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Eggers, Friedrich [Hrsg.]
Deutsches Kunstblatt <Stuttgart>: Zeitschrift für bildende Kunst, Baukunst und Kunsthandwerk ; Organ der deutschen Kunstvereine &. &. — 9.1858

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https://doi.org/10.11588/diglit.1202#0231
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206


Staatsweisheit. Von solchem Geiste beseelt, wollte, wie Sie be-
reits aus der Stistungsurknnde der Akademie vernommen haben,
König Maximilian I. von Bayern, daß die Kunst gefördert und
durch sie Bildung des Volkes, und Veredelung der Sitten allge-
mein verbreitet werde. Wie wir heute zur Jubelfeier dieser
Gründung der Akademie versammelt sind, dürfen wir es mit
freudigem Danke für die Vorsehung bekennen, daß selten ein In-
stitut in der kurzen Zeit seiner Dauer sich gedeihlicher entfaltet
und bessere Frucht gebracht hat. Mit richtiger Einsicht war es
angeordnet, daß hier nicht eine Kunst allein, sondern alle drei
im Raume gestaltenden Künste gelehrt und geübt werden sollten:
denn die Malerei schmückt nicht bloß die Räume, welche die
Architektur aufgebaut hat, sondern sie lernt von deren festem
Maße auch für sich das Gesetz des Styls, und die klare Durch-
bildung der Form, welche der Plastik im Gleichgewicht von Geist
und Materie eignet, kommt auch den anderen Künsten zu Gute.
Mit richtiger Einsicht waren im Studium des Alterthums ge-
bildete Künstler wie die beiden Langer als Lehrer an die Aka-
demie berufen und ihnen ein wissenschaftlicher Genius wie Schel-
ling zur Seite gestellt.
„Für die gute Pflege des Lehr- und Lernbaren also war
gesorgt; doch der Meister muß geboren werden, und für die Blüthe
der Kunst, für die Heraufführung einer neuen Epoche derselben
bedarf es der Begeisterung, die Niemand Hergebieten kann, für
die der Funke vom Himmel zucken muß. Daß ihm aber eine
Stätte und reichliche Nahrung bereitet ward, als er aufleuchtete,
das-war wiederum die That eines bayerischen Königs. Am An-
fang des Jahrhunderts hatte die Fremdherrschaft und hatten
dann die Befreiungskriege das deutsche Gemüth zur Einkehr in
sich selbst, zur Besinnung auf die eigene Vergangenheit geführt,
die Noth der Zeit hatte beten gelehrt, und im siegfreudigen Auf-
schwung des Vaterlandes fand auch die Kunst ihre höhere Aufgabe
wieder, die sie eine Zeitlang einmal in äußerlichem Prunk vergessen
hatte. Es war in Nom, daß eine Schaar edelbegabter Jünglinge
zusammentraf, die sich die Wiedergeburt der Kunst zum Lebens-
zweck setzten, und es war König Ludwig, der schon in seiner Ju-
gend der Schirmherr dieser Erneuerung zu werden den hochherzi-
gen Entschluß faßte. Mit dem gewaltigsten und reichsten jener
aufstrebenden Geister, mit Cornelius, berief er auch dessen Freunde
Schnorr und Heß an unsere Akademie, und es gestaltete sich nun
das rechte Kunftleben Dadurch, daß deu Meistern durch große
monumentale Werke in Kirchen, Kunsthallen und Fürstenhäusern
die Gelegenheit gegeben wurde, ihre Meisterschaft zu bewähren,
und daß die Schüler das Vorbild nicht bloß des Wortes, son-
dern auch der That vor Augen hatten und zur Theilnahme an
der That herangezogen wurden. Ein Bildhauer wie Schwan-
thaler, ein Architekt wie Gärtner gingen mit den Genannten Hand
in Hand, und München war die Pflanzstätte der Kunst gewor-
den, von der aus eine neue Richtung sich verbreitete. Ihr galt
es vor Allem, die Idee eines Gegenstandes, Sinn und Bedeutung
der Sache zu erfassen und durch die Darstellung auszudrücken,
und in der Composition eines wohlerwogenen Ganzen nicht so-
wohl eine unnöthige Wiederholung der äußeren Wirklichkeit, als
vielmehr die Verklärung der Natur und die Verwirklichung des
Ideals zu vollbringen. Diese Errungenschaft soll uns .bleiben.
Aber zur anfänglichen Strenge und Erhabenheit gesellt der Fort-
gang der Zeit die Anmuth und den Reiz der Form, zum Rhyth-
mus der Linien auch die Leuchtkraft und Harmonie der Farben,
und es sind berühmte Werke, welche Zeugniß geben, daß die
Akademie selbst diese Fortentwickelung in ihrem Schooße trägt.
Die Kunst ist um so vollendeter, je inniger sich ideale Wahrheit
und Lebenswirklichkeit vermählen, je klarer die Tiefe des Ge-
dankens in der Wohlgefälligkeit der Erscheinung sich offenbart.

