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Eggers, Friedrich [Hrsg.]
Deutsches Kunstblatt <Stuttgart>: Zeitschrift für bildende Kunst, Baukunst und Kunsthandwerk ; Organ der deutschen Kunstvereine &. &. — 3.1852

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https://doi.org/10.11588/diglit.1196#0163
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Dmtfdjes

Zeitung

für bildende Kunst und Baukunst.

unter Mitwirkung von

üunftblatt

Organ

der deutschen Kunstvereine.

Kugler in Berlin — Passavant in Frankfurt — Waagen in Berlin — Wiegmann in Düsseldorf — Schnaase
in Berlin — Förster in München — Eitelberger v. Edelberg in Wien

herausgegeben von 3>r. F. Eggers in Berlin.

JS 18.

Sonnabend, den 1. Mai.

1852.

üeber Reinigung und Restanration älterer Kupferstiche').

IL

Eine Warnungsstimine.

Jnter den Kunstwerken, die aus der Vorzeit auf uns ge-
kommen , sind es vorzüglich die Werke des Grabstichels und
der Radirnadel, welche, bei der Empfänglichkeit ihres mate-
riellen Hauptbestandteiles, des Papiers, für äussere Einwir-
kungen, durch die Art und Weise ihrer Aufbewahrung und ih-
res Gebrauchs, so wie durch Zufälligkeiten gelitten haben, und
es ist daher nur als eine Ausnahme von der Regel zu betrach-
ten, wenn Einzelne von ihnen mehrere Jahrhunderte lang
nachtheiligen Einflüssen dergestalt entgangen sind, dass sie in
ihrem unveränderten, ursprünglichen Zustande zu uns gelangten.
Dies berücksichtigend, waren daher die Kunstfreunde älterer
Zeit auch in Beziehung auf diese Gattung von Kunstprodukten
anspruchsloser iii ihren Forderungen und begnügten sich gern
mit befleckten oder aufgezogenen Exemplaren für ihre Samm-
lungen, wenn nur die Blätter inneren Kunstwerth besassen und
durch jene Abnormitäten das Versländniss des Dargestellten
nicht behindert war.

Seit der Zeit jedoch, dass die sonst nur Belehrung und
Vergnügen bezweckende Liebhaberei des Kupferstichsammeins
bei Vielen zugleich ein Ziel der Eitelkeit geworden, ist die
möglichst vortreffliche Erhaltung der Gegenstände ein Haupt-
beweggrund ihrer Neigung und ein durch Kunstwerth und Sel-
tenheit gleich ausgezeichnetes Blatt wird von ihnen mit Gering-
schätzung betrachtet, wenn dasselbe ein unbedeutendes Fleck-
chen oder keinen breiten Papierränd hat.

Dieser unkünstlerische Geist vieler Sammler hat nun aber
theils sie selbst, theils Andere bewogen, dasjenige, was die
Zeit ihren Lieblingen rauble, auf künstliche Weise wiederum her-
beizuführen und durch Reinigen, Bleichen, Ansetzen von Rän-
dern u. dgl. ihnen die Jugendfrisehe scheinbar wiederzugeben.
- Wenn nun zwar durch dergleichen Unternehmungen der
innere Werth eines Kunstwerks hier in Rede stehender Art nicht
erhöht wird, so kann doch nicht geleugnet werden, dass durch
eine gute Erhaltung desselben dem Beschauer dessen Genuss
noch erfreulicher wird, und man würde die obigen Bestrebungen

1) Unter der Ilauptbenennung „ Kupfersticlie" sind hier alle Werke der
Graphik, mithin auch ttadirungeii, geschabte Blätter, Holzschnitte u. s. w.
verstanden.
III. Jahrgang.

mit Dank anerkennen müssen, wenn dieselben mit der erfor-
derlichen Kenntniss, Umsicht und Geduld ausgeführt würden.—
Dem ist jedoch nicht immer so: denn seitdem die Wissenschaft
der Chemie ein Gemeingut geworden und ihre Grundsätze in
den Schulen gelehrt werden, weiss Jedermann, dass Chlor und
Säuren Stock- und andere Flecken vertilgen, dass die Alkalien
das Oel in eine im Wasser auflösliche Seife verwandeln und
dass das Sonnenlicht vergelbte Kupferstiche, wie Leinwand,
weiss bleicht; so wie, dass, da Leim und Kleister in heissem
Wasser auf löslich sind, es nur des Eintauchens in dasselbe
bedarf, um einen aufgezogenen Kupferslich von seiner Unterlage
zu sondern.

Mit diesen Kenntnissen ausgerüstet, ohne Besorgnisse über
den Erfolg und mit ungeduldiger Hoffnung, ihre Blätter recht
bald hergestellt zu sehen, versuchen daher die Liebhaber die
ihnen so leicht erscheinende Reinigung und Restauration ihrer
Kupferstiche, und ohne Gewissensbisse betreiben Buchbinder,
Glaser und herumziehende Kunsthändler dies Geschäft gewerbs-
mässig für geringen Lohn. — Auf diese Weise werden tau-
sende von werthvollen, oft sehr seltenen Blättern entweder so-
fort vernichtet, ihres Werthes beraubt oder es wird ihnen der
Keim ihrer in nächster Zeit unausbleiblichen Zerstörung mit-
gegeben.

Unter diesen Destructionen steht die Behandlung mit Chlor-
Präparaten und ätzenden Säuren oben ah, deren leichte
Anwendung und schnelle Wirkung sie besonders in Gunst ge-
bracht hat. Im Vertrauen auf die Lehren, dass eine verdünnte
Säure geringen Einfluss auf die Textur des Papiers habe, so
wie dass durch Aussüssen im Wasser der Chlor, wie jede an-
dere Säure, entfernt und deren Einwirkung vollständig besei-
tigt werden kann, vergessen die Experimentirenden, dass bei
der Anwendung verdünnter Säuren eine längere Einwirkung der-
selben zur Erreichung des Zweckes nothwendig, und dass die
Entfernung des Chlors etc. durch Wasserbäder nur erst dann
geschehen kann, wenn dessen Thätigkeit den Zweck erreicht
hat, also dessen nachtheilige Einwirkung auf das Papier in
gleichem Maasse vorgeschritten ist, und dass daher durch das
Aussüssen zwar der weiteren Wirksamkeit des Chlors Einhalt
gethan, jedoch nicht die Ergebnisse seiner früheren Thätigkeit
aufgehoben oder rückgängig gemacht werden. — Man betrachte
nur ein Stückchen Papier, welches von einem sorgfältig mit
Chlor behandelten und vollkommen ausgesüsslen Blatte abge-
rissen worden und ein dergleichen Stückchen nicht chlorirten

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