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verfuhr er ganz und gar als Autodidakt und legte dabei eine
wahrhaft rührende Pietät für die Natur an den Tag. Neben
den landschaftlichen Studien, welche ihren Gegenstand mit photo-
graphischer Treue behandeln, laufen fortwährend Gefechte Zwischen
Tscherkessen und Russen her, meist mit der Feder oder mit sehr-
hartem Bleistift gezeichnet, welche zur größten Bestimmtheit in
der Form zwingen und gerade darum angehenden Künstlern nicht
genug empfohlen werden können.
Um diese Zeit trat Horschelt als Schüler des Professors
Herm. Anschütz ein, der ihn wie alle seine Schüler mit großer
Strenge auf die Zeichnung hinwies, wofür ihm Horschelt allzeit
Dank wußte. Inzwischen wurde jede freie Zeit zu Ausflügen
in das nahe Gebirge benutzt und brachte der Herbst regelmäßig
einen längeren Aufenthalt dortselbst. So kam Horschelt noth-
wendig in näheren Verkehr mit dem Jagdpersonale, dem er sich
auf der Gemsjagd anschloß. Dieser Vorliebe für die gleichmäßig
durch Muth und Gewandtheit bedingte Jagdart verdankt auch
Horschelt's erstes Oelbild „Der Wildschütze" (1850) seine Ent-
stehung, welches der münchener Kunstverein erwarb. Zum land-
schaftlichen Theil hatte Julius Lange seine hilfreiche Hand ge-
boten und derselbe Künstler war es auch, der Horschelt bei seinen
landschaftlichen Studien mit Rath und That zur Seite stand,
während dieser hinwiederum manches Bild des älteren Freundes
mit Menschen und Thieren stafsirte. Die freundliche Aufnahme,
welche Horschelt's Jagdstücke im Publikum fanden, einerseits und
seine so lebhaft ausgesprochene persönliche Vorliebe für die Jagd
andrerseits veranlaßten ihn, mehrere Jahre lang vorwiegend Jagd-
bilder zu malen. Nebenher liefen indeß gleichwohl Schlachten-
bilder aus dem Kaukasus und Scenen ans dem Orient, wozu
Stiche und Lithographien nach Horace Bern et und seinen
Schülern Anknüpfungspunkte gaben. Im Jahre 1853 gab sein
nachmaliger Schwiegervater Charles Bon er sein bekanntes treff-
liches Werk „Chamois Hunting in the Mountains of Bavaria“
heraus, zu welchem Horschelt eine Anzahl schön komponirter, theils
in Steinzeichnnng, theils in Holzschnitt ausgeführter Illustrationen
lieferte.
Das Jahr 1855 war vom Schicksal bestimmt, in Horschelt's
Leben ein bedeutender Wendepunkt in Leben und Kunst zu wer-
den. Unter den zahlreichen Fremden, welche das bayerische Ober-
land zu besuchen pflegten, gehörte in jener Zeit auch F. W.
Hackländer, welcher rasch einer der beliebtesten Schriftsteller
geworden. Horschelt hatte in Schliersee schon früher seine Be-
kanntschaft gemacht und bald waren die beiden Männer ver-
trauter und schließlich Freunde geworden. Hackländer's bekannte
Reiselust trieb ihn wieder aus Deutschland, diesmals galt die
Fahrt „fern im Süd' dem schönen Spanien" und ward im
Herbst 1853 angetreten. Marseille war zum Stelldichein be-
stimmt; dort sollten sich Hackländer, Horschelt und Baumeister-
Leins von Stuttgart treffen. Hackländer, der Erste an Ort
und Stelle, erhielt daselbst einen Brief seines Freundes, „des
langen Malers", er sei von München über Stuttgart gereis't,
um dort Leins mitzunehmen. Von Marseille fuhren die Freunde
über Barcellona und den Montserrat nach Valencia, wo sie das
Christfest feierten, um von hier ihre Reise nach Madrid fort-
zusetzen, und zwar, da keine Pferde zu haben waren, auf Maul-
thieren. Nach einiger Rast ging die Reise weiter über Aranjuez
und Toledo nach der Sierra Morena, in welcher unsre Reisen-
den das Vergnügen genossen, von der löblichen Polizei für Räuber-
gehalten zu werden, weil dieselbe sich gar nicht denken konnte,
warum ordentliche Leute allein in der verrufenen Gegend herum-
ziehen sollten. Dann ging es über Jaen nach Granada, von
dem der Spanier sagt: „A quien Dios lo quiso bien, en
Granada le diö de conier“, d. h. „Wen Gott lieb hat, dem
giebt er sein Brod in Granada". —- Die nächste Station war
Sevilla. Von hier fuhr die Gesellschaft den Guadalquivir hinab
nach Cadix, um von dort aus das berühmte Schlachtfeld von
Xeres de la Frontera zu besuchen und auf einem kleinen
Schraubendampfer eine ziemlich unerquickliche Fahrt durch die
Säulen des Herkules nach Gibraltar zu machen.
