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Eggers, Friedrich [Hrsg.]
Deutsches Kunstblatt <Stuttgart>: Zeitschrift für bildende Kunst, Baukunst und Kunsthandwerk ; Organ der deutschen Kunstvereine &. &. — 3.1852

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https://doi.org/10.11588/diglit.1196#0398
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abzugewinnen. Ohne die Wahrheit zu beeinträchtigen, vermei-
det er sorgfällig alles mehr zufällig Krüppelhafte in den Er-
scheinungen. Begabt mit einem feinen Gefühl für Schönheit
der Linien und Formen, sucht er diese in eine so harmonische
Verbindung mit einander zu setzen, dass das Ganze nicht nur
wahr, sondern auch zugleich edel und erhaben wirkt. Seine
Landschaften haben daher mehr den Charakter künstlerisch voll-
endeter Compositionen, als den der Vedute. Sie stehen auf der
Grenze zwischen der naturalistischen und sogenannten histori-
schen Ausführung. Ohne irgend eine Verallgemeinerung der
Einzelform tragen sie sämmtlich das Gepräge des tiefsten Na-
turstudiums, das jedes Einzelne nach seiner charakteristischen
Bedeutsamkeit erfasst und es, ohne kleinlich zu werden, als
einen zum Ganzen wirkenden Theil behandelt. Es ist dies ein
wesentliches Moment in den Landschaften Schirmer's. Durch
die strenge Beobachtung des, die Natur zu einem Ganzen verei-
nigenden, Organismus bewahren sie neben jener Grossheit der
Composition den Reiz der Naturwahrheit. In dieser scheinbar
absichtslosen Vereinigung der realen Naturerscheinung mit der
plastischen Naturschönheit aber ruht die, seinen Landschaften
eigenthümliche, sittlich wirkende Kraft. Diese wohnt denn auch
jenem obenerwähnten ausgestellten Bilde in vollem Maasse bei.
In ihm zeigt sich die grösste Mannigfaltigkeit in Form und Farbe.
Im Ganzen das Einzelne und somit das Ganze erscheint gleich-
sam belebt vom Hauche der Schönheit. Wirkungsvoll, ohne ein
fühlbares Streben nach Effekt, stehen die Massen je. in sich
klar und verständlich zu einander.—Wir ahnen die Macht des
göttlichen Schöpfers und fühlen uns in Betrachtung seiner Werke
zu ihm erhoben. — Sieht man. von dieser tiefbegründeten gei-
stigen Wirkung des Bildes ab, um über die, dem Charakter des
Dargestellten entsprechende, Naturwahrheit im Bilde ein unpar-
teiisches Urlheil zu gewinnen, so zeigen sich zwar Mängel in der
Farbe, die indess in keinem, die Totalwirkung besonders stö-
renden Verhältniss zum Ganzen stehen. Alles was wir darüber zu
sagen haben, beschränkt sich darauf, dass der Lokalton des Bildes
etwas zu kalt, nordisch erscheint und demnach nicht jene der ita-
lienischen Sonne eigenthümliche erwärmendeKraft auf uns ausübt.
Es ist dies überhaupt ein Mangel, der fast bei sämmllichen Bil-
dern, in denen es Nordländer versuchen, den Süden zu schil-
dern, mehr oder weniger fühlbar wird. Er fällt fort, sobald
sie heimathliche Stoffe zur Verbildlichung wählen. Dies gilt
denn auch von Schiriner, der bei seinem ihm angestammten Ta-
lente in Darstellungen des Nordens so recht eigentlich zu Hause
ist, wie dies denn auch die in ihrer Art vollendete „Nieder-
ländische Landschaft" beweist.

Aug. Kopisch ist uns in letzter Zeit mehr wie unverständlich
geworden. Wir erinnern uns noch mit klarem Bewusstsein
jener liefpoetischen Darstellungen, mit denen der Künstler einst
die Ausstellung erfreute. Seit mehreren Jahren indess sehen
wir eigentlich nur Curiosa von ihm, die ohne den Reiz der
Poesie nicht einmal den der realen Natur zur Erscheinung brin-
gen. Sein „Uferweg zwischen Torre delle mandre und Capo
Milazzo in Sicilien. Im Hintergrunde der Aetna bei Sonnen-
aufgang" ist zwar ein Bild von feiner Zeichnung, aber ohne
die geringste überzeugende Kraft der Farbe. Diese bewegt
sich hier so in den prismatisch gebrochenen Regenbogenfarben,
und zwar in einer von der Mitte des Bildes je nach den Seiten
sich gleichmässig erstreckenden Symmetrie der Töne, das das
Ganze den Eindruck des Absonderlichen, meteorologisch merk-
würdigen macht. Die fühlbare Absicht wirken zu wollen erhöht
die Verstimmung in dem Grade, dass wir zu keinem ruhi-
gen, beschaulichen Genuss des Werkes gelangen. — Bei wei-
tem erfreulicher wirkt dagegen das, ausserdem topographisch
interessante „Potsdam und Umgegend vor dem dreissigjährigen

