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Die zweite Abtheilung „Bildnerei" bringt mehr noch im dritten als im vierten
Bande bisher unbekannte, oder doch wenigstens nnedirte Denkmale, insbesondere ans
der Abtei St. Emeran zu Regensburg. Das Relief mit dem „Tode der Maria",
kompositionell und stilistisch sehr interessant, würde uns entschieden noch in's 14. Jahr-
hundert weisen, wenn nicht die Inschrift als Entstehungszeit das Jahr 1449 angäbe,
so daß der Urheber von dem damals in Niederdeutschland bereits herrschenden größeren
Realismus noch unberührt geblieben war. Diesen Urheber vermuthet Förster in
dem 1460 gestorbenen Meister Haus, dem Schöpfer der Bildnereien am Haupt-
portale des dortigen Domes. Viel schöner ist der dann folgende Grabstein der Königin
Uta, Gemahlin des Königs Arnulf; der schönste aber ist der der Prinzessin Aurelia,
Tochter Hugo Capet's, aus dem Jahre 1335, eine Gestalt von lieblichem Ausdruck,
hoher Anmnth in Haltung und Bewegung und trefflichem Verständuiß der Körper-
modellirung und der Gewandung. Diesen Werken aus St. Emeran hat der Verfasser
auf zwei Tafeln den 1540 gestifteten Altar der Aebtissin Wandula von Schanmberg
im Obermünster zu Regensburg hinzugefllgt, an welchem besonders die Reliefgestalt
der Stifterin ein ungemein liebliches Bild klösterlicher Frömmigkeit gewährt. Knnst-
geschichtlich bedeutender, auch theilweise schon bekannter, sind die mitgetheilten Bildne-
reien vom Bamberger Dom, nämlich die Reliefs vom Georgenchor (3 Tafeln) und
die Statuen des Kaisers Heinrich, seiner Gemahlin Kunigunde und des h. Stephanus
vom südlichen-Portale der Ostseite, die bekanntlich die auffallendste stilistische Aehn-
lichkeit mit den Statuen des Naumburger Domes haben.

Außer dem Sebaldusgrabe, das auf seinen acht Tafeln den Hauptbestandtheil der
Bildnereien des vierten Bandes aüsmacht, enthält dieser daS hier zniu ersten Male
abgebildete Relief romanischen Stils- über dem Neuthor in Trier, zwei Tafeln mit
Reliefs von der Broncethür in Hildesheim und eine Tasel mit dem bisher noch ziemlich
unbekannten Denksteine auf der Fürstengruft in der Frauenkirche zu München, dem der
Verfasser eine treffende Erklärung beigegeben hat.

Endlich die dritte Abtheilung „Malerei", vertreten im dritten Bande durch 13,
im vierten Bande durch 11 Tafeln (unter letzteren zwei in Farbendruck). Es sind

1) „der Baum des Lebens und des Todes" von Bert hold Furtmeyr mit einer
recht ausführlichen Beschreibung der Bilder in dem fünfbändigen Missale der Hof-
bibliothek zu München, aus dem diese Darstellung entnommen. Es ist derselbe Künstler,
auf dessen „Weltchronik" in der Wallerstein'schen Bibliothek zu Mähringeu unser Ver-
fasser bereits in seiner Kunstgeschichte (Bd. II, S. 254) ausführlich hingewiesen hatte;

2) eine Zeichnung aus einer Handschrift, im Besitz des Fürsten von Wolfegg-Waldsee
in Würtemberg; 3—11) auf 9 Tafeln das berühmte Altarwerk der Brüder von Eyck;
12) der bekannte „Tod Mariä" in München (Pinakothek, Kab. 69, 70, 71) von dem
ehemals sogenannten Psendo-Schoreel; 13) eine Zeichnung „die Israeliten in Babylon"
von dem trefflichen, allzu früh verstorbenen Schüler Cornelius', Adam Eberlc,
im Besitz des Fräulein Linder in München; 14—16) das große Triptychon von dem
älteren Rogier van der Weyde, mit der „Anbetung der Könige" im Mittelbilde,
der „Verkündigung" und der „Darstellung im Tempel" auf den Flügeln, befindlich in
der Pinakothek (Kab. 35, 36, 37), mit einem in die Eigenthümlichkcit des Meisters
sehr eingehenden Texte; 17) der Verduner Altar im Kloster Neuburg bei Wien;
18—20) das bekannte Dombild des Meister Stephan in Köln, das der Verfasser
auch hier wieder auf Grund der kaum als Jahreszahl geltenden Inschrift am Werke
selbst in's Jahr 1410 setzt; wahrscheinlich etwas zu früh, aber jedenfalls richtiger als
Waagen's Annahme 1442, die sich mit der lateinischen Inschrift am Sockel gar nicht
verträgt; 21 u. 22) zwei treffliche, bisher unbekannte GlaSgemälde aus der Kirche zu
Jnnkofen, unweit Landshut, die der Mitte des 15. Jahrhunderts angehören; 23 u. 24)
die beiden bekannten Gestalten der „Sage" und der „Geschichte" von Kaulbach, im
neuen Museum zu Berlin, mit einem Texte, der in der Kürze den ganzen Cyclus der
weltgeschichtlichen Darstelluugeu behandelt.

