Dekorative Plastik.
bild des modernen
Menschen. Sie sind
die Nervenstenogram-
me eines Geschlech-
tes, das ganz der Not-
wendigkeit verschrie-
ben ist; sie sinddieBe-
freiungsschwingungen
von Menschen, die im
übrigen an die Grad-
linigkeit eines nüchter-
nen Alltages sich sel-
ber banden. Rokoko
und Gotik inmitten
der Eisenkonstruktion,
der Speicherbauten,
der Bahnhofshallen
und der weit gespann-
ten Betongewölbe.
Eine restlose Analyse
solcher psycholog-
ischen Zwittrigkeit läßt
sich heute noch nicht
geben; es läßt sich nich+
mit eherner Präzision
aufzeigen, wie es mög-
lich ist, daß gleich-
zeitig Behrens eiserne
Binder regelt und
Wackerle einen amu-
rösen Pierrot senti-
mental seufzen und in
sehnsüchtiger S-Linie
i sich rekeln macht. Ist
[ es nicht auch merk-
würdig, daß in einer
i Zeit, die den ungeheu-
[ ren Organismen der
Ozeandampfer eine
■ ausdrucksstarke Form
a zu gewinnen wußte,
die allen Instrumenten
■ des angetriebensten
\ Verkehrs, der Loko-
■ motive, dem Auto-
■ mobil, dem Luftschiff
■ und dem Aeroplan,
■ nicht nur die tech-
■ nisch beste, auch die
■ optisch vollkommenste
\ Formgestaltung cr-
■ kämpft, daß in einer
■ Zeit, die um eine neue
Monumental - Malerei
ringt, die Marionetten
eine Wiedergeburt er-
lebten, die Kleinpla-
PROFESSOR JOS. WACKERLE. »PIERROT« PORZELLAN.
AUSFÜHRUNG: KOL. PORZELL AN-MANUFAKTUR - BERLI^
PROFESSOR JOS. WACKERLE. . »BÄUERIN« PORZELLAN.
AUSF: KOL. PORZELLAN-MANUFAKTUR NYMPHENBURG.
stik der Renaissance
und der Japaner mit
Eifer gesammelt wird,
eine neue Liebe zu
den Blumen und dem
zerbrechlichen Porzel-
lan jugendlich auf-
springt. Die Merk-
würdigkeit solcher Ge-
genspiele läßt sich
nicht bestreiten; sie
ist vielleicht aber nur
die Bestätigung von
dem Heraufkommen
eines neuen künst-
lerischen Zeitalters.
Noch immer, wenn die
künstlerischenLeiden-
schaftenhoch gespannt
waren, wenn die Sinne
mit explosiver Heftig-
keit nach dem Tanz
der Formen, nach dem
Schwung des Rhyth-
mus, nach der Lyrik
und dem Pathos der
Maßverhältnisse lü-
stern wurden, konnte
sich nichts Sichtbares,
weder dasGrößte noch
das Geringste, solcher
Erregung entziehen.
Auch die Künstler sel-
ber stiegen von den
Höhen zu den Tiefen,
vom Vergänglichen
zum Unsterblichen,
von dem simplen Gieß-
gefäß zum Heldendenk-
mal. Es ist ein Sym-
ptom der künstleri-
schen Renaissance,
daß es sich überall
regt: die Welt der
Form wieder entschei-
dend sein zu lassen.
Freilich, ob solchem
Wollen auch ein Ver-
mögen beigegeben ist,
ob das uns lebende
Künstler - Geschlecht
wirklich und wahrhaf-
tig die Kraft hat, in Viel-
seitigkeit produktiv
zu sein, darüber zu ur-
teilen, ist vielleicht der
glatten Entwicklung,
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bild des modernen
Menschen. Sie sind
die Nervenstenogram-
me eines Geschlech-
tes, das ganz der Not-
wendigkeit verschrie-
ben ist; sie sinddieBe-
freiungsschwingungen
von Menschen, die im
übrigen an die Grad-
linigkeit eines nüchter-
nen Alltages sich sel-
ber banden. Rokoko
und Gotik inmitten
der Eisenkonstruktion,
der Speicherbauten,
der Bahnhofshallen
und der weit gespann-
ten Betongewölbe.
Eine restlose Analyse
solcher psycholog-
ischen Zwittrigkeit läßt
sich heute noch nicht
geben; es läßt sich nich+
mit eherner Präzision
aufzeigen, wie es mög-
lich ist, daß gleich-
zeitig Behrens eiserne
Binder regelt und
Wackerle einen amu-
rösen Pierrot senti-
mental seufzen und in
sehnsüchtiger S-Linie
i sich rekeln macht. Ist
[ es nicht auch merk-
würdig, daß in einer
i Zeit, die den ungeheu-
[ ren Organismen der
Ozeandampfer eine
■ ausdrucksstarke Form
a zu gewinnen wußte,
die allen Instrumenten
■ des angetriebensten
\ Verkehrs, der Loko-
■ motive, dem Auto-
■ mobil, dem Luftschiff
■ und dem Aeroplan,
■ nicht nur die tech-
■ nisch beste, auch die
■ optisch vollkommenste
\ Formgestaltung cr-
■ kämpft, daß in einer
■ Zeit, die um eine neue
Monumental - Malerei
ringt, die Marionetten
eine Wiedergeburt er-
lebten, die Kleinpla-
PROFESSOR JOS. WACKERLE. »PIERROT« PORZELLAN.
AUSFÜHRUNG: KOL. PORZELL AN-MANUFAKTUR - BERLI^
PROFESSOR JOS. WACKERLE. . »BÄUERIN« PORZELLAN.
AUSF: KOL. PORZELLAN-MANUFAKTUR NYMPHENBURG.
stik der Renaissance
und der Japaner mit
Eifer gesammelt wird,
eine neue Liebe zu
den Blumen und dem
zerbrechlichen Porzel-
lan jugendlich auf-
springt. Die Merk-
würdigkeit solcher Ge-
genspiele läßt sich
nicht bestreiten; sie
ist vielleicht aber nur
die Bestätigung von
dem Heraufkommen
eines neuen künst-
lerischen Zeitalters.
Noch immer, wenn die
künstlerischenLeiden-
schaftenhoch gespannt
waren, wenn die Sinne
mit explosiver Heftig-
keit nach dem Tanz
der Formen, nach dem
Schwung des Rhyth-
mus, nach der Lyrik
und dem Pathos der
Maßverhältnisse lü-
stern wurden, konnte
sich nichts Sichtbares,
weder dasGrößte noch
das Geringste, solcher
Erregung entziehen.
Auch die Künstler sel-
ber stiegen von den
Höhen zu den Tiefen,
vom Vergänglichen
zum Unsterblichen,
von dem simplen Gieß-
gefäß zum Heldendenk-
mal. Es ist ein Sym-
ptom der künstleri-
schen Renaissance,
daß es sich überall
regt: die Welt der
Form wieder entschei-
dend sein zu lassen.
Freilich, ob solchem
Wollen auch ein Ver-
mögen beigegeben ist,
ob das uns lebende
Künstler - Geschlecht
wirklich und wahrhaf-
tig die Kraft hat, in Viel-
seitigkeit produktiv
zu sein, darüber zu ur-
teilen, ist vielleicht der
glatten Entwicklung,
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