Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 9.1901-1902

DOI Artikel:
Kleine Bronzen der Darmstädter Ausstellung
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.6454#0098
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
go

Kleine Bronzen der Darmstädtcr Ausstellung.

HUGO KAUFMANN—MÜNCHEN.

»Davidi.

die wir ebenfalls hier finden, gehören in
diese Richtung, und — um noch gewichtigere,
grosszügigere Schöpfungen im weiteren Zu-
sammenhange hinzuzufügen — Gaul's und

Tuaillon's grosse Bronzen und endlich auch
Hildebrand's Werk. Namentlich bei den
jüngeren Münchenern merkt man Hildebrand's
Einfluss, doch in erfreulicher Weise: ein
Trachten nach Ruhe und Beseelung, nach
einer gewissen Zartheit des psychischen Aus-
druckes bei formaler Geschlossenheit, wie
z. B. bei dem »David« Kaufmann's. Auch
lässt sich an dieser David- Statuette noch
eine gewisse Anlehnung an die Renaissance,
etwa Cellini, bemerken, die bei der »Sirene«
nicht oder nicht mehr zu finden ist. Diese
Caprice ist dagegen noch etwas im Natura-
listischen befangen und wird mehr durch die
sorgfältige und schöne Behandlung des
Körpers wertvoll als durch stilistische und
psychische Elemente. Allein es lässt sich
nicht übersehen, dass Kaufmann in einer
stilistischen Entwickelung begriffen ist, die
ihn bei seiner vorzüglichen technischen Be-
gabung noch zu hervorragenden Ergebnissen
führen kann. Doch ist Hahn wohl schon
einen Schritt weiter gekommen mit seiner
merkwürdigen Tänzerin, die in der Behandlung
des gefältelten und doch die Biegsamkeit des
Körpers betonenden Gewandes sowie in der
Durchbildung des Haares und des psychischen
Ausdruckes Aussergewöhnliches bedeutet.
Eine Tänzerin, die nicht in orgiastischer,
grinsender Verzücktheit oder »bacchantischer«
Raserei erscheint, ist bei uns an sich schon
eine Merkwürdigkeit: um so mehr fasziniert
dieser Ausdruck von Trauer, Müdigkeit und
fast qualvoller Schwärmerei, den Hahn seiner
Figur auf das Antlitz gelegt hat: Eine un-
endliche Melancholie ist in diesen über-
schatteten Augen, eine fast resignierte Hin-
gebung in der Geste des linken Armes, mit
welchem das Mädchen sein Gewand in der
Schluss-Pose emporhält; und die herbe
Haltung der rechten Hand ist fast gequält.
Der Ansatz des Gewandes um den feinen
Hals ist von edelster Keuschheit. Überaus
wirksam ist auch der Aufbau des Figürchens
über der flachen, kreis-runden Platte, die
uns die soeben ausgeführten Tänze im Ge-
fühle zurückruft, und welche uns die auf
zierlichsten Füsschen balancierte Gestalt
noch durchwogt von den Fiebern rasender
Wirbel-Tänze erscheinen lässt.
 
Annotationen