»Kriege", welches der Künstler nach gleichzeitigen bildlichen
und schriftlichen Quellen ausführte. Abgesehen von dem, der
Darstellung zu Grunde liegenden, rein wissenschaftlichen In-
teresse, zieht es durch eine eigenthümliche künstlerische Be-
handlungsweise an, die viel Aehnliches mit derartigen Bildern
hat, wie wir solche etwa aus der letzten Hälfte des siebzehnten
Jahrhunderts besitzen. Dies gilt vorzugsweise von der Anord-
nung und Durchführung des Terrains, das, um dem Beschauer
so viel wie möglich von der Umgegend zu vergegenwärtigen,
in ziemlich hoher Vogelperspective erscheint. Hiermit stimmt
die etwas dunkele, grünlich lasirte Färbung der ganzen Plan-
masse trefflich überein. Der Eindruck eines alten, gleichzeitigen
Bildes würde indess noch ausserordentlich gewonnen haben,
wenn es dem Künstler gelungen wäre, die aus dem Gelbröth-
lichen ins Violettliche spielende ausgedehnte Luft in eine mehr
harmonische Reflexverbindung mit dem so alleinstehenden dun-
kelen Terrainstreif zu setzen.

Jener, von Nordländern gemalten Südbilder charakterisi-
rende, kalte Lokalton findet sich in störender Weise in den
italienischen Landschaften von Mantel, die ausserdem noch ein
etwas mehliges oder vielmehr staubiges Colorit unvortheilhaft
bezeichnet. Letzteres ist besonders auffällig in der, im Uebri-
gen streng und sorgfältig gezeichneten, Ansicht von „Capri",
die dadurch grau und eintönig wirkt. Weniger ist dies der
Fall in seinem „Sabinergebirge bei Rom", das denn auch einen
bei weitem freundlicheren, naturgemässeren Eindruck macht.
Doch treten in diesem Bilde andere, nicht weniger unerhebliche
Mängel zu Tage, die die Totalwirkung beeinträchtigen. So er-
scheint das Laub der Bäume in einer convenlionell rundlichen
Behandlungsweise, die durch kleinliche Ausführung des Ein-
zelnen gesteigert, demselben den Charakter des Erstarrten,
Unbeweglichen giebt, während das Ganze dadurch, dass das
Einzelne überhaupt zu scharf und hart hervortritt, leer und
ohne eigentliche Grossheit erscheint. Bei weitem besser, wie
diese grösseren Bilder, gefallen uns die Skizzen des Künstlers,
von denen vorzugsweise die „Lokanda auf Baja" durch eine
saubere und fleissige Durchführung anzieht, obgleich auch hier,
wie in „Procida" die Mitteltöne etwas zu sehr dominiren und
die Ferne an einer etwas schneidenden Härte leidet. — Mantel
ist ein Künstler von Talent und regsamem Streben, doch fehlt
es ihm — wenigstens bekunden das diese Bilder — an einer
poetischen Auffassung der Natur. Er hat sich nicht genug hin-
eingelebt in den italienischen Himmel, um ihn, mit Verläug-
nung seines ihm innewohnenden nördlichen Elementes, in seiner
Individualität erfassen und darstellen zu können. — Dass es
nicht immer der detaillirten Behandlung bedarf, um auf den
Geist des Beschauers zu wirken und ihn in eine erhöhte Stim-
mung zu versetzen, beweisen „die Hetrurischen Gräber bei
Sutri" von Achille Benouville aus Paris, gegenwärtig in
Rom. Aus diesem Bilde, das vielleicht seiner düsteren Ein-
fachheit wegen von Vielen übersehen wurde, spricht ein tief-
poetisches Gefühl für landschaftliche Stimmung, dem es mehr
um ein harmonisches Zusammenfassen kräftig wirkender Mas-
sen, als um eine specialisirende Zergliederung des Einzelnen zu
thun ist. (Fortsetzung folgt.)

Kunstbericht ans Wien.

i.

Architektur. — Klrcbenliaulon.
Im hiesigen Kunstleben regt sich Manches, was die Freunde
der Kunst zu Hoffnungen für die Zukunft berechtigt. In allen
Zweigen der bildenden Kunst, von der grossen erhabenen Ar-
chitektur bis zu den Radirungen und Lithographieen herab, die
 
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