Hackländer und Leins begleiteten Horschelt, der nach Algier
wollte, um dort und im angrenzenden Lande und in der Wüste
Studien zu machen, noch nach Oran hinüber, wo Horschelt sich
von den Geführten trennte, um den Weg über Miliana und
Medeja nach Algier einzuschlagen.
Da that sich ihm denn eine ganz neue Welt auf. Was
ihn umgab, Himmel und Erde, Pflanzen, Thiere und Menschen
traten ihm in ganz ungewohnter, eigenartiger Erscheinung ent-
gegen. Noch in Oran hatte Alles einen entschieden französischen
Charakter an sich getragen, die Straßen waren gut gepflastert
oder makadamisirt gewesen, und er hatte neben zahlreichen fran-
zösischen Militair nur den europäischen Paletot und den un-
malerischen Cylinderhut gesehen. Nur selten hatte er in der
untern Stadt einen Mauren oder Beduinen zu Gesicht bekom-
men. Die hübschen Häuser waren im Jahre 1830 von den
Franzosen neu und gleichförmig aufgebaut worden und enthielten
französische Moden- und andre Magazine. Nur im Juden- und
Maurenviertel war ihm der Orient lebhafter entgegengetreten.
Das Alles ward mit einem Schlage anders, als er Oran hinter
sich gelassen und sich mehr nach dem Inneren des Landes wendete;
nur das französische Militair erinnerte noch daran, daß euro-
päische Kultur auch bis hierher ihren Arm ausgestreckt.
In Algier angekommen, übergab Horschelt ein Empfehlungs-
Schreiben des Grafen, nachmaligen Herzogs Sascher de la Pa-
gerie, an den Gouverneur Randome. Der Zweck des Schrei-
bens war neben dem allgemeinen, den Ueberbringer unter den
Schutz des Gouverneurs zu stellen, noch der besondere, zu er-
möglichen, daß Horschelt an einer Expedition gegen einen der
ungehorsamen Stämme im Inneren des Landes Theil nehmen
dürfe. Trotz der hohen Stellung des Empfehlenden gelang es
Horschelt nicht, sein Ziel zu erreichen. Während seines zwei-
monatlichen Aufenthalts in Algier und später in Constantine
ging zwar eine von Mac Mahon, dem nachmaligen Herzog von
Magenta und Gefangenen von Metz, befehligte Expedition nach
dem Süden ab, man hielt die Sache aber auch Horschelt gegen-
über so geheim, daß er erst nach Abmarsch der Truppen hier-
von Kenntniß erlangte. (Schluß folgt.)
verfuhr er ganz und gar als Autodidakt und legte dabei eine
wahrhaft rührende Pietät für die Natur an den Tag. Neben
den landschaftlichen Studien, welche ihren Gegenstand mit photo-
graphischer Treue behandeln, laufen fortwährend Gefechte Zwischen
Tscherkessen und Russen her, meist mit der Feder oder mit sehr-
hartem Bleistift gezeichnet, welche zur größten Bestimmtheit in
der Form zwingen und gerade darum angehenden Künstlern nicht
genug empfohlen werden können.
Um diese Zeit trat Horschelt als Schüler des Professors
Herm. Anschütz ein, der ihn wie alle seine Schüler mit großer
Strenge auf die Zeichnung hinwies, wofür ihm Horschelt allzeit
Dank wußte. Inzwischen wurde jede freie Zeit zu Ausflügen
in das nahe Gebirge benutzt und brachte der Herbst regelmäßig
einen längeren Aufenthalt dortselbst. So kam Horschelt noth-
wendig in näheren Verkehr mit dem Jagdpersonale, dem er sich
auf der Gemsjagd anschloß. Dieser Vorliebe für die gleichmäßig
durch Muth und Gewandtheit bedingte Jagdart verdankt auch
Horschelt's erstes Oelbild „Der Wildschütze" (1850) seine Ent-
stehung, welches der münchener Kunstverein erwarb. Zum land-
schaftlichen Theil hatte Julius Lange seine hilfreiche Hand ge-
boten und derselbe Künstler war es auch, der Horschelt bei seinen
landschaftlichen Studien mit Rath und That zur Seite stand,
während dieser hinwiederum manches Bild des älteren Freundes
mit Menschen und Thieren stafsirte. Die freundliche Aufnahme,
welche Horschelt's Jagdstücke im Publikum fanden, einerseits und
seine so lebhaft ausgesprochene persönliche Vorliebe für die Jagd
andrerseits veranlaßten ihn, mehrere Jahre lang vorwiegend Jagd-
bilder zu malen. Nebenher liefen indeß gleichwohl Schlachten-
bilder aus dem Kaukasus und Scenen ans dem Orient, wozu
Stiche und Lithographien nach Horace Bern et und seinen
Schülern Anknüpfungspunkte gaben. Im Jahre 1853 gab sein
nachmaliger Schwiegervater Charles Bon er sein bekanntes treff-
liches Werk „Chamois Hunting in the Mountains of Bavaria“
heraus, zu welchem Horschelt eine Anzahl schön komponirter, theils
in Steinzeichnnng, theils in Holzschnitt ausgeführter Illustrationen
lieferte.
