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Eggers, Friedrich [Hrsg.]
Deutsches Kunstblatt <Stuttgart>: Zeitschrift für bildende Kunst, Baukunst und Kunsthandwerk ; Organ der deutschen Kunstvereine &. &. — 3.1852

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https://doi.org/10.11588/diglit.1196#0164
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150

Papiers durch ein starkes Vergrösserungsglas, so wird man
finden, dass im Bisse des letzteren sich die Textur des Papiers
in tausenden der feinsten Spitzen und Härchen zeigt, dass diese
dagegen bei dem ersteren theils gänzlich fort, theils ihrer
Spitzen beraubt und völlig abgestumpft sind, so dass bei die-
sem die Verbindung der Textur-Partikel unter einander bedeu-
tend weniger fest, als bei dem ersteren sein kann1). Dass
aber durch das sorgfältigste Aussüssen der mit Chlor oder Säu-
ren behandelten Blätter die fortdauernde, wenn auch sehr ge-
ringe Wirksamkeit dieser Mittel nicht gänzlich gehemmt wird,
beweist der Umstand, dass dergleichen Exemplare stets geneigt
sind, Feuchtigkeit aus der Luft anzuziehen und daher beim An-
greifen niemals das Gefühl eines vollkommen trockenen Papiers
gewähren.

Einen eben so nachtheiligen Einfluss äussern die ätzenden
Säuren und namentlich die Chlor-Präparate auf die Schönheit,
Frische und Haltbarkeit des Drucks der Kupferstiche, indem
dieselben den zur Bereitung des in der Druckfarbe enthaltenen
Firnisses angewandten Bleizucker auflösen und dadurch die
Farbe locker, zerreiblich und schmierend machen, so wie bei
starker Concentration und längerer Einwirkung selbst dieselbe
auflösen und fortführen.

Ein sehr häufig vorkommender und sogleich nach dem Trock-
nen des Blattes wahrzunehmender Nachtheil bei der Anwendung
von Chlor-Präparaten ist ferner der weissgraue Niederschlag
der in denselben enthaltenen Kalktheile, der sich, gleich einem
Duft, auf die Farbe des gereinigten Kupferstichs legt und sich
mit derselben so fest vereinigt, dass selbst die Anwendung an-
derer Säuren — als Auflösungsmittel des Kalks — solchen nur
selten zu beseitigen im Stande ist.

Die Anwendung der Alkalien zur Fortschaffung von Oel-
und Fettflecken ist eben so bedenklich und mit denselben de-
strucliven Folgen verbunden, deren hinsichtlich des Chlors vor-
stehend Erwähnung geschehen, selbst wenn ihre Wirksamkeit
auf unbedruckte Stellen des Papiers stattfindet. Befinden sich
aber dergleichen Flecke an einer Stelle im Drucke, so wirken
die Alkalien gleichzeitig und mit derselben Thätigkeit, womit
sie auf die Flecke operiren, auch auf die Druckfarbe, indem
sie in beiden das Oel auflösen und als Seife im Wasser fort-
führen. — Noch verderblicher als Jene aber wirkt, in beiden
Beziehungen, die Aetzlauge (Seifensieder-Lauge).

Obgleich das Bleichen älterer Kupferstiche durch Einwir-
kung der Sonnenstrahlen auf die genässten Blätter als ein
weniger schädliches Mittel zur Beseitigung leichter Flecken und
des gelben oder braunen Tons derselben betrachtet werden
muss, so ist doch auch dies Verfahren, wenn es nicht mit gros-
ser Mässigung und Vorsicht angewendet wird, nicht gänzlich
ohne Nachtheile für die Schönheit des Drucks, indem die Strahlen
der heissen Mittagssonne, besonders wenn das Blatt nicht stets
hinreichend feucht erhalten wird, auf die Schwärze der Farbe
ungünstig einwirken, dieselbe russig und grau machen und —
eben so wie der Chlor— dem Papier eine blendende, den ur-
sprünglichen Grundton desselben übersteigende Weisse geben,
durch welche dem Schmelz und der Wärme der Farbe des Ku-
pferstichs bedeutender Abbruch gethan wird.

Es bleibt mir jetzt nur noch übrig von einem Verfahren
zu sprechen, welches zur Beseitigung von Wasserflecken, Ent-
färbung vergelbtcr und Ablösung aufgezogener Blätter von ih-
ren Unterlagen angewendet und als das unschädlichste Mittel
auf der Welt angesehen wird. Es ist das heisse Wasser. —

1) Einen überzeugenden Beweis hiervon geben die geringere Haltbar-
keit der mit Säuren gebleichten Leinen- und Baumwollenzeuge, so wie das
mit Chlor gehleichte Papier der Neuzeit.

