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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 9.1901-1902

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Die Ausstellung in Turin 1902
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https://doi.org/10.11588/diglit.6454#0311
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Turiner Ausstellung 1902.

mittelmässiger Art auftreten kann, sondern
dem Prinzip huldigen muss: Multum sed non
multa. — Das Arbeits-Komitee hat sich des-
halb entschlossen, einen Aufruf zu erlassen,
dem wir noch Nachstehendes entnehmen:

Die Pariser Ausstellung 1900 zeigte
aller Welt, dass Deutschland nicht minder
von der mächtigen Bewegung der Gegen-
wart auf künstlerischen Gebieten erfasst
worden ist, als andere Kultur-Staaten.

Kultur-Bewegungen solcher Art ent-
stehen, wachsen, verbreiten sich und kommen
schliesslich zum Stillstande, um von neuem
überholt zu werden, unbehindert vom Willen
Einzelner, welche stets das Gestern dem
Heute, das Heute dem Morgen substituieren
möchten. Kultur - Bewegungen solcher Art
kommen vielmehr mit Natur-Notwendigkeit,
wie Sturm, wie Sonnenschein, wie Donner
und Blitz durch stärkere Gewalten ausgelöst
werden, als durch menschliches Wollen. So
wird auch die Bewegung, die seit wenigen
Jahren einem Anschauungswechsel auf künst-
lerischem Gebiete zum Durchbruch verhalf,
unaufhaltsam ihrem Ziele zustreben und eine
neue Ablagerung bilden über den unge-
zählten Schichten, welche die Kultur-
Schwankungen von Jahrtausenden nieder-
geschlagen haben. Was gut, was echt, was
von wahrem künstlerischem Geiste durch-
weht ist, wird bleiben. Kommende Ge-

schlechter werden ihm gerecht werden, wie
wir heute allem, was uns die Vergangenheit
an Schönem und Grossem bietet, in klarer
Anschauung gegen überstehen, wissend, dass
das, was wirkliche Kunst ist, alle Metamor-
phosen der Mode überdauert hat. Alles in
einen grossen Rahmen zusammen zu fassen,
was die Kunst des Hauses und der Strasse,
die Kunst auf dem Gebiete der industriellen
Produktion in unseren Tagen schafft, haben
thatkräftige Männer in der Hauptstadt Pie-
monts für das Jahr 1902 unternommen. Ein
mächtiger Palast von zentraler Anlage mit
radial abzweigenden Galerien, die durch
weite, zum mittleren Kuppel-Bau konzen-
trisch gelegte Hallen begrenzt werden, öffnet
seine Thore, um alles aus der weiten Welt
da Zusammenströmende zu empfangen, in
riesigen Gruppen zu vereinigen.

Die deutsche Halle unterscheidet sich
von der anderer Nationen dadurch, dass
sie eine Reihe von Räumen mit Seitenlicht
und Plafond enthält, mithin Räume, die dem
Wesen des bewohnten Hauses entsprechen,
ja, an einer Stelle ist sogar über den neben
einer Diele angeordneten Parterre - Räumen
ein erster Stock mit Dach-Zimmern vor-
handen , die intimster Ausgestaltung sich
bieten. — Wie wir hören, soll eine Reihe
unserer ersten Künstler und Industriellen be-
reit sein, sich an der Ausstellung zu beteiligen.
 
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