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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 64.1929

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Grimme, Karl Maria: Eine Wiener Kunstgewerbe-Schau
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https://doi.org/10.11588/diglit.9254#0074

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Eine Wiener Kunstgewerbe-Schau

ARCH. CAESAR POPPOVITS

Raum auch ist, durch seine Glätte und gering
gestufte Farbigkeit neue Wege.

Einen ausgezeichneten Gedanken entwickelte
Caesar Poppovits, indem er einen Teil der
Keramik in einen eigenen keramischen Raum
zusammenfaßte. Da war alles Keramik; Ziegel
belegten den Fußboden, Ziegel und keramische
Platten bildeten das Gerüst, in dem die einzelnen
keramischen Plastiken aufgestellt wurden. Sehen
wir nun ganz von den verschiedenen Anwen-
dungsmöglichkeiten dieser Art der Aufstellung
ab, so wurde damit das eigentlich Keramische
dieser Plastiken wesentlich verdeutlicht. Das
Material, seine Sonderart, kommt uns dadurch
eindringlicher zu Bewußtsein, der ganze Raum
aber bildet eine geschlossene Einheit.

Unter den Keramiken selbst, die man auf
dieser Ausstellung sah, fielen vor allem die
Arbeiten von Gudrun Baudisch auf, die als der
kommende Stern der Wiener Werkstätte gilt.
Trotz der reizvoll lebendigen Unbekümmertheit,
dem Gestalten aus unbeschwertem Herzen
heraus, das auch ihre keramischen Plastiken
kennzeichnet, kündigt sich ein Zug zur Form-
festigung, zu größerer Formbändigung an. Grete

»KUNSTLERHAUS-AUSSTEIXUNGc

Neuwalder, eine sehr starke Kraft, wendet die
prickelnde Koketterie, die so viele ähnliche
keramische Arbeiten auszeichnet, ins Metaphy-
sische. Die Glasuren nahezu aller hier gezeigten
Keramiken sind matt gehalten, in einem Sonder-
fall wird die Leuchtkraft von Emails erzielt.

Unter den Gläsern sind es wieder die Arbeiten
Lobmeyrs, die durch den Adel ihrer Gestaltung,
durch den vollendeten Zauber ihres Schnitt-
dekors eine unwiderstehliche Anziehungskraft
ausüben. Daneben zeigen die Bimini-Werk-
stätten Gläser, deren Formgebung ganz aus der
Eigenart dieses Materials und den dadurch
bedingten Verarbeitungsmethoden gestaltet ist.
Die Glasfiguren, aus Glasstäben hergestellt, be-
herrschen schlanke, gezogene Formen. Die üb-
rigen kunstgewerblichen Arbeiten in Silber,
Email, Messing, Leder und Bast, die Stoffe und
nicht zuletzt die köstlichen Spielsachen von
Emmy Zweybrück-Prochaska und Fanny Harl-
finger beweisen, welche Kraft dem Kunstge-
werbe innewohnt. Nicht das geistvolle verein-
zelte Experiment, sondern das voraussichtlich
Bleibende zu zeigen, war die Aufgabe dieser
Ausstellung, diese Aufgabe aber hat si« erfüllt..
 
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