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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 64.1929

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Vernünftiges Bauen
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https://doi.org/10.11588/diglit.9254#0406

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VERNÜNFTIGES BAUEN. Wir hören heute
wieder viel vom vernünftigen, vom zweck-
mäßigen Bauen. Aber auf die Vernunft hat
sich das Bauen zu jeder Zeit berufen. Wie
kommt es dann aber, daß die Berufung auf die
Vernunft zu verschiedenen Zeiten zu so ver-
schiedenen Ergebnissen geführt hat? Es kommt
daher, daß das, was wir „Vernunft" nennen,
selbst keine konstante Größe ist. Der Grad, in
dem das rationale, zweckgerichtete Denken das
Leben und Schaffen der Menschen bestimmt,
ist von Epoche zu Epoche sehr verschieden.
Bei seiner Berufung auf die Vernunft kann

der Mensch immer nur das Maß von Ratio
meinen, das zu seiner Zeit, in seinem Le-
benskreis möglich ist, neben all den anderen
seelischen Faktoren, die in Zeit und Umwelt
herrschend sind. Es ergibt sich: „Vernunft"
ist nicht eigentlich ein positives, gestaltgeben-
des Moment. Sie ist immer nur neben den
eigentlich formstiftenden Gewallen da, und sie
kann diese nur modifizieren, beschränken, sie
kann nicht von sich aus positive neue Form
stiften. Jeder, der sich auf die Vernunft beruft,
setzt das Walten der andern, der eigentlich
formgebenden Kräfte stillschweigend voraus. —
 
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