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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 9.1901-1902

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Fuchs, Georg: Carl Max Rebel - Berlin
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https://doi.org/10.11588/diglit.6454#0272
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GeorgltFuchs

Carl Max Rcbcl— Berlin.

CARL MAX REBEL — BERLIN.

»Herbst-Landschaft«..

Schatten fantastischer Thorheit — und auch
ihr; sollen Dank-Opfer unermessen glühen.
Wie wenig kann das geringschätzige Lächeln
der Alteren den zur Um- und Einkehr be-
stimmen, dem der Zauber der Märchen und
der Kuss der Fee noch durch die Sinne kreist.
Er folgt dem speerbewehrten Abenteurer
durch die Forste nach den Ufern des ver-
gessenen See's, er blickt, ahnungsvolle
Schauder in der Brust, mit ihm hinaus von
vereinsamter Höhe, und beschreitet in schwei-
gender Andacht mit ihm den versuchungs-
düsteren Weg zur Burg des Gral. Er liebt
ihre Waffen, ihre treuen Rosse, ihm ist von
ihrer Minne froh und weh und er weiht sich
mit ihnen dem frommen Dienste der un-
nahbaren Frauen. — Vielleicht war es dort
auf der kahlen, von Wellen zerwühlten Düne,
oder an jenem Morgen, als die Stiere mit
rauchenden Nüstern den Pflug durch die
Schollen zogen am bethauten Hügel, indess
die Tiefen sich schon zart erhellten, oder
vieleicht war es dort im galanten Haine
tändelnder Armiden (»Frühlings-Wolken«
S. 252), wo ihm zuerst der Märchen-Bann

zerflog, wo sich der unterwürfige Knappe
wandelte zum Ritter und ein eigenes Ziel erkor.

Auf schlägt er das beengende Visier
und blickt erstaunt, fast furchtsam in die
Wunder der Welt, des Heute, der Tages-
Sonne und der weitgedehnten Auen (»Selbst-
Bildnis«). Noch umschlicssen seine bebenden
Hände den Speer, noch wagt er es nicht,
die starrenden Falten und schweren Brokate
der alten Gewänder von sich abzuthun. Seiner
allzugrossen Demut scheint es ungeziemend,
den Heiligtümern der Seele und hohen Frauen
zu nahen ohne solchen ehrfürchtigen Prunk.
Noch dünkt ihn das eigene Antlitz zu bleich
und das Lied der eigenen Seele zu gering.
Er kleidet es in alte Trachten — und doch:
es ist schon da, es klingt und sein Angesicht
leuchtet von den jungen Gluten der un-
entweihten, halb gesungenen Psalmen (»Ein
Wiedersehen«, »Herbst-Zeichen«, »Es sind
Thränen geflossen«). Mit berauschender
Wonne durchrieselt ihn das erste Vollgefühl
eigener Kraft. Ihn verlangt nach zügellosen
Thaten. Er will nicht mehr träumerisch
den Voraufgegangenen folgen, es scheint
 
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