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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 31.1912-1913

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Breuer, Robert: Spiele der Nadel: Zu den Arbeiten von Frau Else Wislicenus
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https://doi.org/10.11588/diglit.7010#0218

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Spiele der Nadel.

FRAU ELSE WISLICENUS—BRESLAU.

TASCHE MIT GOLD- UND PERLENSTICKEREI.

naturalistischen Zweck befreit, zu spielen.
Nicht ein Spiel des Zufalles, vielmehr eines,
das vom Takt reifer Augen und zärtlicher
Finger die Melodie und das Temperament be-
stimmt erhält. Nichts schafft dem Verächter
des Naturalismus größeres Vergnügen, als in
demf ormlosen, nicht lesbaren Stoff zu schwelgen
und ihn eben nur so ein wenig aufwallen zu
lassen. Man hat Wolle vor sich ausgeschüttet,
Seide, Perlen; daraus könnte man eine ganze
Menagerie ins Leben rufen. Man begnügt
sich aber damit, in den Strähnen zu wühlen,

die Farben laut und glühend durch die Finger
rinnen zu lassen, das Gegleiß des Goldes leise
auffliegen zu machen. Wenn dabei dann et-
was herauskommt, was von ferne an den Himmel
im Mai, an die Wiesen des Sommers oder an
den herbstlichen Blätterfall erinnert, so läßt
man sich dadurch im Genießen des zwecklosen
Spieles nicht stören. Man dreht und wendet
das Kaleidoskop ganz wie ein Wilder, aber mit
feinster Witterung für den günstigen Augenblick,
da es gilt, einzuhalten und das flammende
Rot, das strotzende Grün und das jauchzende

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