Das Jahr 1855 war vom Schicksal bestimmt, in Horschelt's
Leben ein bedeutender Wendepunkt in Leben und Kunst zu wer-
den. Unter den zahlreichen Fremden, welche das bayerische Ober-
land zu besuchen pflegten, gehörte in jener Zeit auch F. W.
Hackländer, welcher rasch einer der beliebtesten Schriftsteller
geworden. Horschelt hatte in Schliersee schon früher seine Be-
kanntschaft gemacht und bald waren die beiden Männer ver-
trauter und schließlich Freunde geworden. Hackländer's bekannte
Reiselust trieb ihn wieder aus Deutschland, diesmals galt die
Fahrt „fern im Süd' dem schönen Spanien" und ward im
Herbst 1853 angetreten. Marseille war zum Stelldichein be-
stimmt; dort sollten sich Hackländer, Horschelt und Baumeister-
Leins von Stuttgart treffen. Hackländer, der Erste an Ort
und Stelle, erhielt daselbst einen Brief seines Freundes, „des
langen Malers", er sei von München über Stuttgart gereis't,
um dort Leins mitzunehmen. Von Marseille fuhren die Freunde
über Barcellona und den Montserrat nach Valencia, wo sie das
Christfest feierten, um von hier ihre Reise nach Madrid fort-
zusetzen, und zwar, da keine Pferde zu haben waren, auf Maul-
thieren. Nach einiger Rast ging die Reise weiter über Aranjuez
und Toledo nach der Sierra Morena, in welcher unsre Reisen-
den das Vergnügen genossen, von der löblichen Polizei für Räuber-
gehalten zu werden, weil dieselbe sich gar nicht denken konnte,
warum ordentliche Leute allein in der verrufenen Gegend herum-
ziehen sollten. Dann ging es über Jaen nach Granada, von
dem der Spanier sagt: „A quien Dios lo quiso bien, en
Granada le diö de conier“, d. h. „Wen Gott lieb hat, dem
giebt er sein Brod in Granada". —- Die nächste Station war
Sevilla. Von hier fuhr die Gesellschaft den Guadalquivir hinab
nach Cadix, um von dort aus das berühmte Schlachtfeld von
Xeres de la Frontera zu besuchen und auf einem kleinen
Schraubendampfer eine ziemlich unerquickliche Fahrt durch die
Säulen des Herkules nach Gibraltar zu machen.
Hackländer und Leins begleiteten Horschelt, der nach Algier
wollte, um dort und im angrenzenden Lande und in der Wüste
Studien zu machen, noch nach Oran hinüber, wo Horschelt sich
von den Geführten trennte, um den Weg über Miliana und
Medeja nach Algier einzuschlagen.
Da that sich ihm denn eine ganz neue Welt auf. Was
ihn umgab, Himmel und Erde, Pflanzen, Thiere und Menschen
traten ihm in ganz ungewohnter, eigenartiger Erscheinung ent-
gegen. Noch in Oran hatte Alles einen entschieden französischen
Charakter an sich getragen, die Straßen waren gut gepflastert
oder makadamisirt gewesen, und er hatte neben zahlreichen fran-
zösischen Militair nur den europäischen Paletot und den un-
malerischen Cylinderhut gesehen. Nur selten hatte er in der
untern Stadt einen Mauren oder Beduinen zu Gesicht bekom-
men. Die hübschen Häuser waren im Jahre 1830 von den
Franzosen neu und gleichförmig aufgebaut worden und enthielten
französische Moden- und andre Magazine. Nur im Juden- und
Maurenviertel war ihm der Orient lebhafter entgegengetreten.
Das Alles ward mit einem Schlage anders, als er Oran hinter
sich gelassen und sich mehr nach dem Inneren des Landes wendete;
nur das französische Militair erinnerte noch daran, daß euro-
päische Kultur auch bis hierher ihren Arm ausgestreckt.
In Algier angekommen, übergab Horschelt ein Empfehlungs-
Schreiben des Grafen, nachmaligen Herzogs Sascher de la Pa-
gerie, an den Gouverneur Randome. Der Zweck des Schrei-
bens war neben dem allgemeinen, den Ueberbringer unter den
Schutz des Gouverneurs zu stellen, noch der besondere, zu er-
möglichen, daß Horschelt an einer Expedition gegen einen der
ungehorsamen Stämme im Inneren des Landes Theil nehmen
dürfe. Trotz der hohen Stellung des Empfehlenden gelang es
Horschelt nicht, sein Ziel zu erreichen. Während seines zwei-
monatlichen Aufenthalts in Algier und später in Constantine
ging zwar eine von Mac Mahon, dem nachmaligen Herzog von
Magenta und Gefangenen von Metz, befehligte Expedition nach
dem Süden ab, man hielt die Sache aber auch Horschelt gegen-
über so geheim, daß er erst nach Abmarsch der Truppen hier-
von Kenntniß erlangte. (Schluß folgt.)