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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 34.1914

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Breuer, Robert L.: Die Cölner Werkbund-Ausstellung
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https://doi.org/10.11588/diglit.7447#0448

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Die Cölner Werkbund-Ausstellung.

deutschen Buchkunst wären hervorzuheben.
Das alles aber würde weit stärker wirken, den
Eingeweihten reiner erfreuen, das Publikum
besser erziehen und den Zweck der Werkbund-
ausstellung eigentlich erst erfüllen, wenn das
Unzulängliche ringsum nicht vorhanden wäre.
Es dürfte kaum einen Freund der schönen
Qualitäten geben, der sich nicht anheischig
machen würde, aus der ganzen, fast unüber-
sehbaren großen Halle und all den übrigen
Häusern zugleich eine Ausstellung von der
Größe der österreichischen etwa, dann aber
eine Ausstellung im Sinne des Werkbundge-
dankens, eine wirklich gewählte und prophe-
tisch siegende Ausstellung herauszusuchen.

Es war ganz überflüssig, es war auch un-
möglich, im Zeichen der Qualität die Leistungen
lokal aufzuteilen; was nutzt uns der Hanno-
versche, der Württembergische, der Breslauer
Raum; was nutzt uns das Sächsische, das Cölner,
das Oldenburger Haus. Alle diese Orte und
Gebiete haben wohl einige treffliche Künstler
aufzuweisen; aber deren längst nicht genug, um
als Stadtgemeinschaft, d. h. als geschlossener
Charakter auftreten zu können. Gewiß, der
Hamburger Raum, der uns das nach dem Nor-
den verpflanzte Wien in heftiger Regsamkeit
zeigt, gewährt uns viele sinnliche Vergnügungen;
eine Gruppe Essener Möbelgestalter, zu denen
Metzendorf gehört, leistet manches Gute; eine
neue Berliner Gruppe, zu der sich der Architekt
Blume und die Maler Cesar Klein und Bengen
zusammenfanden, verblüfft durch ihre Südsee-
wildheit. Die Münchner verhehlen uns nicht
den längst entschiedenen Kampf zwischen den
alten Herren des Kunstgewerbevereins und den
heiter vorwärts strebenden jüngeren. Das alles
aber hätte sich besser konzentrieren und mehr
verdeutlichen lassen. Das alles hätte, durch
einige gewählte Proben illustriert, stärker ge-
wirkt. Um von solcher Auffassung sich noch-
mals zu überzeugen, braucht man nur in den
von Osthaus zusammengestellten Raum der er-
lesenen Stücke zu gehen. Das ist die Ausstellung,
wie sie zwar erst embrional, aber doch wesent-
lich der Werkbund wollte und brauchte. Auf-
merksamkeitverdienen auch die Räume, in denen
Tapeten und Beleuchtungskörper vorgeführt
werden; sie wurden von August Endell gebaut.
Auch Endell gehört zu unseren Formsuchern,
auch ihm ist die Architektur mehr als ein Erfüllen

von Zwecken. Die Versuche, die Lauweriks in
dem erwähnten Osthausraum gewagt hat, eine
wolkig brodelnde Phantastik, wollen in der Nähe
Endells, wenn auch mit Reserve, genannt sein.
* « «

Wovon soll noch berichtet werden, wenn es
darauf ankommt, die schöne Qualität zu loben.
Die Synagoge, die Friedrich Adler baute, ist zu
erwähnen. Aus dem Hagener Raum kann das
Mosaik desThorn-Prikker genannt werden; auch
die atemreichen Plastiken der Milly Steeger
und die metallisch lebenden Silberarbeiten der
„Hagener Silberschmiede". Die Gobelins der
gewandten Bibrowicz, die farbenlustigen Kis-
sen der Frau Wislicenus, einige Gläser der
Josefinenhütte, einige Kissen und Sticke-
reien von Herta Koch, Puppen von Lotte
Pritzel, Pompadours und sonstige Handar-
beiten, wie sie im Haus der Frau beieinan-
der sind, verdienen Aufmerksamkeit. Aus
der Verkehrshalle sollen die Karosserien von
Neumann, soll ein Speisewagen von Endell und
ein Schlafwagen von Gropius hervorgehoben
werden. Auf die Kirchenfenster des Thorn-
Prikker, die Heinersdorff ausführte, ist dann
noch hinzuweisen. In diesem Thorn - Prikker
regt sich gotische Mystik; es reckt sich in ihm
aber auch das Seelische der modernen Kon-
struktivität. Seine Farben sind flüssige Leiden-
schaft; die Fenster bluten und glühen, sie
machen den schweren Flügelschlag der Ewig-
keit hörbar. Gemessen an aller übrigen monu-
mentalen Malerei, deren es auf der Werkbund-
Ausstellung einige beachtenswerte Proben gibt,
erweist sich Thorn-Prikker als der Stärkste.
» * *

Es war kein Zeitverlust, die Werkbundausstel-
lung zu besuchen; sie gewährte uns einen Über-
blick über die gegenwärtige Leistungsfähigkeit
der deutschen Architektur und des deutschen
Kunstgewerbes. Dieser Überblick ist freilich
kein vollkommener; esfehltenvortrefflicheLeute.
Wo war der Breslauer Pölzig, wo die besten
Süddeutschen? Warum fehlte E. vonSeidl? Es
ließen sich die Fragen bequem reihen. Sie zu
lösen, sie unmöglich zu machen, wird die Auf-
gabe Derer unter den Werkbündlern sein, die
das Gedeihen einer gehobenen Mittelmäßigkeit
für weniger wichtig achten, als die Offenbarung
der unkonventionellen, aus der Persönlichkeit
steigenden Produktivität.....roisert breuer.

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