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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 31.1912-1913

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Breuer, Robert: Das Reich der Zeichnung: Zur XXV. Ausstellung der Berliner Secession
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https://doi.org/10.11588/diglit.7010#0459

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Das Reich der Zeichnung.

HANS MEID BERLIN.

RADIERUNG: »LANDSCHAFT MIT REITERN«

endgültige Form, aber sie kann sehr reizvoll,
amüsant und geistreich sein. Sie kann auch
vom Pathos der Entrüstung oder der Menschen-
liebe getragen werden. Scheurich und Christophe
sind Karrikaturisten jener amoureusen Klasse;
Gulbransson und Heine gehören der sozial-
elhischen. Das diesen vier Künstlern Gemein-
same ist die Umdeutung der Natur nach einem
vorgesehenen Programm. Die karikaturisti-
sche Handschrift wurde nicht aus der Natur
abstrahiert, sie ist ihr vielmehr auferlegt wor-
den. Die Natur wurde gestreckt, kostümiert,
parfümiert, erregt, beruhigt, je nach den Ab-
sichten des Arrangeurs. Das kann mit großem,
mit rarem und sublimem Geschmack geschehen

sein, das kann Wirkungen von ungewöhnlicher
Eindruckskraft ergeben. Das bleibt aber doch,
und sei es auch nur in einem Zipfel, mehr
etwas Gewolltes als etwas Gemußtes, mehr ein
Karneval als eine neue und höhere Schöpfung.
Freilich: es schwingen die Grenzen aller künst-
lerischen Provinzen. Es gibt Blätter von Heine,
die trotz des witzig erstrebten Japanismus
Dokumente unversehrten Menschentumes sind.
Und Daumier gehört selbst als Karrikaturist
zu den Helden des der Natur eingeborenen und
nach Erlösung schreienden Rhythmus.

Es kamen Menschen, die der Natur skeptisch
in das Antlitz sahen; sie entdeckten, daß das
Zeichnen die Kraft der Analyse habe und aus

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