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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 31.1912-1913

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Roessler, Arthur: Zu den Arbeiten von Emanuel Josef Margold
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https://doi.org/10.11588/diglit.7010#0407

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Zu den Arbeiten von Emanuel Josef Margold.

hervorbringt? Bewußt gewollte Dinge des Ge-
schmacks? Man sehe seine Einrichtung eines
Schlafzimmers an, mit der zum rastenden Ruhen
einladenden Bettnische, dem passend vor das
Fenster, wieder in eine sich ganz ungezwungen
aus der Gesamtanlage des Raumes ergebende
Nische eingefügten Toilettentisch; oder man
beachte die lichtüberflutete freundliche Früh-
stücksecke mit den tischlermäßig, so echt
und recht holzgerecht geschnittenen Armlehn-
sesseln , der Wandbank und dem schlichten
runden Tisch. Ist das prätentiöse „Kunst", so-
genannte „Innenarchi-
tektur", oder ist das ge-
schmackvolles und gedie-
gen gearbeitetes Hand-
werk? Ich glaube, es ist
mehr dieses als jenes,
und es ist gut, daß dem
so ist. Guter Geschmack
ist nämlich etwas noch
Selteneres als gute Kunst,
und für das Leben des
Kulturmenschen fast noch
Wichtigeres. Geschmack
ist eine gnadenvolle Be-
gabung wie das Talent,
unerlernbar, eingeboren,
und für den Architekten
bedeutender als selbst-
herrliche Genialität. Die
Bedingtheit der dem Ar-
chitekten gebotenen Be-
tätigungs - Möglichkeiten

VRCH. E. J. MARGOLD. GRUNDRISS I. STOCK

bringt es mit sich, daß in ihm nicht das Indivi-
duum, sondern die Konvention produktiv wird,
die determinierte Empfindung vieler Geschlech-
ter, Kulturen. Was man daher vielleicht an Mar-
golds letzten Arbeiten noch bemängeln könnte,
sind hereditäre Überbleibsel, die der fortschrei-
tende Läuterungsprozeß ausmerzen wird. Noch
liebt Margold beispielsweise das Ornament zu
sehr, noch ist er nicht bis zu der Opfer heischen-
den Erkenntnis vor- u. durchgedrungen, daß die
Architektur, mag es sich um Bauwerke oder Klein-
geräte handeln, subjektlose Schmuckformen nö-
tig hat, und zwar deshalb,
weil durch sie das Ge-
setzmäßige ihres Baues,
ihrer Konstruktion am
eindruckvollsten augen-
scheinlichwird; aber man
hat guten Grund zu der
Hoffnung, daß es ihm
bald gelingen wird, zu die-
ser ungemein wichtigen
Erkenntnis zu kommen
und selbe praktisch zu
betätigen. Bisher war
er Jüngling und Schüler
und hat die Person dem
Berufe vorangestellt, nun-
mehr er zum Manne ge-
wandelt ist, darf man von
ihm erwarten, daß er ganz
zu dem logischen Organi-
sator wird, der der Archi-
tekt sein soll. A. R. -WIEN.

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