Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Eggers, Friedrich [Hrsg.]
Deutsches Kunstblatt <Stuttgart>: Zeitschrift für bildende Kunst, Baukunst und Kunsthandwerk ; Organ der deutschen Kunstvereine &. &. — 9.1858

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.1202#0232
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
207

'

ist, haben sich Vereine gebildet, welche in ernster Beharrlichkeit
ihr Ziel anstrebten und alle entgegenstehenden Schwierigkeiten zu
besiegen entschlossen waren. Die Ausstellung, wie sie uns hier
umgibt, ist ein glänzender Beweis der Liberalität unserer Fürsten,
der Bereitwilligkeit der deutschen Kunstfreunde geworden; That-
sache aber bleibt es, daß nicht selten in dieser Beziehung die Co-
mitv's harte Proben zu bestehen hatten. Ängstlichkeit, Abgeneigt-
heit, sich von dem Besitze zu trennen, Zweifel an dem.Gelingen
des Unternehmens sind Hindernisse gewesen, die sich bei jedem
Schritte neu aufthürmten. Und wenn diese moralischen Wider-
stände endlich besiegt waren, wenn der Schatz gehoben war, so
entstund häufig die neue Frage, wie den mechanischen Theil, wie
die Verpackung und Einsendung nach München zu bewerkstelligen?
Er ist kein reicher Stand, der Stand der deutschen Künstler, er
ist arm an Gütern dieser Erde, aber sie haben Mittel und Wege
zu finden gewußt, sie haben bis zu den Ersparnissen ihrer Ver-
eine, bis in die eigenen Taschen gelangt, um den auserwahlten
Werken, den Werken der verstorbenen Meister, den weiten Weg
nach München zu eröffnen. Ich -fühle mich hoch gehoben, daß es
mir vergönnt ist, -einer so edlen Opferbereitschast einen öffentlichen
Dank ausbringen zu dürfen.
„Sie sind alle gekommen, wie der Ruf des Geistes an sie
erging — sie sind alle gekommen, die Lebenden und die Todten.
Die den Kampf des Lebens ausgekämpft, denen das Näthsel des
Ideales gelöst ist, die in ihren Gräbern ruhen, sie sind da, sie
sind unter^uus! Das Werk, das sie mit ihrem Herzblut ge-
tränkt, das Spiegelbild ihres Geistes, ihr zweites Ich, es ist da,
von dankbaren Enkeln ausgesucht, sorglich herbeigebracht und in
Pietät aufgestellt. Raum und Zeit ist besiegt, und das merkwür-
dige Bild einer geistigen Familie eröffnet sich unseren Blicken.
Das Ringen der' Väter war kein vergebliches; ihre Arbeit er-
leichterte die der Enkel; die Mühe und Sorge ihres Erdenwallens
hinterließ ein unvergängliches Erbe; es ist das unsere, und wir,
wir wissen, daß, wenn unser Auge bricht, wenn unser Werkstück
der sterbenden Hand entsinkt, daß es von verwandter Hand aus-
genommen und weitergefördert wird zum Ausbau der geisti-
gen Macht der Nation! O verdenkt es uns nicht, wenn wir
mit heißen Wünschen an dem Gedanken hangen, daß unsere
Kunst eine nationale Kunst sei! Denn nur auf dem Boden
eines großen Volkes reisen die Menschengedanken zu weltge-
schichtlichem Werthe, nur auf dem Boden eines Volkes treibt
der Baum der Kunst tiefe Wurzeln, breite Aeste, hohe Kronen.
„Hat jemals die gütige Vorsehung die Möglichkeit vorbe-
reitet für ein Unternehmen wie das unsrige, so war es in dieser
Zeit, so war es an diesem Orte. Wo und wann wären Be-
dingungen zu finden gewesen, günstiger als die uns gegebenen?
Weltfriede; die Jubelfeier einer ernsten Pflanzschule der bildenden
Künste; die gehobene Stimmung einer Stadt, die sich selber an-
schickt, ihr siebenhundertjähriges Wiegenfest zu feiern; ein weiter
Palast, von staatsmännischer Energie ins Leben gerufen, der fort
und fort seine Mission erfüllt, nationaler Thätigkeit ein Mittel-
punkt zu sein; der mächtige Schutz eines hochsinnigen Herrschers,
der mit gleicher Sympathie alle Blüthen der Intelligenz versam-
melt, um seinen Thron mit dem Glanze der Mediceer zu schmücken,
König Maximilian von Bayern; die Aegide eines andern
Fürsten, der mit dem ersten Grundstein, den er der Kunst hier-
in München setzte, auch den Grund zu unserem heutigen Unter-
nehmen legte, dessen geistigen Thron wir noch immer in alter
Treue und stets erneuerter Liebe umstehen, König Ludwig! —
Wer sieht hier nicht eine Reihe von providentiellen Fügungen,
die uns zu Hilfe kommen mußten?
„Mit meinen letzten Worten wende ich mich an die Künstler-
Deutschlands! Jederzeit, so hoffen wir, wird diese Vereinigung

von Kunst betrachtet werden als das opservolle Werk der Pietät,
als das Werk der Liebe, das seine erwärmende Kraft fortsetzen
soll in die nahe und in die ferne Zukunft, als das Werk unseres
gemeinsamen Strebend nach den höchsten Zielen, nach Schön-
heit, Wahrheit und Harmonie! Nimmer gebe diese ehr-
würdige Auswahl Anlaß zu egoistischem Vordrängen, eitelm
Besserdünken und blinder Parteisucht. Eine höhere Ordnüng
der Dinge, eine Zeit und Menschheit beherrschende Idee muß
festgehalten werden, um diese Versammlung zu richten.
Das Urtheil der Culturgeschichte kennt nicht das hochmüthige
Gerede vom überwundenen Standpunkt, ihr sind alle Momente
gleich wichtig und werth. Hier liegt die That eines Volkes eigen-
thümlicher Art vor unseren Augen; sie zeigt das Gemeinschaft-
liche im Besonderen, sie predigt laut, daß auch auf unserem Ge-
biete die Selbstständigkeit des Einzelnen erhalten werden muß,
wenn das Ganze in Macht und Ehren bestehen soll, sie offen-
baret, was deutsche Kunst ist! Das ist die Aufgabe un-
serer Ausstellung, und so will sie betrachtet sein. Von ihrer
Stätte erhebt sich der Genius der Kunst, er schwingt sein leuch-
tendes Banner, auf dem in Flammenzügen zu lesen ist für das
Auge des Meisters wie des Jüngers: ich bin das Banner
Deines Volkes, mir folge nach, unter meinem Zei-
chen wirst Du kämpfen und siegen!"

Franz Ltöber.
Nekrolog.


Das Verdienst der Handelnden, sagt Sallust, wird eben so
hoch geschätzt, als es große Talente durch ihr Lob zu erheben

wußten. Die Copirkunst nun, — wir meinen die Chalko-,
Lylo-, Lithographie rc., ist eben die lebendige Geschichte der pro-
ducirenden bildenden Kunst, die treueste Verkünderin und Ver-
breiterin ihrer jeweiligen Blüthe und ihres Ruhmes. Hiernach
liegt ihre hohe Bedeutung, ganz abgesehen von ihrer Gemein-
nützigkeit, am Tage; und damit auch der Maaßstab, womit wir
 
Annotationen