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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 9.1901-1902

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Fuchs, Georg: Die hessischen Künstler auf der Ausstellung
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https://doi.org/10.11588/diglit.6454#0042
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Georg Fuchs: Die hessischen Künstler auf der Ausstellung.

walther geffken—München. »Schwäne*. Dekoratives Gemälde.

seine Ziele erhellen. Man möge erlauben,
einige davon zu wiederholen, denn sie sind
zum Wertvollsten zu rechnen, was neuerdings
über das Wesen der Kunst und ihre lebendige
Weiter-Entwickelung gesagt worden ist.

»Was mir vorschwebt, ist, der Grösse
der Natur gerecht zu werden, und zwar,
wie mir scheint, ist mein Ziel: die stille
Grösse der Natur.« — »Ich glaube, dass jede
Kunst, die wahrhaft gross und frei sein will,
unmittelbar auf die uns umgebende grosse
und ewige Natur gehen muss.« — »Dass
übrigens die Natur nicht die Kunst sei,
dafür ist gesorgt im Sinne der Erklärung
Zola's von dem Begriffe »Kunst«. La nature
ä travers un temperament.« Und hierzu die
ganz seltsame Erläuterung und Ein-
schränkung: ». . . aber es gibt eine Schranke:
die alles regulierende Natur, die sich so-
wohl im Urwald als im menschlichen Leben
äussert.« Er meinte damit — und es war
ihm dies als einem geborenen Künstler so
selbstverständlich, dass er es mit jener fast
mystisch anmutenden Allgemeinheit hinstellte
— dass sich die Natur ohne jede Absicht-
lichkeit ganz von selbst typisch den Sinnen

des Künstlers einprägt. Er konnte gar nicht
begreifen, dass man überhaupt etwas anderes
als Typen sehen könnte. Er hielt seine
Werke für getreue Wiedergaben der natür-
lichen Erscheinungs - Formen, denn ihr Stil
war ihm ganz unbewusst zugleich mit den
stofflichen Eindrücken überliefert worden.
Andere, die meisten, bestritten natürlich, dass
seine Werke »porträtähnliche Natur« seien,
im Gegenteil, sie fanden sie »falsch«, ihnen
war eben die Natur nie in dem Sinne »re-
guliert« , d. h. auf ihr Wesen vereinfacht
entgegengetreten, wie ihm. Er wies immer
auf Dürer und, noch begeisterter, auf Holbein
hin. In der That: auch Holbein gab die
heimatliche Erscheinungs-Welt ganz getreu-
lich so, wie er sie sah, er wollte der aller-
ehrlichste »Naturalist« sein. Dass er es in
der That nicht ist, dass seine Werke Stil,
d. i. Vereinfachung, typische »Regulierung«
und Komplettierung sind, kam nicht daher,
dass er absichtlich änderte, sondern dass er
überhaupt so sah. Es gibt bekanntlich keine
realistische und keine idealistische, sondern
nur eine Kunst. Wer die Dinge gewöhnlich
sieht, ist ein gewöhnlicher Mensch und, wenn
 
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