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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 9.1901-1902

DOI Artikel:
Christ, W.: Die Werke Hans Sandreuter's - Basel
DOI Artikel:
Gaulke, Johannes: Moderne Städte-Bilder, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.6454#0242
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230 W. Christ: Hans Sandreuter—Basel. — Moderne Städte-Bilder.

selbstgeschnitzte und bemalte dekorative
Bilder-Rahmen zu seinen Gemälden geben
Zeugnis von der Vielseitigkeit und dem feinen
Geschmack dieses einzigartigen Künstlers.

*

Wenn wir das abgeschlossene Lebens-
Werk Sandreuters überschauen, selbst wenn
wir nur die in diesem Hefte gebotene Aus-
wahl seiner Arbeiten prüfen und bedenken,
dass bei diesen vortrefflichen Wiedergaben
das nicht mitspricht, was Sandreuter's Werken
den Hauptreiz verleiht, die Farbe, so ge-
winnen wir den Eindruck, wir stehen einer
mächtigen Individualität gegenüber. Die vor-
liegenden Arbeiten liegen zeitlich weit aus-
einander; sie sind aus einem Vierteljahr-
hundert herausgenommen und doch, Alles
verrät einen Zug in das Grosse, überall spürt
man den Meister. — Wie war es möglich,
dass ein solches Talent so lange übersehen
wurde und erst so spät zu allgemeiner
Anerkennung kam. — Im Jahre 1886 wollte
Sandreuter in Berlin ausstellen und wurde
zurückgewiesen. Er klagte sein Leid Böcklin.
Wir finden in seinem Nachlass die Antwort des
Letzteren, die wir hier wörtlich wiedergeben:
»Lieber Freund!

Ihre Nachricht hat mich zwar nicht so
sehr überrascht, wie Sie vielleicht glaubten,
denn warum sollte in Berlin eine Jury un-

befangener ein Kunstwerk beurteilen können,
als anderswo? aber die Sache an sich bleibt
doch immer sehr ärgerlich und trostlos.

Es ist nicht zu hoffen, dass die Beschränkt-
heit nicht immer obenan sein und allem Un-
gewohnten feindlich entgegentreten werde.
Lassen Sie sich aber dieses ewige Gesetz nicht
mehr zu Herzen gehen, als irgend ein anderes
z. B. dass das Wasser nur bergab läuft —
auch in Berlin — und gehen Sie ruhig vor-
wärts, wie Sie bis jetzt gegangen sind. Dieser
schönste Erfolg kann Ihnen nicht ausbleiben,
dass Sie diejenigen für Ihre Kunst gewinnen
werden, deren Beifall den grössten Wert hat.

Am Montag komme ich wahrscheinlich
nach Basel, wo ich Sie, sowie W. Christ-
Iselin zu treffen hoffe.

Herzl. Gruss Ihr

gez. A. Böcklin.

Zürich, 1. Mai 1886.«

Dieses prophetische Wort des Meisters, es
ist in Erfüllung gegangen. An Anerkennung,
Auszeichnungen aller Art, auch an materiellen
Erfolgen hat es Sandreuter in den letzten
Jahren nicht mehr gefehlt. Er wird in der
Kunst-Geschichte einen ehrenvollen Platz ein-
nehmen, und wo der Name seines grossen
Meisters genannt wird, da wird man des
seinen auch gedenken. Wilhelm Christ.

moderne Städte- Bilder.

er architektonische Stil ist der
Ausdruck einer bestimmten
Geistesrichtung eines Volkes oder
eines Zeitalters. Grosse soziale
und religiöse Umwälzungen haben
stets eine neue ästhetische Anschauungs-Welt
als Folge - Erscheinung. Das klassische
Griechentum war nach seiner Unterjochung
durch Rom und dem Aufkommen neuer
wirtschaftlicher und religiöser Tendenzen in
einen stilistischen Umwandlungs-Prozess ge-
rissen. Im alten Hellas bildete der Kultus
der Olympier einen integrierenden Teil des
Staatslebens; die Akropolis von Athen war
zur Blütezeit Griechenlands sowohl der

Schauplatz des religiösen, als auch des
politischen Lebens. Darum musste auch die
Kunst des Altertums der breiten Öffentlich-
keit angehören. Unter dem Imperialismus
der Diadochen und der Römer änderte sich
das strenge, hoheitsvolle Architektur-Bild,
da neben dem Götter- noch ein Götzen-
Kultus aufkam. Der Tempel wurde aus dem
Mittelpunkt des öffentlichen Lebens gedrängt;
an seine Stelle trat das Profan-Gebäude. In
Rom waren es die Kaiser - Paläste, die
Triumph - Bögen, daneben auch einige ge-
meinnützige Institute, wie die Thermen und
Aquädukte, die den Karakter des Stadt-
Bildes und noch seiner Ruinen bestimmten.
 
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