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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 64.1929

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Rochowanski, Leopold W.: "Kunstschau" Wien 1929
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https://doi.org/10.11588/diglit.9254#0091

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C. R. ANDERSEN—WIEN

»FRÜCHTE-STILLEBEN«

,KUNSTSCHAU" WIEN 1929

VON L. W. ROCHOWANSKI

A 1s 1908 die Wiener Sturmgruppe um Gustav
£\_ Klimt und Josef Hof f mann die erste
„Kunstschau" bot, als sich eine gewaltige Welle
neuer Energien entlud, gab es eine Schar, die
darüber voll Freude war, darunter Peter A11 e n -
berg, Muthesius, Ludwig Hevesi. Die an-
dern schimpften nicht nur, sondern sie warnten
sogar, besonders vor gewissen Malern. Ein
ähnliches Schauspiel wiederholte sich dann bei
jeder neuen Ausstellung. In der „Kunstschau"
von 1929 — der Kern der Gruppe ist der
gleiche geblieben — findet sich der Beweis,
daß die damaligen Wege die richtigen waren,
denn was damals bekämpft und fortgeleugnet
wurde, hat die Prüfung überstanden. Gleich
in der Mitte hängt Kokoschka, den man zu
jener Zeit nicht einmal in Ruhe abzulehnen ver-
mochte, sondern einfach als „Greuel" bezeich-
nete und verwarf.

In Güterslohs Hand haben Feder und Pinsel
eine vorbildliche Ehe mit geistiger Gütergemein-
schaft geschlossen. Der Pinsel kann schreiben,
die Feder malen. Aber es ist kein Tausch, kein
bloßes Wechseln. Wenn auch gewöhnlich der

Feder das Wort, dem Pinsel der Wert zuge-
teilt wird, vermag sich bei ihm auf tausend
Stufen (die er wohl kennt und oft abzuschreiten
weiß) aus einem einzigen Tongedanken (der
aber schwingt) entweder ein Wortwerk oder
ein Farbwerk aufzurichten. Wie jede große
Dichtung auf eine wundervolle feinmechanische
Zelle zurückgeleitet werden kann (von der sie
eben herkam), könnte jedes Bild Güterslohs in
eine kostbare Miniatur verwandelt werden,
wenn man ihm die darüberliegende starke Lupe
seines Kraftauges entzöge.

Wenn ich Ernst Huber und Franz Zülow zu-
sammen nenne, mag das zuerst vielleicht über-
raschen, doch beide verbindet in gleich ehr-
licher Form das Thema Land. Ihre Verschie-
denheit: Zülow kommt vom Land, Huber zum
Land. Zülow ist das Haus, der Baum, der
Bauer. Huber nimmt Haus, Bauer und Baum.
Zülow malt im Dialekt, Huber in glatten Hoch-
deutschversen. In Zülows Landschaften blühen
Sonnenblumen, in Hubers Sonnenhüte. Für
Zülow ist das Land eine ernste Sache, für Huber
eine fröhliche. In Zülows Landschaften sind

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XXXII Mai 1929. 2
 
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