vernachlässigende Maß von 20 mm
auf die Innenseite entfielen.

In ihren Oberlagern, mit dem Oberlager des Wand-
abschlußgesimses bündig, lagen die vier Kapitelle der
beiden Ostanten und der antenartig gebildeten westlichen
Eckpfeiler. Von diesen selir merkwürdigen Kapitellen ist
das nordwestliche Eckkapitell A4 (Z 146 Tf. 8; F 248,
248 a Tf. 108; F 249 Tf. 109) bereits von O. Rayet und
A. Thomas entdeckt und in den Louvre gebracht worden.
Zu diesem sind im Inneren des Adytons, unweit der Nord-

westecke, noch mehrere Spaltstücke — Gesicht eines der
Flügelwesen, Hand, Arm und Akanthussplitter — hinzu-
gefunden worden; von dem südwestlichen Kapitell A 3
kamen einige verstümmelte Bruchstiicke außerhalb der
Südwestecke der Cella zu Tage. Das nordöstliche Anten-
kapitell A 1 ist in seiner Sturzlage aufgefunden worden
(F 26 Tf. 25) und steht jetzt bei dem Tempel auf dem
nordöstlichen Lagerplatz. Als einzige Reste des südöst-
lichen Kapitells A 2 fanden sich bei der Südostante drei
große und ein kleines Bruchstück sowie später noch zwei
Flügelfragmente. Von den zugehörigen Halsblöcken ist
der der nordwestlichen Ecke fast ganz erhalten, und von
dem der einen der beiden Ostanten — wahrscheinlich der
nördlichen — sind mehrere Bruchstiicke vorhanden.

Beobachtungen
über Verjüngun
der Wände

Antenbalsblödc
u. -kapitelle

Die Höhe der Halsblöcke ist gleich einer gewöhnlichen
Wandschicht, deren einfache Fortsetzung sie hildeten,
nämlich 0,592 m. Die Kapitellhöhe umfaßt mit 1,20 m
eine Wandschicht und die Ahschlußgesimsschicht: 0,592
+ 0,608 = 1,200 m. Der Verband mit diesen beiden
Schichten ist durch entsprechende Abtreppung der
Kapitellrückseite hergestellt.

Die Halsblöcke hahen über der - bei demjenigen des un-
geglätteten Nordwestpfeilers mit einem unteren Kanten-
schutzbossen versehenen — Halsfläche Ablauf, Plättchen
und meist sehr scharf herausgearbeiteten Perlstab mit
kurzelliptischen oder sich der Kugelforin nähernden
Perlen und scharfkantigen Scheiben (Z 246 Tf. 30; F 247
Tf. 110).

Während das zweiseitige Nordwestkapitell A 4 (F 248,
248a Tf. 108; F 249 Tf. 109) eine sehr gute Erhaltung
zeigt, ist bei dem dreiseitigen Nordostkapitell A 2 (F 250,
251 Tf. 107; F 251a Tf. 110) die Siidseite ganz und die
Ostseite bis auf wenige Reste durch die Brandwirkung
zerstört, und nur die Nordseite ist noch größtenteils er-
halten.

Die ein umgekehrtes Trapez bildenden Seitenflächen des
im Querschnitt quadratischen Kernkörpers der Kapitelle
gehen mit einem steilen Ablauf ohneeingelegtesPlättchen
in die horizontale Unterfläche des quadratischen, viber
seiner senkrechten Vorderfläche von einem Eierstah ohne
Perlschnur bekrönten Abakus über. Der sich auf allen
Seiten wiederholendeReliefschmuck bestehtineiner weih-
lichen, geflügelten, mit ärmellosem Chiton bekleideten
Halbfigur, von deren hoch, nahe unter den Brüsten
liegendem Gürtel drei wie ein Rock erscheinende große
Akanthusblätter herabhängen, liinter denenzweimächtige
Akanthusranken syminetrisch nach beiden Seiten abwärts
hervorwachsen, aus deren Kelchknospen ein reiches, auf-
strebendes Rankenwerk seinen Ursprung nimmt. Dieses
sehr frei herausgearbeitete und vlaher stark zerstörte Ge-
ranke überzog mit seinen, in mannigfaltigem Wechsel ein-
gerollten Voluten, in welche die Hände der Figur ein-
griffen, die seitlichen Teile der Kapitellflächen. An den
Ecken des Kapitellkörpers vereinigten sich die Ranken-
systeme in einer gespaltenen Palmette, deren schön
modellierte Blätter vorgewölbt an der Unterfläche des
Abalcus anlaufen. Der oberhalb der Ranken und der
Arme verbleibende Rauin wird gedeckt durch die lebendig
und bewegt modellierten, ausgebreiteten Adlerschwingen
der Figur. Auf dem Kopf der 'etzteren, deren in der
Mitte gescheitelte Haare in geringelten Strähnen iiber die
 
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