Ein Totalüberblick über den Inhalt der bisherigen vier Bände, des ersten Drittels
vom Ganzen, sagt uns, daß schon viel, sehr viel von deutscher Kunst darin gegeben
ist, aber ein Blick in den ganzen Reichthum unserer Denkmäler sagt uns auch, daß es
für die noch folgenden zwei Drittel des Werkes, d'eren Darstellung und Beschreibung
wir noch zu erwarten berechtigt sind, wahrlich nicht fehlt; in der Architektur, so scheint
es uns, vorzugsweise noch ans dem Mittelalter, in der Bildnerei und Malerei nock-
gar viel Herrliches aus der Neuzeit.

Die königliche Burg Karlstein in Böhmen. Eine monographische
Skizze von Ferd. B. Mikowec. Mit einer Ansicht der Burg Karlstein.
(Wien und Olmütz, Ed. Holzel.) 1858. 44 S. 3.

* Es ist sehr dankenswerth, daß wir endlich einmal über diese kunsthistorisch wichtige,
von nicht vielen Forschern besuchte, dem größeren deutschen Publikum noch ziemlich
unbekannte Burg eine gründliche Monographie erhalten, die, wenn wir nicht irren,
auch einen Theil des „malerisch-historischen Albums vom Königreich Böhmen" bildet.
Die Schrift behandelt freilich ihren Gegenstand mehr historisch und beschreibend als
künstlerisch selbstständig benrtheilcnd; es reicht aber zunächst hin, daß wir mit den
dortigen Räumlichkeiten und ihren darin befindlichen Kunstschätzen, namentlich mit den
Werken der alten Prager Malerschnle des Th eodorich (Mitte des 14. Jahrhunderts)
bekannt gemacht werden. Die genaueren, knnstgeschichtlichen Untersuchungen über ihn
und seine Schule, insbesondere auch über die Brüder Nikolaus und Kunz Wurmser,
werden, hierdurch angeregt, sicher schon folgen. Der Text zerfällt in zwei Theile, von
denen der erstere historische», der zweite beschreibenden Inhalts ist. Der letztere ist es,
welcher uns auch die künstlerisch wichtigen Theile der Burg, nämlich die Kollegialkirche
der heiligen Maria, mit ihrer prachtvoll ausgeschmückten Kapelle der heiligen Katharina
und die im mittelsten der fünf Geschosse des hohen Thurmes gelegene heilige Kreuz-

kirche vorführt. Diese, entschieden der künstlerisch interessanteste Theil des ganzen Ge-
bäudekomplexes, enthält die oft besprochenen Wandgemälde und die große Reihe Tem-
pera bemalter Tafeln von der Hand des Theodorich von Prag, Mer welche unser
Verfasser fast nur die Urtheile derjenigen neueren Kunstforscher anführt, welche früher
den Karlstein besucht haben.

Die mittelalterlichen Baudenkmäler Niedersachsens. Herausgege-

ben von dem Architekten- und Ingenieur-Verein für das Königreich
Hannover. 3. Heft. (Hannover, Carl Rumpler.) 1858. Hoch 4. Mit

8 lithographirten Tafeln.

% Auch im Norden unseres Vaterlandes schreitet also die Erforschung und Publi-
kation der mittelalterlichen Kunstdenkmäler wenn auch langsam, doch sicher vorwärts.
Von den Lieferungen dieses bereits früher von uns angezeigten Werkes liegt die dritte,
abermals nach einem einjährigen Zwischenraum erschienene, vor uns. Da sie wiederum
nur noch Ronianisches bringt, so möchten wir fast daraus schließen, daß sich die Her-
ausgeber auch noch fernerhin an diese Periode halten und die Denkmäler der Gothik
erst dann folgen lassen werden, wenn jene erschöpft ist, was freilich in dieser Weise
noch mehrere Jahre dauern würde. Den Inhalt bilden dieses Mal die Klosterkirchen
zu Bursfelde (mit 2 Tafeln), Wilhelmshausen (mit 1 Tafel, beide mit Text vom Ar-
chitekten W. Stock in München), Bassum (1 Tafel, mit Text vom Architekten W. Lüer
in Hannover) und Hamersleben (4 Tafeln, mit Text von C. W. Hase in Hannover),
nebst Nachrichten über das nur noch in wenigen Resten vorhandene Kloster Hilwarts-
hausen bei Münden.

