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Geschichtliche
Stellung
der Antenkapitelle

Plinthe
der aufgehenden
Adytonwand. Maße.

Ahdeckung
der Wangenbauten

Schultern herabhängen, erhebt sicheinniedrigerkalathos-
artiger Aufsatz, welcher die Yerbindung mit dem Abakus
auch hier in der Kapitellmitte herstellt.

Die Bildung der beiden erhaltenen Kapitelle ist durcliaus
gleichartig, und nur in Einzelheiten finden sich kleine
Unterschiede. So legt sich zwischen die beiden Haupt-
ranken, wo diese aus dem hängenden Blattwerk hervor-
wachsen, bei dem Nordwestkapitell A 4 eine reich ge-
formte hängende Arazeenblüte, während das Nordost-
kapitell A 2 an der gleithen Stelle ein einfaches lanzett-
förmiges Blatt zeigt; an ersterem waren die Arme der
Figur zum Teil frei vom Grunde gelöst, was zur Folge
hatte, daß sie samt den in die Ranken greifenden Händen
abgesplittert und bis auf die erwähnten Reste verloren
sind, wogegen sie bei dem anderen Kapitell reliefinäßig
am Grunde haften. Überhaupt scheint, soweit die Er-
haltung ein Urteil zuläßt, dieses etwas liärter gearheitet
zu sein als das in seinen Formen sehr lebendige und
weiche Kapitell der Nordwestecke.

Die Kapitelle erscheinen stilistisch als die größten Merk-
würdigkeiten dieses eigenartigen Bauwerkes. Es ist wohl
das erstemal, daß ein großer jonischer Bau auf die Form

des altgewohnten, frontalen jonischen Antenkapitells ver-
zichtet, an der selbst Hermogenes noch festhält. Man ist
zunächst versucht, diese Bildung, die sich in der spät-
hellenistischen und der folgenden Zeit offenbar ziem-
licher Beliebtheit erfreute, in diese, das heißt eine Epoche
zu setzen, die schon das ,korinthische‘ Antenkapitell, die
Übertragung des Säulenkapitellschemas auf den quadra-
tischen Antenpfeiler kannte. Aber gerade das Fehlen
stehender Blattreihen am unteren Kapitellteil macht es
wahrscheinlicher, daß das Gebilde vielmehr eine Yor-
bereitung auf jene Antenkapitellform als eine Ableitung
aus derselben darstellt und daß es bald nach jener Zeit
anzusetzen ist, als Hermogenes das äitere Motiv des
rankenhaltenden Flügelwesens in seinen Akanthusfries
des magnesisehen Wandabschlußgesimses einfügte. Jeden-
falls ist es nach dem Gang der Bauarbeiten am Tempel,
wie er sich init Notwendigkeit ergibt, nicht wohl möglich,
die Fertigstellung der Anten erst in augusteischer Zeit
anzunehmen, so daß eine Entstehung der Kapitelle in der
Zeit desHermogenes oder bald nach diesem, also zwischen
150 v. Chr. und 100 v. Chr. wohl das Wahrscheinlichste
sein dürfte.

