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Krollmann, Christian; Ebhardt, Bodo; Dilich, Wilhelm [Hrsg.]; Michaelis, Carl [Hrsg.]
Rheinische Burgen nach Handzeichnungen Dilichs: (1607) — Berlin: Franz Ebhardt & Co., 1900

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https://doi.org/10.11588/diglit.52954#0020
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Fernere
Schicksale
Dilichs.

Anstellung
beim
Festungsbau.

Neue
Konflikte und
Verfolgung.

zu haben. Während ein
erste defension zu setzen“,
liegen lassen. Er wurde
ins Gefängnis geschleppt,

Wenn von nun an aus den Akten auch keine weiteren Nachrichten sich ergeben, die
auf die Geschichte unseres Sammelbandes unmittelbaren Bezug haben, so wollen wir hier doch
gleich die ferneren Schicksale Dilichs im Zusammenhänge kurz verfolgen. Im Februar 1619
steckte man den Unglücklichen mal wieder in’s Gefängnis, angeblich weil man ihn als Bürgen
für seinen Sohn, der sich eines Excesses schuldig gemacht hatte, festhalten müsse, in Wirklich-
keit, wie mir scheint, weil der Landgraf fürchtete, dass Dilich unter dem Vorwande einer
Reise in Sachen des Cornburgischen Streites um das Amt Auburg das Land heimlich ver-
lassen wolle. Wann der Inhaftierte wieder freigelassen wurde, geht aus den Akten nicht
hervor.
In Zeiten grosser Not, als 1622 der Einbruch Tillys drohte, sah sich der Landgraf
aufs neue gedrängt, Dilichs Dienste in Anspruch zu nehmen. Er stellte ihn als Landmesser
bei den Befestigungsbauten in Marburg und Wanfried an. Doch was nach allem Vorher-
gegangenen vorauszusehen war, geschah, der Argwohn des Landgrafen ruhte nicht, und die
neue Anstellung Dilichs schlug nur zu neuem Unheil für ihn aus. In Wanfried wurde Dilich
sehr bald beschuldigt, sich in Abwesenheit des Baudirektors grössere Befugnisse angemasst zu
haben, als ihm zuständen, und die fürstlichen Befehle missachtet
grosses Aufgebot von Menschen erfolgt sei, um das „Werk in die
habe er nur ein oder zwei Bollwerke aufgeführt, die anderen aber
vor eine Untersuchungskommission gestellt, verhaftet, in Eschwege
worin er verbleiben sollte, bis er eine Strafe von 1000 Thalern, wozu ihn der Landgraf ver-
urteilte, bezahlt habe. Vergebens wurde er vorstellig, dass es ihm völlig unmöglich sei, eine
solche Summe aufzubringen, vergebens bat er um Ermässigung derselben und um Haftent-
lassung gegen Kaution, da sein Gesundheitszustand ein sehr bedenklicher wurde. Der Land-
graf meinte: „Es ist lauter Halsstarrigkeit mit diesem Buben, und je mehr wir ihm guts thun,
je weniger er mit Gutthuunge uns zu recompensiren gedenket, und mag er Geld schaffen oder,
bis er solches geschafft, alldahin er verordnet, sitzen bleiben.“ Unter diesen Umständen
blieben natürlich auch die Bittgesuche Dilichs an die Landgräfin und andere Mitglieder der
fürstlichen Familie erfolglos. Im August 1622 liess der Landgraf sogar ein Inventar seines
Besitzes aufnehmen und ihm mit dem Verkauf desselben drohen. Da stellte es sich nun

heraus, dass das Haus in Kassel der Schwiegermutter Dilichs gehörte, sonst nur noch geringer,
stark belasteter Grundbesitz vorhanden war und ein fast ärmlich zu nennender Flausrat, äusser
der stattlichen Bibliothek, in die Dilich, nach Aussage seiner Frau, sein ganzes väterliches
Vermögen gesteckt. Unter diesen Büchern befanden sich auch eine Reihe von Manuskripten
selbstverfasster Schriften. Diese, „worauf er alle seine Wohlfahrt und Patrimonium gewendet“,
herausgeben zu können und aus dem Erlöse den Landgrafen zu befriedigen, war die letzte
Hoffnung des Autors, er bat, ihn zu diesem Zwecke freizulassen. Wiederum vergeblich.
Schliesslich, im Sommer 1623, nachdem der Unglückliche schon über ein Jahr, zuletzt in
Kassel, im Kerker geschmachtet, machte seine treue Gattin, die mit acht Kindern zu Hause
sass, noch einen Versuch, indem sie sich erbot, das von ihrer „alten abgelebten Mutter“ zu
erwartende Erbe zu Pfand zu setzen. Auch dieses treugemeinte Bittgesuch war vergeblich,
scheint im Gegenteil den Zorn des Landgrafen erregt zu haben, so dass er durch seine Voll-
zugsbeamten dem Gefangenen mit Drohungen und Drängen aufs neue zusetzen liess. Doch
endlich schlug trotz alledem die Stunde der Befreiung, der Landgraf selber musste vor den
Scharen Tillys flüchten, und wahrscheinlich unter Mitwissen des Erbprinzen Wilhelm, der als
Statthalter in Kassel zurückgeblieben war, fand Dilich Gelegenheit, sein Gefängnis und mit
Dilich entflieht \Yeib und Kind die Heimat zu verlassen. Mit offenen Armen wurde er in Kursachsen auf-
' genommen und fand dort eine glänzende Stellung.
Grade dieser Umstand wurmte den Landgrafen Moritz, der nach seiner Rückkehr,

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