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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 13.1868

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https://doi.org/10.11588/diglit.13560#0084
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unsere ausführliche Würdigung des Gesammtunternehmens in Nr. 10 und 11,
sowie in Nr. 38 des vorigen Jahrgangs verweisen, worin wir die allgemeine
Bedeutung desselben in künstlerischer wie in ethnographischer Beziehung zu
charakterisiren versucht, können wir uns hier auf eine Besprechung der vor-
liegenden beiden Lieferungen beschränken. Sie enthalten jede 4 Blätter, wo-
von die der neunten Lieferung die so malerischen und von unfern Genre-
mialern so vielfach benutzten Trachten des Großherzogthums Hessen und
Chnrhessen, die der zehnten die zwar mehr barocken aber nicht minder ori-
ginellen Trachten Altenburgs, sowie eine aus Rheinpreußen (Wetzlar) zur
Darstellung bringen. Der begleitende Text lehnt sich auf's Engste an den
Inhalt der Blätter an.

Wir benutzen hiebei die Gelegenheit, um in Betreff der Behandlung des
Textes überhaupt eine Bemerkung zu machen. Wenn man die reizenden
Blätter selbst der Reihe nach betrachtet und die durch die malerische Mannig-
faltigkeit der Trachten so anziehenden Bildscenen vor dem Auge vorübergleiten
läßt, so ist man unwillkürlich geneigt, in dem beschreibenden Texte eine ähn-
liche, poetische Darstellungsweise zu vermuthen, und daher überrascht, zu fin-
den, daß derselbe sich fast durchgängig auf eine einfache, nüchterne Dctailbe-
schreibung des Kostüms und dessen specifische Unterschiede beschränkt. So
ausfallend dies manchem Leser und besonders mancher Leserin erscheinen mag,
so finden wir doch in dieser puren Sachgemäßheit der Beschreibungen gerade
den schlagendsten Beweis dafür, daß es Herrn Kretschmer vor allen Din-
gen bei seinem Werke uni den objektiven Stoff selbst und dessen möglichst
korrekte Behandlung zu thun gewesen. Deshalb hat er offenbar, die wohl-
feile Berechnung auf den mehr oder weniger sentimentalen Geschmack des
großen Publikums verschmähend, der Versuchung widerstanden, den Text
poetisch zu färben, d. h. ihn mit jenem trügerischen Gewände von „Dichtung
und Wahrheit" zu umkleiden, der wohl für die Befriedigung einer augenblicklichen
poetischen Regung einen relativen Werth haben mag, dem Werke selbst aber
seinen ernsthaften, rein sachlichen Charakter entzogen haben würde. Es liegt
also in dieser scheinbaren Kürze und Trockenheit, mit der die Kostümdetails
streng ethnographisch geschildert werden, eine um so anerkennenswerthere Ent-
sagung, als sie gerade dem Künstler nicht leicht geworden sein mag.

Ohnehin bieten die figürlichen Darstellungen für diesen sehr lobenS-
werthen Mangel an schönrednerischer Weitschweifigkeit durch die echt künst-
lerische Auffassung und die überall — soweit es der Hauptzweck, nämlich
das Verständniß des Kostüms irgend zuließ — bildmäßige Verwerthnng der
Figuren einen mehr als hinreichenden Ersatz. Man betrachte die vier Mäd-
chen- und Frauenfiguren vor dem Hause im Amte Biedenkopf im Groß-
herzogthum Hessen: wie natürlich und unbefangen unterhalten sie sich, wah-
rend der Alte von der Hansthür her zuschaut und die zwei älteren Frauen
unter dem Vorbau in eifrigem Gespräch begriffen sind. Welche prächtige
Figur ist die junge Churhessin aus dem Marburgischen auf dem zweiten
Blatt! . . . Auch der Brautzug aus dem Altenkurgischen (Blatt 1 der 10ten
Lieferung), hat trotz mancher Sonderbarkeiten des Kostüms viel Malerisches.
Während die untere Hälfte des weiblichen Kostüms die derben Formen in
fast naturwüchsiger Ursprünglichkeit erkennen läßt, scheint sich aller Putz und
Schmuck nach Oben um Brust, Hals und Kopf hinaufzudrängen, so daß
hier von Formen, init Ausnahme des Gesichts, nichts zu sehen ist. Die
männliche Tracht (s. 1. und 2. Blatt) ist theils ernster, ja feierlicher, theils
überhaupt passender; namentlich machen die in den Stiefelschäften sich ver-
bergenden weiten schwarzen Hosen, die kurze Jacke und das mützenartige
Hütchen einen recht hübschen Eindruck. In der Kopfbedeckung hat die Wetz«
lar'sche Landtracht Aehnlichkeit mit der hessischen, im klebrigen ist sie einfacher
und, durch die etwas größere Länge der Röcke, unserni modernen Geschmack
zusagender.