4. Die Innenarchitektur des Adytons, der Zweisäulensaal und die Kehrtreppen

Das Oberlager der äußeren Wandhasisschicht, das heißt
dieTrennungsfuge zwischenHohlkehle und oberemWulst
des Basisprofils, liegt, wie schon oben gezeigt, bündig mit
dem Oberlager des Abschlußgesimses der inneren Adyton-
sockelwand (Z 147 Tf. 9—10; Z 149 Tf. 11—12; Z 150
Tf. 13; Z 152 Tf. 14). Auf letzteres folgt hier eine durch-
laufende Plinthenschicht von 0,445 m his 0,449 m Höhe,
deren Vorderkante um ein kleines Maß — das des Gesims-
halsvorsprunges — von 11 mm vor die reine Flucht der
Sockelwand vortritt (Z 170 Tf. 18). Diese Plinthe umzieht
den ganzen Adytonraum an der Süd-, West- und Nord-
seite, ohne die Vorsprünge der Treppenwangenbauten
mitzumachen, und an der Ostseite oberhalb der Frei-
treppe, wo sie nur von den Schwellen der drei Tiiren
unterbrochen wird, so daß die mit ihr gleich liohen und
gleich weit ausladenden Plinthen der zwischen den Tiiren
stehenden beiden Halbsäulen eigentlich ebenfalls ab-
geschnittene Stücke derselben darstellen. Die lichte Länge
zwischen diesen Plinthen in ost-westlicher Riehtung be-
trägt 53,94 m, die Breite 22,331 m. Während das erstere
Maß einer Länge von 185 Fuß, bis auf eine Ungenauigkeit
von 12 mm, entspricht - 185 X 0,2915 = 53,9275 m —, er-
gibt die Breite kein rundes Fußmaß — 76,5X0,2915
= 22,29 975 m.

Die ungleich breiten Blöcke dieser Schicht sind nur ober-
lialb der Treppenwangenbauten geglättet, sonst tragen sie
durchweg über einem glatten unteren Saum den Werkzoll
mit Markenbossen sowie Kantenschutzstreifen an den
Stoßfugen des ersteren (F 252 Tf. 56).

Über dem nördlichen Treppenwangenbau zeigt sich an
der Vorderfläche der Plinthe eine durchlaufende leichte
Anathyrosis mit schwacher horizontaler, etwa 0,28 m über
der Unterkante gelegener Anschlußspur (F 253 Tf. 56).

DieseSpur ist derAnschluß einer plinthenartigen Platten-
abdeckung, welche sich über die Kassettenplatten und
Deckblöcke des Wangenbaues erstreckte. Dieser Wangen-
bau hat auf seiner Oberfläche eine eigentümliche und
sorgfältige Vorkehrung zur Fugendichtung, die darin be-
steht, daß im Oberlager jede Fuge zu einer horizontalen,
flachen, etwa 51 mm hreiten und einige Millimeter tiefen
Rinne verbreitert ist, die offenbar dazu diente, einen
Bleiverguß aufzunehmen, durch welchen die darunter-
liegenden Fugen der Decke und des Gewölbes gegen jedes
Eindringen von Tagewasser gesichert waren, wie dies bei
derDecke der Korenhalle in Athen durch Einlegen solcher
Bleirinnen in die Fläche der Stoßfugen erreicht war.
Dieseschwierigere Anordnung war hier nicht erforderlich,
da die üher der Kassettenschicht noch folgendePlinthe die
Bleivergüsse wieder vollständig verdeckte. Außer diesen
Bleirinnen und einer sorgfältigen Verklammerung aller
Fugen zeigen dieOherlager derKassetten und Deckblöcke
ein vollständiges System von Dübellöchern und Stemm-
löchern, die erkennen lassen, daß die Plinthe aus einer
größeren Anzahl von Platten bestand (Z 145 Tf. 6—'7;Z 254
Tf. 29). Aus einer von der mit Kantenschutz versehenen
Gesimskante etwa 0,145 m zurückliegenden Lagerspur
geht hervor, daß die südliche und westliche Fläche
derPlinthe uni ein solchesMaß gegen jene einwärts lagen.
Ob diese Plinthe Bildwerke trug oder tragen sollte, kann
natürlich nur vermutet werden, da sich keine Blöcke der-
selhen gefunden liaben. Merkwiirdigerweise ist die Ab-
deckung des südlichen Wangenbaues (Z 255 Tf. 29) ganz
anders behandelt. Hier fehlen nicht nur die Rinnen für
den Bleiverguß, sondern es sind aueh keine Dübel- und
Stemmlöcher vorhanden, dafiir hat sich auf der Ober-
fläche der größere Rest einer dünnen, groben, rötlichen
Mörtelschicht erhalten, woraus hervorgeht, daß diese

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