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Eggers, Friedrich [Hrsg.]
Deutsches Kunstblatt <Stuttgart>: Zeitschrift für bildende Kunst, Baukunst und Kunsthandwerk ; Organ der deutschen Kunstvereine &. &. — 9.1858

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https://doi.org/10.11588/diglit.1202#0014
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Neunter

Jahrgang.


Januar 1858.



sch es Kunstblatt.
Nedigirt von Friedrich Eggers in Berlin.

Der Löwenliyuiiiiger.
Kolossale, für den Erzguß bestimmte Gruppe von Albert Wolfs.
(Hierzu eine Abbildung.)
Wie man oft neue Gebäude alt werden sieht, ohne daß
die Besitzer den vom Baumeister beabsichtigten Skulptur-
schmuck in die dazu angelegten Nischen gestellt hätten, so
waren die Bauwerke Schinkels anfänglich zwar ohne die
anmuthige und vollendende Zier der bildenden Künste ge-
blieben; nach und nach jedoch haben sie sich eingestellt, und
immer noch werden vorhandene Lücken im Sinne des Mei-
sters ausgefüllt. So prangt schon lange die Vorhalle des
Museums im Freskengewande Schinkel'scher Entwürfe, ob-
gleich das Treppenhaus noch nicht ganz ausgemalt ist; so
empfing das Schauspielhaus seine Erzgruppen auf den
Wangen der Freitreppe; die herrliche Schloßbrücke ist seit
der neuerdings erfolgten Aufstellung der Wredow'schen Gruppe
vollständig fertig; für den Platz an der Bauschule arbeiten
Kiß und Drake das Beuthmonument — denn für den
Baumeister wie für jedes künstlerisch gewöhnte Auge ist ein
öffentlicher Platz nicht eher fertig, als bis er in seiner Mitte
das entsprechende plastische Monument bekommen hat —; die
Treppenwangen des neuen Museums endlich sollen nun auch
die längste Zeit einseitig geschmückt gewesen sein. Die eine
derselben trägt bekanntlich schon seit lange, schon seit dem
22. Juni 1843, die berühmte Amazonengruppe von Kiß,
welche der Künstler bereits vor fast zwanzig Jahren model-
lirte und die damals einen solchen Enthusiasmus im Pub-
likum erregte, daß ein sich dazu bildender Verein den Ge-
danken fassen konnte, das kolossale Werk auf Subscription
in Bronze ausführen zu lassen. Es gelang in der That,
die nöthige Summe von 40,000 Thalern dafür aufzubringen.
Wer kennt nicht dieses so populär gewordene Werk, welches,
in tausend Nachbildungen verbreitet, sogar als Etiquette auf
die Waarenpackete, ja selbst, in Leder gepreßt, auf die Ci-
garrentaschen gekommen ist? Das reitende Mannweib schleu-
dert seinen Speer gegen einen Panther, welcher von vorne
gegen das Pferd angesprungen ist und es mit den Zähnen
und Tatzen gepackt hat.
Verschiedene Ideen und Entwürfe zu einem Seitenstück
tauchten dann und wann auf. Alle kamen darin überein,
daß eine männliche Figur gegen irgend ein wildes Thier
im Kampfe begriffen vorgestellt wurde. Bald wurde diese,
bald jene Werkstatt, als definitiv mit der Aufgabe betraut,

genannt. Albert Wolfs empfing schließlich von Sr. Ma-
jestät dem Könige den Auftrag, seinen Entwurf eines Löwen-
bezwingers als Gegenstück in entsprechender Dimension aus-
zuführen. Er hat so eben das Modell vollendet und wir
versäumen nicht, unfern Lesern das Kunstwerk abbildlich
vorzulegen. Es ist daran, außer dem energischen Zug, der
durch die klare und wohl angeordnete Komposition geht, der
klassische Adel der Form und das treue Naturstudium zu
rühmen, das in den beiden Thieren niedergelegt ist, die, den
edelsten Thiergattungen angehörend, schon von Anfang an
das Bürgerrecht in der Skulptur empfangen haben. — Es
erscheint gerechtfertigt, ja es ist Pflicht, einen Blick auf die
anderweitige künstlerische Thätigkeit des Meisters dieser
Gruppe zu werfen.
Albert Wolfs wurde am 14. November 1814 zu
Neustrelitz iu Mecklenburg geboren. Sein Vater, ein Lands-
mann von unserem Rauch, war anfänglich selber Bildhauer,
trat dann in's Baufach über und fungirte auf diesem Ge-
biete am Hofe des Großherzogs Georg. Dieser Fürst ver-
mittelte durch huldvolle Unterstützung den Eintritt des jungen
Wolfs in die Werkstatt Rauchs im Jahr 1831, wo der ta-
lentvolle junge Mann ein eifriger und treuer Schüler des
genialen Altmeisters wurde, der neben der Entfaltung der
eigenen Schöpferkraft zugleich in der Heranbildung einer
großen und erlesenen Schülerschaar die Macht des Genies
so glänzend erwiesen hat. Dazumal wurden in der großen,
nun verwaisten Werkstatt die Victorien für die Walhalla,
das Max-Josephsdenkmal, die Dürerstatue, die Danaide,
die Polenkönige u. A. gemacht. Auch die Skulpturen für
die oberste Terrasse von Sanssouci waren damals in Arbeit,
und Wolfs wurde zu ihrer Ausführung in Marmor im Jahr
1844 nach Carrara gesandt, bei welcher Gelegenheit ihm
ein fast zweijähriger Aufenthalt im gelobten Lande der
Kunst zu Theil wurde.
Zurückgekehrt war er mit an dem Hülfsmodell zum
Friedrichsmonument beschäftigt und theilte namentlich die
gründlichen mehrjährigen Studien des Meisters über die
Anatomie des Pferdes, ein Studium, welches bekanntlich
auch Lionardo jahrelang gefesselt hielt.
Die erste eigene und selbständige Arbeit Wolffs war
eine Porträtstatue der Gräfin Raczynska, als Hygiea aufge-
faßt und für einen Brunnen in Posen bestimmt, welche Stadt
ihr Gemahl, Graf Edward, bekanntlich auf seine Kosten mit
einer prachtvollen Wasserleitung versah. Jenes Kunstwerk,
welches in einer Ausdehnung von 8 Fuß zu Lauchhammer
 
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