Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 34.1914

DOI Artikel:
Weichardt, Carl: Drama und Dekoration
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.7447#0030

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Drama und Dekoratim.

lerischen Wirkung der Dekoration hängt ja von
technischen Bedingungen ab. Wir haben in
Deutschland vielleicht nur eine einzige Bühne
(die des neuen kgl. SchauspielhausesinDresden),
die allen Anforderungen der Kunst an die Tech-
nik zu genügen vermag, die vor allem so gut
wie pausenlos Verwandlungen bewerkstelligen,
eine Dekoration im Nu gegen die andere aus-
tauschen kann. Diese unterkellerte Bühne,
deren Dekorationen auf versenkbaren Plateaus
fertiggebaut aus der Tiefe in Bühnenhöhe ge-
hoben werden, ist entschieden der Drehbühne
vorzuziehen. Die runde Scheibe zwingt und
verführt zu Raumgestaltungen, die gelegentlich
malerisch wirken können, oft aber nicht die
Symbolik des Raumes haben, die wir für eine
künstlerisch gegliederte Szene verlangen müssen.
Denn es kann garnicht genug erwogen werden,
wieviel Raum, welchen Spielraum jede Szene
verlangt; oft hängt die ganze Wirkung davon
ab, ob die Bühne um eine Gasse, um ein bis
zwei Meter Tiefe verkürzt wird oder nicht. Im
allgemeinen spielen unsere Theater auf zu tiefer
Bühne; die kurze Bühne sollte für alle leicht-
betonten, unwesentlichen Szenen weit mehr
bevorzugt werden. Sie gibt ja auch, wo weder

Dreh- noch Versenkbühne vorhanden ist, die
Möglichkeit, während vorne gespielt wird, hin-
ten die nächste Dekoration vorzubereiten.

Dieses scheinen rein technische Probleme,
aber sie hängen doch aufs engste mit der künst-
lerischen Läuterung des dekorativen Elements
zusammen. Wenn wir nicht nur die einzelne
Dekoration als solche dem Stil des Dramas an-
passen, sondern auch die Dekorationen als
Ganzes wirklich beseelen und bewegen, in den
Fluß der dramatischen Bewegung hineinziehen
wollen, dann müssen wir auch auf die Möglich-
keit schnellster Verwandlungen sinnen. Denn
für jeden, dem die Inszenierung eines drama-
tischen Dichterwerkes zufällt, sollte es ehernes
Gesetz sein: Keine Pausen als die vom Dichter
vorgeschriebenen! Raschestes, lückenloses Mit-
folgen der Verwandlungen mit der Entwicklung
des Spieles! Wo das Drama selbst keinen Ruhe-
punkt hat, darf die technische Arbeit am szeni-
schen Apparat keinen solchen erzwingen. — c. w.
£

Was ist im Grunde aller Verkehr mit der Natur,
wenn wir auf analytischem Wege bloß mit einzelnen
materiellen Teilen uns zu schaffen machen, und wir
nicht das Atmen des Geistes empfinden, der jedem
Teile die Richtung vorschreibt. Goethe — Eckermann.

MAX PECHSTEIN WILMERSDORF. »DIE WOLKE« HOLZSCHNITT.
 
Annotationen