Aber auch dieses ist für. die weitere Erhaltung der Kupferstiche
nicht so unschädlich, als man voraussetzt; indem es nicht allein
den in den älteren Kupferblättern vorhandenen Leim dem Pa-
pier, sondern auch der Druckfarbe einen Theil ihres Oels ent-
zieht'), ausserdem aber noch die Textur des Papiers derge-
stalt durchdringt, dass die nothwendige Manipulation der Blätter
eine sehr schwierige Aufgabe wird. Es gelingt daher bei der
Anwendung von heissem Wasser auch selten den Liebhabern,
aufgezogene Kupferstiche ohne Beschädigung des Papiers von
ihren Unterlagen abzulösen, und sehr oft gehen werthvolle
Blätter auf diese Weise verloren. — Zu denselben Zwecken,
statt des heissen, kaltes Wasser anwenden, ist eine viel siche-
rere und unschädlichere Procedur, nur erfordert sie eine län-
gere Zeit, was freilich der Ungeduld Vieler nicht entsprechen
mag. Das kalte Wasser entzieht dem Papier auch nicht die zu
seiner Erhaltung so nöthigen Leimtheile; denn, wenn gleich es
dieselben auflöst, werden selbige doch nicht fortgeschwemmt,
sondern bleiben in Form von Gallerte im Papier und treten,
nachdem letzteres trocken geworden, wiederum in ihre volle
bindende Kraft.

Durch die vorstehenden Bemerkungen will ich jedoch kei-
nesweges gänzlich absprechen, dass nicht mehrere der bespro-
chenen Mittel in einzelnen Fällen und Umständen, von erfahrenen
und vorsichtigen Personen, mit gutem Erfolg und ohne Nachtheil
für die zu reinigenden oder wiederherzustellenden Gegenstände
angewendet werden können, und wir haben in Deutschland meh-
rere Männer, die in diesem Fache Vorzügliches, ja beinahe Un-
glaubliches leisten, wie z. B. Hr. v. Hermann in München, der
zur Freude der Kupferstichsammler sich jetzt wieder seiner früher
aufgegebenen Lieblingsbeschäftigung, dem Restaariren, mit Eifer
und glänzendem Erfolge widmet. — Nur die Trauer über eine
grosse Menge vortrefflicher und seltener Blätter, welche durch
unüberlegte Reinigung und Restauration ihre Vernichtung ge-
funden, oder mit dem ihnen dadurch eingeimpften Keim des To-
des in den Sammlungen der Liebhaber ihrem Untergange ent-
gegengehen, hat mich zu obigem Aufsatze veranlasst, um die
Kunstfreunde sowohl auf die Bedenklichkeit ihrer eigenen Ver-
suche in dem beregten schwierigen Fache aufmerksam zu ma-
chen, als auch besonders um sie davor zu warnen, dass sie
nicht handwerksmässigen Arbeitern ihre wcrthvollen und oft
unersetzlichen Kunstschätze zum Reinigen und Reslauriren an-
vertrauen. __________ a. F. jLiHck.

Künstler und Werkstätten.

I. BTräcdrScSa Drahe,

Zwischen der staubigen Charlottenburger Chaussee und dem
breiten, schaltigen Weg nach Schloss Bellevue, welche beide
Strassen den Thiergarten bei Berlin durchschneiden.', liegt mitten
unter hochragenden Tannen und starkästigen Eichbäumen, von
einem Garten umgeben, ein einfaches Haus, dem es Niemand
ansieht, dass es die Wohnung von Göttern, Königen und Hel-
den ist — die Werkstatt Drake's. Es ist aus gelben Back-
steinen erbaut und zeigt uns in der Balkenstolkyig des Fach-
werks und der flachen Form des überstehenden Daches eine
leise Hinneigung zum Collage-Sly\. „Ich muss nur ein Stück-
chen Relief da draussen anbringen" — sagte uns einmal der
Künstler — „sonst merken die Leute, die zu mir wollen, nicht,
dass sie hier schon zur Stelle sind!" Wer aber einmal dicht
an das grosse Thor treten will und die Handschrift Kaulbach's

1) Mir sind aus eigner Erfahrung Fälle belcannt, wo bei altitalienischen
Kupferstichen durch beisses Wasser die Druckfarbe dergestalt fortgeschwemmt
wurde, dass kaum eine Spur davon auf dem Papier zurückhliebl
 
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