Das uns schon früher bekannte Bursfelde, eine Benediktinerkirche, ist eine aus
dem Ende des 11. Jahrhunderts herrührende, später vielfach umgestaltete Basilika, deren
Mittelschiff, wie in vielen niedersächsischen Kirchen am Harz, durch je zwei zwischen
zwei Pfeilern stehende Säulen von den Seitenschiffen geschieden wird. Ihre Haupt-
eigenthümlichkeit besteht in der Choranlage, die fast ebenso lang wie das Langhaus ist
und von ihren Seitenschiffen jederseits durch eine Brüstungsmaner getrennt wird, auf
der sich als niedrige Arkadenträger Säulen und Pfeiler abwechselnd erheben. Weniger
interessant ist die dann folgende Kirche des ehemaligen Cistercienserklosters Wahlshausen
(jetzt Wilhelmshauseu) au der Fulda, eine Stunde von Münden, als flachgedcckte Ba-
silika mit einfachen! Wechsel von Pfeiler und Säulen; wichtiger wiederum die spät-
romanische Backsteinkirche zu Bassum, die dem Orden der Benediktinerinneu augehorte,
ein aus drei quadratischen Jochen bestehendes Mittelschiff, denen sich jederseits die
doppelte Zahl von Jochen der Seitenschiffe anschließt, die, etwa 2/a der Breite des
Mittelschiffs, nur um Weniges niedriger sind als dieses. Das weit vorspringende
Querschiff umfaßt drei Quadrate, der Chor eins mit runder Apsis. Auf der Vierung
ein starker quadratischer Thurm, und ehemals im Westen zwei quadratische Thürme
von der Breite der Seitenschiffe. Sämmtliche Räume spitzbogig gewölbt. Weit das
wichtigste, durch architektonischen und plastische» Schmuck interessanteste Bauwerk iu
diesem Heft ist die merkwürdiger Weise fast gleichzeitig iu Quast's und Otte's
„Zeitschrift für christliche Archäologie und Kunst" (Band II, Heft 2) publicirte Kirche
des Augustinerklosters zu Hamersleben, über die bereits Kestner im „Hannoveri-
schen Magazin" (1850) und nach ihm Schnaase in seiner „Kunstgeschichte" (Bd. IV,
Abth. 2) berichtet hatten, eine der im Norden Deutschlands bekanntlich nur spärlich
vorhandenen Säulenbasilikcn, gegründet 1112, aber wohl gegen die Mitte, zum Theil
gar gegen das Ende des Jahrhunderts vollendet; ausgezeichnet durch edle Verhältnisse,
zierliche, üppig reiche, wenn auch flüchtig ausgeführte Bildung der Ornamente und
durch jene Chorschranken mit bemalten Stuckreliefs, wie wir sie aus der Liebfrauen-
kirche in Halberstadt und der Michaelskirche zu Hildesheim kennen. Hier ist leider nur
noch die östliche Hälfte der Nordwand mit drei Apostelfigureu davon erhalten. Was
ihre Entstehungszeit anlangt, so müssen wir der Meinung von Quast's beistimmen,
daß sie, natürlich jünger als die Halberstädter, älter als die Hildesheimer sind, während
unser Herausgeber sie für die jüngsten unter diesen drei Arbeiten hält.

Die Entwicklung -er kirchlichen Baukunst -es Mittelalters.

Zwei Vorlesungen, im evangelischen Verein zu Berlin gehalten von
F. v. Quast. Berlin, Ernst u. Korn. 1858. 8.

H.Wie der um die Erkenntniß der mittelalterlichen Baukunst so hochverdiente Herr
von Quast bereits früher seinen Vortrag über die Form der ältesten christlichen
Kirchen dem Druck übergeben, so erschienen auch hier seine zwei letzten im evangeli-
schen Verein zu Berlin gehaltenen. Sie sind als eine Folge des ersteren anznsehen,
denn sie behandeln zunächst die Entwickelung der Basilikenform im Abendlands und
zwar natürlich zunächst in Italien, daun aber vorzugsweise ausführlicher iu Deutsch-
land, und zeigen den bedeutenden Einfluß, welchen die Klöster auf die Fortbildung
dieses Baustils ausgeübt haben. In gründlichster, belehrendster Weise geht der Ver-
fasser, stets dem geschichtlichen Faden folgend, iu die einzelnen Bautheile, ihre Be-
stimmung und Ausschmückung, sowie in die Formen der Details ein.

Den Hauptinhalt der zweiten dieser beiden Vorlesungen bildet die Entwickelung
des Romanismus in Frankreich, sein dortiger Uebergang zur Gothik und die charakte-
ristischen Foriuen, unter welchen dort die Frühgothik auftritt, von der Abtei St. Denis
an durch eine große Reihe von Erscheinungen hindurch bis zur Kathedrale von Amiens
und der alle bisherigen Eigenthümlichkeiten zusammenfasseuden Krone der Gothik, dem
Dome zu Köln. Das Einzige, was wir gewünscht hätten, ist größere Ausführlichkeit
in der Darlegung des Uebergangsstiles, dieser spezifisch deutschen Erscheinung; und
was wir für die Zukunft wünschen, ist, daß der Verfasser iu einer noch folgenden
Vorlesung den weiteren Fortgang der Gothik und ihren Niedergang uns in ähnlicher
Weise vorführen möge.
 
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