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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 34.1914

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Fechter, Paul: Zu Neuen Arbeiten Max Pechsteins
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https://doi.org/10.11588/diglit.7447#0012

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Zu neuen Arbeiten Max Pechsteins.

MAX PECHSTEIN WILMERSDORF.

»BILDNIS W. P.«

dem intensiven, der in der Arbeit Kandinskys seine
Ausprägung gefunden hat. Kandinsky sucht die reine
Gefühlsexistenz, abgelöst von der Umwelt, von allen
Beziehungen zur Natur und ihren Formen zu geben.
Pechstein dagegen behält die Beziehung zur Welt nicht
nur bei, sondern steigert sie auf das höchste ihm er-
reichbare Maß. Er erlebt sich nicht wie Kandinsky in
der Isolierung, in der Versenkung in die eigene Tiefe,
sondern in der Hingebung an das Erlebnis der Welt.
Er nimmt Menschen und Dinge in sich hinein und
schafft ihnen in seinem Gefühl ein neues Leben, das
so stark wie möglich zu gestalten nun sein Ziel wird.
Er drückt so sein Leben an diesem gefühlten Dasein
der Dinge aus und damit gleichzeitig deren tiefstes
Wesen; er macht sozusagen den weiteren Weg, indem
er erst über die Welt in sich hineingeht, während Kan-
dinsky es direkt zu tun versucht. Dieser erlebt die
wesentliche Wirklichkeit nur in der Beschränkung auf
sich, Pechstein in der Ausdehnung auf das Ganze; er
erfaßt das Leben überall da, wo es ihm zum Sinnbild
und Schlüssel des eigenen Fühlens und Wollens wird.
Kandinsky sucht den einen Faktor des Lebens, das
Nicht-Ich, soweit als möglich überhaupt auszuschalten;
Pechstein besitzt Gefühlskraft genug, auch dieses
Draußen zu durchdringen und in sein Leben hinein-

zureißen. In ihm liegen die seelisch
geistigen Energien, Wille, Gefühl, In-
tellekt so nahe zusammen, und das ge-
fühlte Können, die lebendige Freude
an jeder handwerklichen Betätigung
bleibt in einer so engen Verbindung mit
ihnen, daß schon jede begriffliche Son-
derung als Zergliederung einer mensch-
lichen Harmonie empfunden wird. —
Aus diesen Voraussetzungen erwächst
das im besten Sinne Traditionsgetragene
im Werk Pechsteins. Denn die hier
angedeuteten Grundlagen sind die Fun-
damente aller Kunst. Sie waren im
naturwissenschaftlichen Rausch des ver-
gangenen Jahrhunderts mehr und mehr
in Vergessenheit geraten; aus einer

MAX PECHSTEIN.

GEMÄLDE »BILDNIS E. F.

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