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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 16.1871

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https://doi.org/10.11588/diglit.13554#0199

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dem Projekt eines auf dem Belleallianceplatz zu errichtenden
Triumphthors.

Wir erwähnten vorhin der alten Römer. In der That
ist immer auf sie zurückzugehen, wenn von derartigen Denk-
mälern die Rede ist. Das alte Rom ist das verkörperte Prin-
cip der Welteroberung in der Antike; daher fand Alles, was
auf „Sieg" und „Triumph" Bezug hat, dort seinen vollkommen-
sten und mannigfaltigsten Ausdruck, auch hinsichtlich der künst-
lerischen Darstellung. Am meisten haben die Franzosen — wie
sie in ihren Revolutionen das antike Römerthum bis auf die
Einbürgerung der alten Namen herab kopirten —• sich damit
zu thun gemacht, ihre Gloire durch Nachbildung antik-römischer
Formen aufzuputzen. Bei dem, mit Ausnahme der gemeinsamen
Liederlichkeit, sonst völlig entgegengesetzten Nationalcharakter der
Franzosen und Römer war es freilich unmöglich zu vermeiden,
daß jene Nachbildung nicht lediglich zu einem antikisirenden Zopf-
thum führte, welches bereits der alten David'schen Schule sein
unverkennbares Gepräge aufdrückte, ja schon in den Tragödien
des Racine und Corneille einherstelzte. Dieses französirte Römer-
thum im Perrückenstyl oder im Stehkragen hat sich —■ mit Aus-
nahme Frankreichs selbst — überall gründlich lächerlich gemacht;
denn es verhält sich zu dem echten Römerthum wie der Affe
zum Menschen.

Die gestürzte „Bendömesäule" — um zu unserm Thema
zurückzukehren — findet so ihre Vorbilder in den Säulen des
Trajan und Marc Aurel, der „Arc de Triomphe" in dem Titus-
bogeu, welcher sich zwischen dem Tempel der Venus und dem
Kolosseum in der Nähe der via saera des alten Rom erhebt.
—• Was die genannten Säulen betrifft, denen also das „Sieges-
denkmal auf dem Königsplatz" entspräche, so wollen wir hier
nicht näher darauf eiugehen, sondern verspüren uns dies bis zu
der Besprechung dieses merkwürdigen Kunstwerks. Der römische
Triumphbogen dagegen gewährt für die uns zunächst vorliegende
Frage schon deshalb ein belehrendes Interesse, weil seine ganze
Struktur und Oruamentatiou in völlig naturgemäßer und darum
organischer Weise aus dem Geiste und der eigenthümlichen Welt-
stelluug des alten Römerthums sich entwickelte. Der altrömische
Triumphbogen ist nicht nur „Ehrenpforte" überhaupt, sondern
wesentlich die monumentale Verewigung derjenigen, beim Triumph-
zuge wirklich errichteten Ehrenpforte, durch welche der siegreich
heimkehrende Feldherr nach glücklich beendetem Einzuge eiuzog.
Es ist daher ganz gebräuchlich, daß dieser Triumphzug durch
die Ehrenpforte, welche also gleichsam provisorisch errichtet wurde,
um dem praktischen Zweck des Triumphs zu dienen, in den Re-
liefs des Triumphbogens selbst dargestellt wurde. Wenn mithin
in den kunstgeschichtlichen Werken die Sache so aufgefaßt wird,
als ob der Triumphator so lange habe warten müssen mit seinem
Triumph, bis der Triumphbogen fertiggestellt war,") so ist dies
eine wunderliche Verkennung des wirklichen Verhältnisses. Viel-
mehr war es eine besondere Ehrenbezeigung für den Sieger,

*) Auch Guhl und Koner scheinen in ihrem verdienstlichen Werke
„Leben der Griechen und Römer" II. S. 127 die Sache irrthümlich so auf-
zufaffen, denn es heißt daselbst: „Der Triumphzug rief den Triumphbogen
hervor, durch welchen die festliche Pompa des Soldatcnzuges hindurchging...
So stellen die Reliefs dieser Denkmäler nicht selten Scenen des Zuges, den
sie hindurchlassen sollten, in voller Anschaulichkeit dar, und am Bogen des

wenn ihm nicht nur der Zug durch die Ehrenpforte, sondern
auch die monumentale Verewigung dieses Zuges durch Errichtung
des Triumphbogens bewilligt wurde.

