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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 34.1914

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M., W.: Neue Arbeiten von Karl Bertsch - München
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https://doi.org/10.11588/diglit.7447#0053

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NEUE ARBEITEN VON KARL BERTSCH-MÜNCHEN.

Karl Bertsch zählt wohl zu denjenigen Innen-
architekten, die erfreulich viel Werk-
stätten erfahrung oder wenigstens viel Be-
ziehung zur Werkstatt besitzen. Es setzt ja
gegenwärtig mit Kraft eine Entwicklung ein,
die auf Bekämpfung des „Kunstgewerblers"
gerichtet ist, auf Bekämpfung jenes kunst-
gewerblichen Tausendsassa, der sich im Ent-
werfen monumentaler Architekturen ebenso
sicher fühlt wie im Entwerfen von Gegen-
ständen minutiöser Metalltechnik usw. Die
Gewerbe fangen an, sich in ihrer Produktion
wieder „zünftiger" zu gestalten. An den Ar-
beiten Karl Bertschs wird man daher mit Ver-
gnügen die echt schreinerische, handwerksge-
rechte Formung feststellen. Der Inhalt der Vor-
schrift „Materialgemäß" ward bisher fast nur
negativ verstanden, nämlich als ein Gebot, alles
zu meiden, was der Bearbeitungsweise des
betreffenden Materials widerspricht. Nun be-
sinnen sich die Gewerbe wieder auf den posi-
tiven Inhalt der Forderung „Materialgemäß",

nämlich auf das Gebot, in der Formung der
Gegenstände den ganzen Reichtum und alle
Möglichkeiten der dem betreffenden Material
eigenen Technik spielen zu lassen. In dieser
kleinen Wandlung wird Geschichte fühlbar. Es
liegt Abstand und Entwicklung darin. Das
Kunstgewerbe reagierte zunächst gegen die
wahllose Materialvergewaltigung der Gründer-
periode; daher Beschränkung, Verbote, War-
nungstafeln, Negationen. Jetzt aber hat es zu
reagieren gegen die Übertreibung dieser frei-
willigen Armut; daher Anregung, Förderung,
Bejahung. Und es geht manchem heute schon
im Möbelgewerbe wieder zu heiter, zu spaß-
haft zu, was die Formen anlangt.

Karl Bertsch freilich hat auch bei der leben-
digeren Linie seiner neuen Zimmereinrichtungen
die Ruhe und die Besonnenheit bewahrt, die
ihm angeboren sind. Eine gewisse bürgerlich
gute und gediegene Art zeichnete ihn von jeher
aus. So bleibt es auch jetzt: Eine fühlbare
Gediegenheit und derbe Dauerhaftigkeit ist in

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