Doch man sehe selbst und erfreue sich an diesen neuesten Ergebnissen
der fleißigen Forschung des Herrn Kretschmer, da eine auch noch so genaue
Beschreibung der reizenden Bilder nur eine schwache Vorstellung davon zu
geben vermag. Was schließlich die technische Ausführung in Farbendruck be-
trifft, so ist sie sowohl in den kostümlichen wie in den landschaftlichen Partien
mit großer Geschicklichkeit behandelt, nur im Inkarnat kommen hin und wieder
einige stumpfe Töne vor, welche durch eine diskretere Verwendung des Roth
leicht vermieden werden können. Im Ganzen aber schließen sich diese beiden
Lieferungen den früheren auf würdige Weise an, und es steht zu hoffen, daß
nunmehr das Gesammtwerk bald vollendet vor uns liegen werde. Sr.

Briefkasten.

Hrn. ^Korrespondenten in St. Petersburg. Wir bitten
dringend um die versprochene Fortsetzung, da wir die Korrespondenz nicht
gern unterbrechen möchten. Die Red.

Hrn. St., in P. Jetzt möchten wir fast Ihrer Ansicht beistimmen
und bedauern, auf Ihren Vorschlag vom December vor. I. nicht eingegan-
gen zu sein. Jndeß, wer konnte wohl ahnen, daß über jene Leute das
Kotterieinteresse eine solche Macht besäße, um sie Alles Andere — von Ueber-
zeugung wollen wir gar nicht reden — selbst Anständigkeit des Tons und
die allergewöhnlichste Loyalität außer Augen setzen zu lassen. Zwar die
kleinen Kläffer sind kaum des Fußtritts werth, der sie zum Schweigen bringen

würde; und was die großen betrifft, so werden wahrscheinlich in nicht langer
Zeit die Ereignisse selbst es übernehmen, ihren wahren Charakter zu kenn-
zeichnen. Im klebrigen ersuchen wir Sie, uns das Versprochene zu senden
wir werden prüfen, ob die Beläge völlig unzweifelhaft und klar sind;
denn nur dann werden wir im Interesse der Wahrheit und Ehrlichkeit
davon Gebrauch machen können. Es ist durchaus nicht erforderlich, daß Sie
mit Ihrem Namen dafür s»,treten; wenn es aber Ihr Wunsch ist, so haben
wir unsrerseits gewiß nichts dagegen. Die Red.

Hrn. s?s Korrespondenten in Düsseldorf. Sie vergessen uns
doch nicht? Die Red.

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von Wilhelm v. Kaulbach

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;t 3 Thlr., Grösse II. (Album-Format) ä
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Kaulbach. Mutterliebe. Facsi-
mile k 5 Thlr., Grösse I. k 3 Thlr.,
Grösse II. (Album-Format) ä 1 Thlr.,
Visit ä 10 Sgr.

Kaulbach, das Mährchen vom
Zwergkönig Worzel und dem Rat-
tenkönig Fitzliratzi. 3 Blätter mit
Text. Album-Format. 3 Thlr. 15 Sgr.,
Visit 1 Thlr. [423]

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Dr. Joh. Christi). Gustav Lucae,

Professor der Anatomie.

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„Aesa bei Nizza". — Rodde (Danzig) i. „Westphälisches Dorf"; 2. „Nach Sonnenunter-
gang". — L. Bösch er (München) „Ungarische Pusta". — F. Schlesinger (München)
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