Machen wir nun eine Anwendung von dieser Seite auf
unsere bevorstehende Siegesfeier, so würde es sich also zunächst
darum handeln, dem einziehenden siegreichen Heer eine Ehren-
pforte zu errichten. Wenn auch nur provisorisch — wie ja die
kolossale „Borussia" bei dem Siegesfeste von 1866 ebenfalls
nur aus Leinwand und Gyps bestand — hat die Errichtung
einer solchen Ehrenpforte durch den nicht zu unterschätzenden Vor-
theil für den später zu errichtenden monumentalen Triumphbogen
(der ja ohnehin nicht fertig werden könnte), daß man hinsichtlich
der lokalen Disposition überhaupt sowie hinsichtlich der dimensio-
nalen Verhältnisse sogleich eine Probe für die Wirkung hat,
welche dem später auszusührendeu Triumphbogen zu Gute kommt.
Unser Vorschlag geht also dahin, daß sogleich ein mit der antik-
römischen Kunst vertrauter Architekt beauftragt würde, den Plan
zu einer solchen provisorischen Ehrenpforte zu entwerfen und, so-
bald derselbe acceptirt ist, zur Ausführung zu bringen. Da,
wie verlautet, die Einzugsfeierlichkeiten bereits am 16. d. M.
stattsinden werden, so ist allerdings keine Zeit damit zu verlieren.
Dieser „Triumphbogen", dessen lokale Stellung unten näher er-
läutert wird, am Anfang, und eine kolossale „Germania" am
Endpunkt der via triumphalis, nämlich auf den Lustgartenplatz,
dürfte — wenn die Siegesstraße selbst nur durch Flaggenmaste,
die in der Höhe von etwa 10 Fuß mit kriegerischen Trophäen
und Emblemen geschmückt würde — völlig genügen, um eine
würdige Einrahmung des Zuges herzustellen. Alles Andere wäre,
um so zu sagen, dekorative Phrase.

Was den provisorischen „Triumphbogen" betrifft, so würde
ohne Zweifel dadurch dem Einzuge selbst eine ungleich höhere
Feierlichkeit und — was hauptsächlich in Betracht kommt —
dem projektirten massiven Triumphbogen, dessen Errichtung noch
Jahre in Anspruch nehmen würde, eine höhere Wahrheit ver-
liehen werden, da er eben daun nichts Anderes bedeutet, als
dies, die Ehrenpforte, welche wirklich dem Zwecke des Sieges-
einzugs gedient hat, monumental zu verewigen.

Wenn wir nun noch einige Worte über die Form solches
Monuments hiuzufügen, so geschieht dies nicht, um vorgreifend
einen bestimmten Vorschlag zu machen, da uns hierzu nicht nur
die Intentionen des kaiserlichen Triumphators selbst, sondern
auch die bestimmte Stelle, an welcher der Bogen errichtet wer-
den soll, bekannt sein müßten. Zwar, was den Platz betrifft,
so dürfte es nicht voreilig sein, daran zu erinnern, daß, nachdem
das Halle'sche Thor gefallen und so die Aussicht nach der Belle-
Alliance-Straße freigelegt ist, der Bogen am passendsten zwar
auf dem an diese Straße anstoßenden Platze, in der Achse der
Friedrichstraße, jedoch so weit nach der Bellealliancestraße zurück
errichtet würde, daß auch die Achse der letzteren Straße auf das
Thor trifft, also genau an dem Punkte, wo die Achsen der beiden

Titus ist ein Relief erhalten, welches dieses Denkmal selbst darstellt, das es
zu zieren bestimmt ist." — Aber dieser letzte Umstand giebt gerade einen Be-
lag für unsere Ansicht, daß der Triumphbogen nur die monnmentale Ber-
ewigung der wirklichen (provisorischen) Ehrenpforte war, so daß jenes Relief
am Titusbogen nicht diesen, sondern offenbar jene provisorische Ehrenpforte
darstellen sollte.
 
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