„Es würde sich wenig geziemen, aus dem Kreise der Aka-
demie selber das Lob der Gegenwart zu verkündigen; aber er-
wähnen dürfen wir die Anerkennung, die sie auswärts findet,
wenn von der Hand ihrer Meister die gefeierten monumentalen
Bildwerke im neuen Museum zu Berlin, im Dom zu Speyer
und auf der Wartburg ausgeführt, monumentale Bauwerke ge-
leitet werden. Und ein Wort des Dankes ist unsere Pflicht für
Seine Majestät den König Maximilian II., der das doppelte
Vermächtniß des Großvaters und Vaters treu bewahrt, unserer
Akademie so viele Beweise Seiner Huld und Gnade gewährt,
und der Baukunst, der Plastik, der Malerei neue Aufgaben setzt,
so daß namentlich die bildnerische Darstellung der Geschichte fort-
während eine großartige Pflege findet, und, was jetzt im Werden
ist, sich den Schöpfungen früherer Tage würdig anschließen wird.
Ein Wort des Dankes ziemt uns für die höchsten Staatsbehör-
den, die unsere Sache zu der ihrigen machen. Ein Wort des
Dankes für die Künstler und Kunstfreunde in allen Gauen
Deutschlands, die so eifrig, so freigebig dazu beigetragen, daß
wir die Feier des fünfzigjährigen Bestehens der Akademie in die-
sen lichten Hallen begehen können, inmitten einer Fülle herrlicher
Werke, die ein Gesammtbild deutscher Art und Kunst geben, und
zeigen, wie sich ihr Wesen und Werden im Laufe des Jahrhun-
derts gestaltet hat, eins in der Mannigfaltigkeit der Richtungen
und Kräfte. Besonders haben wir anzuerkennen, wie die Schwe-
sterakademien in Wien, Dresden und Düsseldorf zu dem Gelingen
dieses schönen Unternehmens treulich und freundlich mitgewirkt, so
daß es auch für sie zu einem Ehrendenkmal geworden ist.
„Als die Germanen die römische Weltherrschaft zertrümmert
hatten, sind sie die Erben des Allerthums, die Träger-der christ-
lichen Religion geworden; was unserer ganzen Cultur ihr. Ge-
präge verleiht, das ist auch in unserer Kunst sichtbar geworden,
und soll ihr verbleiben: das deutsche Wesen, beseelt und gebildet
vom Geiste des Christenthums, des Hellenenthums. Daß aber-
mals nach fünfzig Jahren man diesen Sinn und dieses Streben
an seinen Früchten erkennen möge, dazu gebe Gott seinen Segen!"

II. Rede von Feodor Dich.

„Wenn ich nach den Vorträgen über die Akademie von
München, über ihre und anderer deutscher Akademieen höchst er-
folgreiche Thätigkeit für die Ausstellung, welche uns hier umgibt,
wenn ich nach diesen geistvollen Vorträgen das Wort zu ergreifen
wage, so geschieht es in der moralischen Verpflichtung, eines zwei-
ten Faktors zu gedenken, dessen Thatkraft wir nicht minder be-
durften zur Verwirklichung jenes Gedankens, der einst in dem
edlen Herzen eines jetzt fernen Freundes entsprang, zur Verwirk-
lichung einer allgemeinen deutschen und geschichtlichen Ausstellung.
„Dieser zweite Faktor ist die deutsche Künstlerschaft.
„Ihrem Wesen nach sonst wenig geneigt, in Formen und
feste Plane, in eine geschäftsmäßige Thätigkeit eiuzugehen, haben
die deutschen Künstler, um ein ideelles Ziel zu erreichen, ihre
eigenste Natur zu verleugnen gewußt, haben sie Fähigkeiten ent-
wickelt, die ihnen sonst fremd waren, und eine Thatkraft entfaltet
voll Selbstverleugnung und persönlicher Opfer.
„Dieß alles erfüllte sich seit den Künstlerversammlungen in
Bingen und Stuttgart, seit sich die Ueberzeugung Bahn gebro-
chen und in den Gemüthern festgesetzt hatte, daß nur durch all-
seitige geeinigte Thätigkeit der Fortschritt und die Ent-
wickelung der deutschen Kunst möglich ist. Eine allgemeine und
geschichtliche Ausstellung sollte das Symbol dieser Ueberzeugung,
die erste Manifestation einer Vereinigung zu den höchsten Zwecken
der Kunst sein. Wohlan, überall und nicht allein in den großen
Metropolen, überall wo Kunst geübt wird und Kunst gesammelt
 
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