Isarius: Darmstadt, die »werdende Kunst-Stadt«..
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entfernt in dem Grade vorherrschte, wie man
in sachverständigen Kreisen vorher allgemein
erwartet hatte. Es gibt aber nicht nur eine
positive Art, Interesse zu zeigen, es gibt
auch eine negative, die aber, weil sie eben
doch im Grunde eine starke Anteilnahme
voraussetzen lässt, zu Gunsten der Sache in
die Rechnung eingestellt werden darf:
Klatsch, bissige Volkswitze, Parodien, Kari-
katuren etc. etc., alles das zeugt von Interesse,
und daran fehlt es in Darmstadt wahrhaftig
nicht. Um aber auf wichtigere Dinge zu
kommen: man erwäge die ausgedehnte Be-
teiligung von Handwerk und Industrie, man
erwäge, wie intensiv durch eine so vielseitige
gemeinschaftliche Bethätigung sich die Be-
ziehungen zwischen Kunst und Handwerk
gestalten müssen! Ganz deutlich zeigte sich
der Einfluss der Ausstellung aber auch in
den Toiletten der Damen
wie der jungen Herren-
welt. Man kannte seine
Darmstädter, die sonst fast
gesucht einfach gingen,
schier gar nicht mehr, so
sehr sprach sich plötzlich
in ihrem ganzen Auftreten
und in ihrer Kleidung das
Bestreben nach persön-
licher Geschmacks-Entfalt-
ung aus. Insbesondere
schien die jüngere Damen-
welt wie bezaubert von
den neuen Formen und
entwickelte eine Kühnheit
und eine instinktive Ver-
ständigkeit in der prak-
tischen Anwendung der
neuen dekorativen Prin-
zipien , die Hochachtung
einflösst. Und »das hat
mit seinem Liede der
Platanen - Hain gethan«.
Auch die Schaufenster-
Ausstattung ist merklich
eleganter geworden. Das
Hess sich schon nach der
vor 3 Jahren stattgehabten
kunstgewerblichen Aus-
stellung erkennen und hat haus Christiansen.
sich jetzt, wie das ganze Stadtbild, noch mehr
gehoben. Das sind doch alles Zeichen, die un-
trüglich darauf schliessen lassen, dass der Be-
gründer der Kolonie sich nicht verrechnet hat,
als er seine Künstler als wirkende und trei-
bende Elemente mitten hineingestellt hat in
das Leben; und wenn es sich bis jetzt auch
naturgemäss nur um Ansätze handeln kann,
so muss immerhin anerkannt werden, dass
die Ansätze da sind und damit darf das
Prinzip als solches für bewährt gelten, um so
mehr, als infolge einer anfangs zu bemer-
kenden Ungeschicklichkeit und Hilflosigkeit
auf gewissen Gebieten der Geschäftsführung
das Publikum und wohl auch manches grosse
kunstgewerbliche Haus etwas vor den Kopf
gestossen worden sein dürfte. Es kamen
Dinge vor, die ganz unnötig zu berechtigtem
Widerspruch, zu Spöttereien, ja zu Entrüstung
Partie aus der Loggia an der Ostseite.
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entfernt in dem Grade vorherrschte, wie man
in sachverständigen Kreisen vorher allgemein
erwartet hatte. Es gibt aber nicht nur eine
positive Art, Interesse zu zeigen, es gibt
auch eine negative, die aber, weil sie eben
doch im Grunde eine starke Anteilnahme
voraussetzen lässt, zu Gunsten der Sache in
die Rechnung eingestellt werden darf:
Klatsch, bissige Volkswitze, Parodien, Kari-
katuren etc. etc., alles das zeugt von Interesse,
und daran fehlt es in Darmstadt wahrhaftig
nicht. Um aber auf wichtigere Dinge zu
kommen: man erwäge die ausgedehnte Be-
teiligung von Handwerk und Industrie, man
erwäge, wie intensiv durch eine so vielseitige
gemeinschaftliche Bethätigung sich die Be-
ziehungen zwischen Kunst und Handwerk
gestalten müssen! Ganz deutlich zeigte sich
der Einfluss der Ausstellung aber auch in
den Toiletten der Damen
wie der jungen Herren-
welt. Man kannte seine
Darmstädter, die sonst fast
gesucht einfach gingen,
schier gar nicht mehr, so
sehr sprach sich plötzlich
in ihrem ganzen Auftreten
und in ihrer Kleidung das
Bestreben nach persön-
licher Geschmacks-Entfalt-
ung aus. Insbesondere
schien die jüngere Damen-
welt wie bezaubert von
den neuen Formen und
entwickelte eine Kühnheit
und eine instinktive Ver-
ständigkeit in der prak-
tischen Anwendung der
neuen dekorativen Prin-
zipien , die Hochachtung
einflösst. Und »das hat
mit seinem Liede der
Platanen - Hain gethan«.
Auch die Schaufenster-
Ausstattung ist merklich
eleganter geworden. Das
Hess sich schon nach der
vor 3 Jahren stattgehabten
kunstgewerblichen Aus-
stellung erkennen und hat haus Christiansen.
sich jetzt, wie das ganze Stadtbild, noch mehr
gehoben. Das sind doch alles Zeichen, die un-
trüglich darauf schliessen lassen, dass der Be-
gründer der Kolonie sich nicht verrechnet hat,
als er seine Künstler als wirkende und trei-
bende Elemente mitten hineingestellt hat in
das Leben; und wenn es sich bis jetzt auch
naturgemäss nur um Ansätze handeln kann,
so muss immerhin anerkannt werden, dass
die Ansätze da sind und damit darf das
Prinzip als solches für bewährt gelten, um so
mehr, als infolge einer anfangs zu bemer-
kenden Ungeschicklichkeit und Hilflosigkeit
auf gewissen Gebieten der Geschäftsführung
das Publikum und wohl auch manches grosse
kunstgewerbliche Haus etwas vor den Kopf
gestossen worden sein dürfte. Es kamen
Dinge vor, die ganz unnötig zu berechtigtem
Widerspruch, zu Spöttereien, ja zu Entrüstung
Partie aus der Loggia an der Ostseite.