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Eggers, Friedrich [Hrsg.]
Deutsches Kunstblatt <Stuttgart>: Zeitschrift für bildende Kunst, Baukunst und Kunsthandwerk ; Organ der deutschen Kunstvereine &. &. — 3.1852

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https://doi.org/10.11588/diglit.1196#0209
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Zeitung

für bildende Kunst und Baukunst.

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Organ

der deutschen Kunstvereine.

Unter Mitwirkung von

Kugler in Berlin

jW 23.

Passavant in Frankfurt — "Waagen jn Berlin — Wiegmann in Düsseldorf — Schnaase
in Berlin — Förster in München — Eitelberger v. Edelberg in Wien

herausgegeben von Dr. P. Eggers in Berlin.

Sonnabend, den 5. Juni.

1852.

Eine silberne Schale in getriebener Arbeit von Adolf
Hanssmann.

Öeit einigen Tagen steht neben meinem Schreibtische ein
ausgezeichnetes Kunstwerk, das ein günstiges Schicksal zu mir
geführt hat, auf der Durchreise, so zu sagen, zu seinem zu-
künftigen noch unbekannten, vielmehr unbestimmten Besitzer.
Ein neu aufgestelltes Kunstwerk in der Nähe pflegt wohl, wie
es auf einige Zeit vorzugsweise unsere Aufmerksamkeit und
unser Auge auf sich zieht und beschäftigt, so auch auf unsere
Stimmung einzuwirken und uns in den Geist seiner Zeit oder
seines Urhebers zu versetzen. Mir war dieser Tage ganz phan-
tastisch und benvenutisch zu Muthe; denn das Werk, das mich
erfreut, ist eine in Silber getriebene Schale von dem oben
genannten jungen Künstler und von so vortrefflicher Arbeit,
dass man den berühmten Florentiner keine Unehre anthut, wenn
man von ihm und von dem Berliner Meister in einem Athem redet.
Das Werk hat eine magische' Anziehungskraft. Einmal:
auf welchen Figuren der überreichen Darstellung auch das Auge
ruhe, immer tritt Einem eine energische künstlerische Potenz
entgegen, man hat das Gefühl von der Wirkung einer origi-
nalen, unmittelbaren Aeusserung des Kunstgeistes, wie sie z. B.
Federzeichnungen und Thonmodelle gewähren, es ist ein Ge-
nuss, zu sehen, wie das stolze Metall auch in seiner festen
Gestalt sich gehorsam zum Spiegelbilde des Genies umformen
muss. selbst wenn dieses sich zu seinen Werkzeugen nur den
Hammer und das Ciselireisen wählte, zu sehen, wie es jeden
Schlag, jeden Strich unmittelbar und gültig selbst geführt hat.
Zum andern aber lockt der Zauberkreis der Darstellungen
neben der Bewunderung für die Schönheit und Charakteristik
der Gestallen zu der Auslegung ihrer Bedeutung, die vielfachen
Anspielungen beschäftigen die Einbildungskraft und regen sie
zu einer heitern Thätigkeit an. Das Dekoralionsfeld und die
Arabeske sind die eigentlichen Spielplätze der Phantasie. Sie
sind ihre Märchenwelt, in der es bunt und toll, sinnig und
innig, tiefsinnig und herzinnig, holdselig und fürchterlich, mit
einem Wort, in der es fabelhaft und wunderbar hergeht. Oft
nimmt das Märchen eine recht ernslhaft didaktische Maske vor,
noch öfter aber thut es nach Meister Goethe's Rain, es springt
in Duft und Klang herum und verlacht die Grübler.

So ein Geräth ist aber wieder der eigentliche Schauplatz
für die Dekorations- und Arabeskenwelt. Um von den bemalten

III. Jahrgang.

Vasen zu schweigen und auf unserm Gebiet zu bleiben, wer
erinnerte sich nicht der Geräthe, die Homer beschreibt, der
Beispiele, die uns das Schicksal aus der alten Welt erhalten
hat, des anakreontischen Liedes, worin der Dichter dem Bildner
befiehlt, dass er ihm aus dem Silber einen Becher treiben und
angiebt, was er ihm darauf darstellen soll:

„Bilde mir Bebenstöcke
Und Trauben an denselben,
Zu Winzern die Mänaden;
Dann eine Weinbeerkelter
Und goldne Keltertreter,
Den schönen Gott Lyäns
Und Eros und Bathyllus."

— endlich der kunstreichen und phantasievollen Gerälhschaflen
des Mittelalters, an welche Goethe im Faust erinnern Iässt, da
dieser von der Schale spricht, aus der er den „braunen Saft"
nehmen will:

„Der vielen Bilder künstlich reiche Pracht,

Des Trinkers Pflicht, sie reimweis zu erklären,

Auf einen Zag die Höhlung auszuleeren,

Erinnert mich an manche Jugend-Nacht;

Ich werde jetzt Dich keinem Nachbar reichen,

Ich werde meinen Witz an Deiner Kunst nicht zeigen."

Die schöne Sitte, das Haüsgeräth künstlerisch auszuschmücken,
scheint sich jetzt wieder' der Aufnahme zu erfreuen und man
kann ihr nicht genug das Wort reden. Ich kann nicht umhin,
bei dieser Gelegenheit der Bestrebungen von Philipp Foltz in
Regensburg zu gedenken, welcher fortdauernd beschäftigt ist,
die sinnreichsten und ansprechendsten Coinpositionen für Becher,
Humpen und anderes Geräth zu schaffen, die dann in Thon,—
leider oft mit unstatthaften bequemen Aenderungen der Fabri-
kanten — ferner für Tische, Bücherspinden und Möbel aller
Art, die dann einfach in Eichenholz ausgeführt werden. Welch'
einen heilsamen Einfluss bei uns Schinkel und nach ihm Strack,
Bötticher und Andere nicht bloss auf die architektonische Or-
namentik, sondern auch auf das Geräth ausgeübt haben, ist be-
kannt, so wie auch, dass die Engländer, die einen Sinn für
dergleichen, aber nicht die erfindenden Künstler dazu haben,
uns deshalb grosse Bewunderung zollen.

Doch zurück von dieser Abschweifung zu dem vorliegen-
den Kunstwerke. Beschreiben wir es:

Die Schale hält 13 Zoll im Durchmesser. Sie hat einen
li Zoll breiten Tellerrand, vertieft sich beinahe um 1 Zoll und

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